Grappa Und Die Seelenfaenger
Gang und reichte sie mir. Auf dem Display sah ich … mich!
»Ist das etwa Holds Kamera?«, fragte ich.
Kleist bejahte.
»Wo hast du die her? Die Autobahnpolizei hat seinen Wagen doch durchsucht.«
»Da haben sich die Genialität deines Lieblingspolizisten und Kommissar Zufall auf das Glücklichste zu einem Happy End verschworen.«
»Ich liebe Rätsel, wenn ich sie lösen kann. Bei diesem bitte ich um die Auflösung. Wie kommst du an diese Kamera?«
»Das ist aber eine lange Geschichte.«
»Nun sag schon.«
Nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, dass Hold kein unbeschriebenes Blatt war, hatte Kleist ihn einige Stunden beobachten lassen. Während dieser Zeit war Hold zu dem Parkplatz gefahren, von dessen Zufahrt aus er mich fotografiert hatte.
Erst war er dort auf und ab gegangen, dann hatte er etwas vom Boden aufgehoben. Die Kamera. Sie war ihm beim Einsteigen in die Limousine aus der Tasche gefallen. Kleist hatte ihn vorladen lassen und sich die Kamera ausgeliehen. Doch für Ermittlungen gab es keinen Anlass.
»Das letzte Foto zeigt deinen Golf, wie er an dem Parkplatz vorbeifährt.«
»Kompliment, Herr Kriminalhauptkommissar!« Ich blätterte die Bilder durch. Es war sogar ein Bild aus dem Cinderella dabei. Kleist und ich am Tisch, vom Mittwoch. Was sollte das nur?
»Der Arsch sollte wissen, dass man Frauen über fünfzig nicht von unten fotografiert«, muffelte ich. »Ich sehe ja älter aus als meine Frau Mutter. Aber er hat auch noch andere abgelichtet. Und … Hier haben wir doch die Verbindung zur Sekte! Guck mal.«
Ich zeigte Kleist das Bild eines älteren Mannes und einer jungen Frau. »Das ist Arnold Weber und eine seiner Töchter. Vermutlich Monika.«
Die beiden liefen auf ein großes weißes Haus zu.
»Das muss die Klinik sein, in der der Vater Monika vor den Erleuchteten versteckt!«, rief ich aus. »Dann wissen die Typen ja, wo sich die Frau befindet. Man kann leider nicht erkennen, wie die Klinik heißt.«
»Hast du Webers Telefonnummer dabei?«, fragte Kleist.
Ich nickte.
»Dann ruf ihn an und lass dir den Namen des Krankenhauses geben. Den Rest veranlasse ich.«
Arnold Weber war schockiert und wütend, als er erfuhr, was wir herausgefunden hatten. »Reicht es diesen Verbrechern nicht, dass sie mir eine Tochter weggenommen haben? Ich fahre sofort in die Klinik.«
Kleist ließ sich das Telefon geben und beruhigte Weber. »Ich werde die Kollegen informieren und sie bitten, vor der Klinik verstärkt Streife zu fahren.«
Während er weiter telefonierte, kümmerte ich mich wieder um das Essen. Die Saltimboccasoße hatte eine Haut bekommen. Ich rührte alles kräftig durch und stellte den Herd wieder an.
»Möchtest du den Sud mal kosten?« Ich hielt Kleist, der alles Nötige in die Wege geleitet hatte, einen gefüllten Löffel hin.
»Zu sauer«, stellte er fest. »Gib etwas Zucker dazu.«
»Gute Idee. Stört dich der Weißwein?«
»Nein«, lächelte er. »Der Alkohol verflüchtigt sich beim Kochvorgang.«
»Wie ist es eigentlich dazu gekommen?«, traute ich mich zu fragen.
»Zu meinem Alkoholproblem?«
»Ja. Du wirkst so souverän und diszipliniert«, antwortete ich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du lallend und brabbelnd nicht Herr deiner Sinne bist.«
»Ich habe nie gelallt und gebrabbelt und war immer Herr meiner Sinne – auch als ich krank war«, erklärte Kleist. »Ich habe auch meine Frau nicht verprügelt oder bin betrunken Auto gefahren.«
»Du hast eine Frau?« Ich fixierte ihn.
»Ich hatte eine Frau, liebste Maria. Das bleibt nicht aus, wenn man in ein gewisses Alter gekommen ist. Da ist kaum jemand ein unbeschriebenes Blatt.«
»Was ist mit Kindern?«
»Nein. Aber jede Menge Nichten und Neffen in allen Altersgruppen«, gab er zurück. »Wenn mir nach kindlichem Geplapper zumute ist, kann ich mir die ausleihen.«
Ich nahm einen Schluck Wein.
»Ich weiß sehr wenig über dich«, stellte ich fest. »Was ist mit deiner Frau? Wo ist sie? Wer ist sie?«
»Sie lebt im Ausland und erfreut sich bester Gesundheit. Sie ist wieder verheiratet. Mit einem Mann, der besser zu ihr passt. Also – keine dramatische Story, Maria. Ich kenne sie seit meiner Kindheit. Es ist nicht gut, wenn man alles weiß vom anderen und alle seine Handlungen und Regungen voraussagen kann.«
»Ja, das könnte langweilig werden«, bestätigte ich. »War es die Langeweile?«
»Vermutlich. Sie hat es zuerst gemerkt. Und ist gegangen. Könnten wir jetzt mit dem Essen anfangen?«
Das war
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