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Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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hatte ihm erneut einen Durchsuchungsbeschluss unterschrieben. Alle Erleuchteten mussten das Gebäude verlassen.
    Eine Armee von Kriminaltechnikern machte sich über den Garten im Innenhof her. Hier gab es vor allem außereuropäische Gewächse. Ein Botaniker erstellte eine Liste: Bambus, Lianen, Tillandsien, Bromelien und Baum-Orchideen.
    »Im Winter schließen sie das Dach«, sagte der Biologe und deutete nach oben. »Sonst würde keine der tropischen Pflanzen überleben. Was suchen wir hier eigentlich?«
    »Spuren von Straftaten«, antwortete Kleist lakonisch.
    »Irgendwas stimmt hier nicht«, murmelte ich. »Ich erkenne nichts wieder – nur diesen traurigen Engel. Aber den hab ich ja vor meiner Entführung schon gesehen.«
    »Denk nach! Was stimmt hier nicht?«, forderte er.
    »Mein Garten ist größer, er hat einen Horizont und keine Glasfassade, an dem er endet. Da war eine sonnige Lichtung und ganz in der Ferne hörte ich das Meer rauschen.«
    »Das war die Wirkung des Ecstasy.«
    »Ich habe Musik gehört, Stimmen, die tief in mein Innerstes drangen.«
    »Was haben die Stimmen gesagt?«
    »Ich hab es vergessen. Aber es waren wichtige Botschaften, das weiß ich«, antwortete ich.
    »Gehirnwäsche«, stellte Kleist fest. »So geht das nicht.«
    Er ging zur Seite und telefonierte.
     
    Zwanzig Minuten später betrat Pitt Brett den Garten. Er war nicht erfreut. »Was ist das für eine Mega-Kacke hier?«, beschwerte er sich.
    »Guten Tag, Herr Brett«, sagte Kleist förmlich und reichte ihm die Hand. »Schön, dass Sie herkommen konnten. Wissen Sie, wo Sie sich befinden?«
    »In der Hütte dieser Gurkentruppe. Steht ja vorne groß genug dran. Und jetzt?« Der Pop-Titan war ganz locker. »Und Frau Grappa ist ja auch wieder da. Alles paletti, junge Frau?«
    Ich nickte. »Einigermaßen. Mein Gedächtnis funktioniert nur noch nicht so richtig.«
    »Damit können Sie zu uns kommen«, grinste der Pop-Titan. »Bei WSDS treten fast ausschließlich Leute auf, die ihre Hühnerkacketexte vergessen. Das scheint eine neue Art der Qualifikation zu sein.«
    »Schauen Sie sich um, Herr Brett«, bat Kleist. »Ist das der Garten, in dem Sie während Ihrer Entführung gefangen waren?«
    Jetzt wurde Pitt Brett ernst. Er sah sich um, ging ein paar Schritte umher und kehrte dann zurück.
    »Ich … ich muss Sie dringend sprechen, Herr Dr. Kleist«, druckste er. Und mit Blick auf mich: »Unter vier Augen. Bitte!«
     
    Brett kippte aus der Hose. Ich wunderte mich dann doch ein wenig. Kleist hatte wohl recht mit seiner These, dass der Pop-Titan seine Quote durch eine erfundene Entführung hatte steigern wollen. Aber warum hatte er sich diese Geschichte mit dem Garten ausgedacht?
    Ich hielt es hier nicht länger aus. Die Kriminaltechniker hatten begonnen, das Gelände umzugraben. Mir taten die Pflanzen leid. Sie hatten sich über Jahre akklimatisiert und nun wurden ihre Wurzeln rausgerissen. Sie konnten ja nichts dafür, dass sie von Sektenmitgliedern gepflanzt worden waren, die im Fokus von Mordermittlungen standen.
    Das Gebäude war leer. Ich streifte durch die Räume. Hier herrschte eine merkwürdige Atmosphäre. An den Wänden Fotos von Ronny Hovart in allen Lebensaltern. Eingerahmte Sprüche. Aufnahmen von den Sektenzentren in den USA und in Dänemark. Und natürlich die Fotos der berühmten aktuellen Mitglieder: Schauspieler und Sänger.
    Ich setzte mich auf einen Sessel im Flur und schloss die Augen. Fast wäre ich eingenickt, doch ein Klang schreckte mich auf und ließ mich hellwach werden. Eine Uhr schlug. Den Klang kannte ich. Er hatte mich durch meine Traumsequenzen begleitet.
    Ich rannte den Gang entlang und horchte. Hinter der vierten Tür waren gerade noch die letzten Schläge des Pendels aus meinem Drogentraum zu hören. Die Tür war verschlossen.
    Ich musste mich hier im Sektenzentrum aufgehalten haben, als man mich entführt hatte! Ich lief zurück in den Garten.
    Die Männer hatten keine halben Sachen gemacht. Der Pflanzendschungel war beschnitten und beiseitegeräumt, jetzt waren die Steinfiguren dran. Die waren an Betonklötze angeschraubt, die in den Boden eingelassen worden waren.
    »Das ist kein Stein«, hörte ich einen der Männer überrascht ausrufen. »Steinimitat, Leute. Haut alles von oben weg!«
    Und schon wurden schwere Hämmer eingesetzt. Engelflügel zersplitterten, Arme, die innen hohl waren, fielen auf den Boden. Ein Kopf rollte in meine Richtung und landete vor meinen Füßen. Tote Augen schauten zu mir

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