Grappa Und Die Seelenfaenger
hinein.«
»Lassen wir sie einfach schlafen«, sagte der zweite Mann. »So ein Verhör macht keinen Sinn, Herr Hauptkommissar.«
Viel später. Ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen. In den Tropf, an dem ich hing, spritzte eine Gestalt in Weiß ein Schmerzmittel. Ich schloss die Augen und wartete auf die Wirkung.
Die Tür öffnete sich und Kleist trat ein.
»Hallo«, krächzte ich.
»Ah, du bist wach«, stellte er fest. »Kannst du mir ein paar Fragen beantworten, Maria?«
»Ich will es versuchen. Was ist bloß los mit mir? Mir ist übel und mein Kopf tut weh.«
»Jemand hat dich mit Ecstasy vollgestopft«, erklärte er. »Die Wirkung geht aber vorbei. In zwei Tagen kannst du wieder deine Mandelhörnchen knuspern. Und jetzt sag mir, was geschehen ist.«
Die Wirkung des Schmerzmittels setzte langsam ein und ich atmete tief durch.
»Ich bin zu dem Haus gegangen, in dem Frau Stickel wohnt. Ich wollte sie fragen, ob sie weiß, wo Klara ist. Der Summer ging und ich bin durch die Tür. Und dann weiß ich noch, wie die Treppe aussieht.«
»Wer hat dir die Tür geöffnet?«
»Keine Ahnung. Es ist alles weg.«
»Du warst zwei Tage verschwunden«, berichtete Kleist. »Gestern wurdest du gefunden – auf einer Autobahnbrücke. Du standest oben am Geländer und hast den Autos zugewinkt. Ein paar Leute bekamen Angst, sie dachten, du seist ein Steinwerfer und informierten die Autobahnpolizei. Die haben dich dann vom Geländer gepflückt.«
»Ich kann mich an nichts erinnern.«
»Das glaube ich dir gern«, nickte er. »Diese Gedächtnislücken sind bei Ecstasykonsum bekannt. Immerhin konntest du deinen Namen sagen und in deiner Handtasche fanden die Kollegen eine Visitenkarte mit meiner Nummer.«
»Handtasche? Die ist da?«
Kleist reichte sie mir und ich leerte sie auf der Decke aus.
Es war noch alles vorhanden, und ich konnte mich auch an alles erinnern. Der Lippenstift, der Terminkalender, die Puderdose, die Geldbörse, Haus- und Autoschlüssel, die Aspirintabletten und die Herpescreme. Auch das Handy war da – ausgeschaltet. Ich drückte auf die rote Taste, aber es tat sich nichts. Da fiel mein Blick auf den Chip, der sich unter die Puderdose verkrochen hatte. Das Handy war von fremder Hand deaktiviert worden.
Und ich bemerkte etwas, was ich noch nicht kannte. Ein kleines Stöckchen. »Friedemann?«
»Ja?«
Ich zeigte ihm das Teil. »Was ist das hier?«
»Was weiß ich. Vielleicht ein Fingernagelpolierstab oder eine Erinnerung an deinen letzten Liebhaber?«
»Wieso sollte mich dieses Ding an dich erinnern?«
»Nun gut, vielleicht ist das auch der Rest eines halben Hähnchens«, sinnierte er. »Gib mal her. Wir haben Leute, die finden heraus, was die Opfer zuletzt gegessen haben.«
Nachruf auf Grappa
Es dauerte noch zwei weitere Tage, bis ich wieder einigermaßen klar denken konnte. Die Erinnerungslücken blieben. Ich sollte mich daheim schonen, doch mir wurde bald langweilig. Die Polizei hatte Klara Billerbeck und Annabell Stickel nicht finden können. Die Fahndung lief.
Ich bat Pöppelbaum um einen Hausbesuch. Er brachte ein Tageblatt mit, das er mir grinsend auf den Tisch legte.
»Lies mal, wie lieb wir dich alle haben.«
Schnack hatte tatsächlich einen Artikel über mein Verschwinden geschrieben – und zwar in einem Ton, als sei ich seine wertvollste Mitarbeiterin.
TAGEBLATT-REPORTERIN VERSCHWUNDEN – WO IST MARIA GRAPPA?
Sie recherchierte die heißesten Storys, hatte vor nichts und niemandem Angst und arbeitete für unsere Zeitung wieder an zwei wichtigen Fällen: der Entführung von Pitt Brett, dem Pop-Titanen, und dem Mord an Robert Fuchs, dem Thetanen der Kirche der Erleuchteten. Keinen der beiden Fälle konnte die Polizei bisher zur Aufklärung bringen. Jetzt fragen wir uns: War Maria Grappa näher an der Auflösung der Fälle als die Polizei? Ist sie deshalb verschwunden? Hat man die emsige Reporterin schachmatt gesetzt? Die Kollegen der Redaktion sind voller Sorge: Wann kommst du wieder, Maria Grappa?
»Früher, als ihm lieb ist«, grinste ich.
»Er hat dich als emsige Reporterin bezeichnet«, frotzelte Wayne. »Ist das ein Kompliment oder ironisch gemeint?«
»Ironie kann der Schnack nicht«, meinte ich.
»Wurbelchen ging übrigens schon davon aus, dass du den Löffel abgegeben hast«, berichtete der Bluthund weiter. »Und Bärchen Biber wollte bereits den Nachruf auf dich verfassen. Aber das hat Schnack abgebogen und zur Chefsache erklärt.«
»Spätestens bei
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