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Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Forum?«
    »Abgebrochen. Er ist hier und schäumt. Der Leserbrief zu der Teddy-Nummer. Hast du ihn etwa mit Absicht reingenommen?«
    »Na sicher. Kommt doch gut, oder?«
    »Besser als gut«, meinte Harras trocken. »Jede Menge Fanbriefe. Grußpost vom Presserat und der Journalistengewerkschaft. Selbst der Verleger hat Schnack schon persönlich gratuliert. Und der hat einen Blumenstrauß für dich bestellt – mit einer Sprengbombe. Mach dich auf was gefasst!«
    Mit unschuldigem Gesicht begab ich mich in die Redaktionskonferenz.
    Volles Haus.
    Außer Wurbel-Simonis waren alle da. Sogar die Sekretärinnen hatten sich hereingeschlichen. Die Blöd-Zeitung lag mitten auf dem Tisch. Betrug am Leser – wie eine Lokalzeitung zu ihren Schlagzeilen kommt.
    »Guten Morgen allerseits!«, schnarrte Schnack. »Lassen Sie uns gleich zu einem unglaublichen Vorfall kommen.«
    Er zauselte an seinem Bärtchen. Bärchen Biber saß neben ihm und zeigte ein betroffenes Gesicht. Harras und Wayne hatten Pokerfaces aufgesetzt. Die anderen ahnten nicht, was folgen würde.
    »Es geht um die Leserbriefseite.« Die Wut ließ Schnacks Stimme heiser klingen.
    »Die ist mir doch gut gelungen, oder?«, strahlte ich. »Hat es schon Resonanz auf das Leserforum gegeben?«
    »Allerdings!«, brüllte Schnack. »Was, zum Teufel, ist in Sie gefahren, einen solchen Brief zu veröffentlichen, Frau Grappa?«
    »Welchen Brief meinen Sie denn, Chef? Auf der Seite sind mindestens fünfzehn Briefe zu lesen.«
    »Den Brief zu dem tödlichen Kinderunfall! Nun stellen Sie sich nicht blöder, als Sie sind!«
    »Eine Zensur findet doch nicht statt, Herr Schnack. Wir müssen unsere Arbeit kritisch hinterfragen. Wir befinden uns nicht in einem Elfenbeinturm. Alles Ihre Worte!« Ich versuchte, betrübt auszusehen. »Ich habe genau nach Ihren Vorgaben gehandelt.«
    Pöppelbaum und Harras nickten.
    »Verarschen kann ich mich selbst!«
    Die Kollegen raunten sich etwas zu und die drei Grazien aus dem Redaktionssekretariat hatten glänzende Augen bekommen.
    »Wissen Sie, was ich glaube, Frau Grappa?« Schnack haute auf den Tisch. »Ich glaube es nicht nur, sondern ich bin fast sicher, dass Sie diesen Leserbrief selbst geschrieben haben. Unser Systemadministrator wird die IP-Nummer des Rechners der angeblichen Verona Müller feststellen. Verona Müller steht natürlich nicht im Telefonbuch. Und wenn der Brief auf Ihrem Rechner geschrieben wurde, dann ist das Sabotage! Was das bedeutet, können Sie sich ja bestimmt denken.«
    »Nein, was denn?«
    »Die fristlose Kündigung!«
    Ich zuckte die Schultern und erhob mich. »Waidmannsheil, Herr Schnack. Sie bellen den falschen Baum an. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich habe zu arbeiten.«
    Ich knallte die Tür hinter mir zu.
    Schnack würde niemals herausfinden, dass ich den Leserbrief geschrieben hatte. Wie sollte er Anneliese Schmitz’ Rechner finden? Staatsanwaltschaft und Polizei hatten zwar unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, IP-Nummern bestimmten Computern zuzuordnen, würden aber in so einem Fall kaum tätig werden. Verona Müller hatte einen harmlosen Leserbrief geschrieben.
    Ich schaute in die Redaktionsmailbox und sichtete die neuen Leserbriefe. Die meisten waren von Privatpersonen geschrieben worden, aber es gab auch welche von Amtsträgern wie Bundestags- und Landtagsabgeordneten. Der DGB hatte sich genauso gemeldet wie die Kirchen. Tenor aller Briefe: Herbe Kritik am Bierstädter Tageblatt. Für den Betroffenheitskoffer. Aber großes Lob für den Mut, den Leserbrief zu drucken. Mein schlechtes Gewissen hielt sich wieder mal in Grenzen und ich hakte die Sache ab.
    Als die Konferenz vorbei war, besuchte mich Wayne in meinem Büro.
    »Klasse Auftritt, Grappa-Baby«, schmunzelte er. »Nachdem du weg warst, hat Schnack Bärchen Biber den Arsch versohlt.«
    »Darauf steht der Goldjunge doch bestimmt«, grinste ich.
    »Grappa!«
    »Was denn?« Ich schaute unschuldig.
     
    Mittags verließ ich das Verlagshaus und kehrte bei Frau Schmitz ein.
    »Hallo, Frau Grappa. Geh doch scho ma durch. Isses gut?«
    »Muss. Mehr aber auch nicht. Machst du mir was Schönes, Frau Schmitz?«
    »Sicha.«
    Auch hier lag die Blöd-Zeitung aus, wie immer. Betrug am Leser – wie eine Lokalzeitung zu ihren Schlagzeilen kommt. Endlich konnte ich den Artikel in Ruhe lesen.
     
    Ein Kind wird überfahren und stirbt. Eine Lokalzeitung braucht eine Schlagzeile und schickt einen Reporter zum Unfallort. Der ist gut ausgerüstet:

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