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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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– bevorzugt an feuchten und dunklen Stellen wie Mund und Nase. Die Maden können bei warmer Witterung innerhalb eines Tages schlüpfen. Sie häuten sich zweimal, entleeren ihren Darm und verpuppen sich danach zum sogenannten ›Tönnchen‹, in dessen Innerem sich die Fliege entwickelt. Die Tönnchen-Haut reißt später auf und die neue Schmeißfliege krabbelt heraus.
    Bei der Berechnung eines Todeszeitpunktes spielen natürlich die Außentemperatur und andere Umweltbedingungen eine Rolle. Je wärmer es ist, desto schneller verläuft der Zyklus.
    Eine Haaranalyse der Toten bestätigte außerdem den Kokainverdacht. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass die einschlägig bekannten Drogendealer überprüft würden. Aber kein Wort von dem Handy mit den belastenden Fotos.
    Jansen hatte fünfzig Zeilen auf der Eins vorgesehen. Ich hatte keine Lust, sie zu schreiben. Doch ich riss mich zusammen.
    JESSICA B. ERDROSSELT – POLIZEI ÜBERPRÜFT DROGENSZENE
    Die 48-jährige Sachbearbeiterin aus dem Oberbürgermeisteramt ist ermordet worden. Die Gerichtsmediziner konnten trotz der weit fortgeschrittenen Verwesung der Leiche Strangulationsspuren feststellen. Eine Haaranalyse hat außerdem ergeben, dass die Tote kokainabhängig war. Das war schon im Zusammenhang mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft um die unterschlagenen Gelder vermutet worden. Jessica B. galt als ›Geldbotin‹ des Bierstädter Oberbürgermeisters. Jede Summe, die sie von der Stadtkasse forderte, wurde ihr ausgehändigt. Die genaue Summe der veruntreuten Gelder wird zurzeit ermittelt.
    Die Polizei knöpft sich jetzt die Drogenszene vor und ist auf der Suche nach B.s Dealern. Die Ermittlungen betreffen zudem politische Kreise. Das Gerücht von Drogen- und Sexpartys im Bierstädter Rathaus macht die Runde. Und viele Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt fragen sich: Was hat Oberbürgermeister Jakob Nagel mit all dem zu tun? Wusste er von den Unterschlagungen? War er selbst Teilnehmer der Partys im Rathaus?
    In einem zusätzlichen Artikel informierte ich die Leser über die Arbeit des Kriminalbiologen. Die Schilderung der Entstehung von Schmeißfliegen in einer menschlichen Leiche würde manchem Abonnenten des Bierstädter Tageblattes beim Frühstück den Magen umdrehen.
    Man muss nicht fliegen, um nach oben zu kommen
    Der Fahrstuhl brachte uns innerhalb von einer Minute auf einhundertsiebenunddreißig Meter. Das Restaurant Florian im Bierstädter Fernsehturm war nach Renovierungsarbeiten vor Kurzem wiedereröffnet worden. Nun funktionierte auch die Mechanik wieder, die das Restaurant um die eigene Achse drehte. Ein neuer Küchenchef hatte das Florian von einer Familiengaststätte zu einem gefeierten Etablissement hochgekocht.
    »Weißt du, Maria«, erklärte Friedemann Kleist, »als Bierstädter Neubürger wollte ich diese Stadt schon eine ganze Weile mal von oben besehen. Wer etwas von oben betrachtet, kann sich dazu in Beziehung setzen.«
    »Wo wohnst du eigentlich zurzeit?«, fragte ich.
    »Meine letzte Herberge war schrecklich«, antwortete er. »Ich bin jetzt wieder im Hotel – bis ich etwas Passendes gefunden habe.«
    »Du Armer!«, lächelte ich.
    »Ich bin ja kaum in meiner Unterkunft«, entgegnete er. »Die meiste Zeit verbringe ich im Büro.«
    »Ist das ein Leben?«, fragte ich.
    »Nein.« Friedemann Kleist atmete tief durch. »Es ist nur ein vorübergehendes Leben … Oder: eine vorübergehende Existenz.«
    »Möchtest du etwas dagegen tun?«, fragte ich.
    Der Kellner fragte nach unseren Wünschen. Die Auswahl war wirklich exquisit. Ich wählte die Hasen-Terrine mit Rucola-Salat als Vorspeise und danach Heidschnucke mit Spinat-Strudel und feinen Gemüsen.
    Kleist entschied sich für Pot au feu vom Kaninchen mit Salbei und dann für einen Lammrücken.
    »Was meinst du mit vorübergehender Existenz?«, griff ich seinen Satz auf.
    »Ich weiß nicht, wie lange ich in dieser Stadt bleiben werde«, antwortete er.
    »Du bist noch gar nicht richtig angekommen«, sagte ich mit belegter Stimme.
    Das Restaurant war gut gefüllt. Am Tisch neben uns hielten ein junger dunkelhaariger Mann arabischen Aussehens und eine blonde junge Frau im Cocktailkleid Händchen. Sie war sehr hübsch und hielt den Kopf auf eine besondere, attraktive Weise. Etwas schräg und gesenkt.
    »Escort-Service«, flüsterte Friedemann Kleist.
    »Wieso?«
    »Ich sehe das einfach«, antwortete er. »In den ganz frühen Tagen meiner Polizeiarbeit war ich bei der Sitte. Das ist aber

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