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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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politischen Wogen glätten. Der will bestimmt nicht auf den hinteren Seiten deiner Zeitung landen.«

    Ich schrieb den Artikel über Nagels Rücktritt und konnte es mir nicht verkneifen, eine Bemerkung über Grubermeier loszulassen.

    Ob Max Grubermeier allerdings der richtige Mann ist, um die Geschicke unserer skandalgerüttelten Stadt zu führen, darf bezweifelt werden. Die Polizei ermittelt gegen ihn, weil auch er nachweislich an den Sexpartys im Rathaus teilgenommen hat. Dem Tageblatt liegt ein Foto vor, auf dem der neue Oberbürgermeister Grubermeier eindeutig in Aktion zu erkennen ist. Weitere Beschreibungen bleiben den Lesern des Tageblattes erspart, da sie der Tendenz einer Familienzeitung entschieden widersprechen.
    Jansen lachte sich schlapp. »Du bist ja hart drauf, Grappa. Frau Grubermeier und die lieben Kleinen werden sich freuen. Der macht doch immer so auf glückliche Familie.«
    »Tja. Das hätte er sich überlegen sollen, bevor er den nackten Hintern einer Edelnutte fotokopiert.«
    »Jungs wollen halt immer spielen«, kicherte mein Chef.
    »Ich spiele auch gern«, lächelte ich maliziös.
    Witwe gerührt, nicht geschüttelt
    Am nächsten Tag trat ich später in die Redaktion ein als sonst. Die Tageskonferenz war schon gelaufen. Das Großraumbüro wurde nur durch die Anwesenheit der beiden Sekretärinnen Stella und Susi belebt. Die anderen Kollegen hatten wohl Termine. Susi tippte emsig, Stella sah ihr dabei zu.
    »Hallo, Mädels«, grüßte ich und warf einen Blick auf den Monitor, vor dem die beiden saßen. Susi befand sich gerade in einem anregenden Chat mit ihrem gemütlichen Getreidebauern. Oder war’s der zugeknöpfte Ziegenwirt?
    »Hi, Grappa.« Die beiden hoben noch nicht mal den Kopf.
    Ich verzog mich in meine Einzelzelle. Dort erwischte mich Jansen. »Ich hatte einen Anruf, um den du dich mal kümmern solltest.«
    »Erzähl!«
    »Von einer Frau namens Waltraud Becker. Klingelt was bei dir?«
    Ich überlegte und dann hatte ich es. »Hat sie was mit Sandra Becker zu tun?«
    »Genau. Die Mutter der toten Braut. Sie hat sich beschwert, dass die Polizei den Mörder ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes noch nicht gefunden hat.«
    »Na ja, die haben halt den Rathaus-Skandal in Arbeit. Da muss so ein kleiner Doppelmord eben ein bisschen warten.«
    »Ich habe mit der Mutter ein wenig geplaudert. Und etwas sehr Spannendes dabei erfahren«, sagte mein Chef.
    »So?«
    »Sandra Becker hatte einen interessanten Job. Sie war persönliche Referentin von Mobby Madig, unserem verehrten Parteichef. Und – sie hat vier Wochen vor ihrer Hochzeit bei der SPD gekündigt. Leider habe ich den Grund nicht erfahren.«
    »Das ist ja wirklich interessant!«, rief ich aus. »Dann schau ich doch mal bei der Brautmutter vorbei und versuche, ganz nett zu sein.«
    »Viel Erfolg«, wünschte Jansen und verschwand.
    War ich eigentlich nett? Es gibt den Spruch, dass ›nett‹ die kleine Schwester von ›Scheiße‹ sei. Stimmt vielleicht, denn Nettigkeit kann zwar die grundsätzliche Freundlichkeit eines Menschen bedeuten. Aber sie kann auch eine eher oberflächliche Höflichkeit sein, die das Ziel hat, dem Gesprächspartner ein Gefühl der Geborgenheit zu geben, damit er macht, was man will. Reine Taktik also. Für eine Journalistin sollte Nettsein jedenfalls zur professionellen Ausrüstung gehören.
    Ich rief Waltraud Becker an.
    »Wissen Sie«, sagte ich, »die Kripo sieht nur das Verbrechen. Ich versuche, in meinen Artikeln den Menschen nahezukommen. Den Lesern zu zeigen, wer hinter dem Opfer eines Verbrechens steckt. Und Ihre Tochter war doch noch so jung. Und es sollte der schönste Tag ihres Lebens werden. Eine ganz tragische Geschichte.«
    Waltraud Becker brach in Tränen aus, willigte aber ein, sich mit mir zu unterhalten. Sie wohnte im Osten der Stadt – dort, wo Bierstadt an das Sauerland grenzt.
    Während der Fahrt übte ich Nettsein. Ich überließ einem Sportwagenfahrer meine Vorfahrt, verschonte eine Katze, die bei Rot über die Straße lief, und lächelte den Jugendlichen mit Migrationshintergrund an, der mir aus unerfindlichem Grund den Stinkefinger zeigte.
    Derart bestens vorbereitet, klingelte ich an der Wohnungstür der Mutter.
    Waltraud Becker war eine kleine, verhärmte Frau, die augenscheinlich unter Osteoporose litt. Oder der Mord an ihrer Tochter hatte sie plötzlich gramgebeugt.
    Sie begrüßte mich und hielt meine Hand länger, als ich es gewohnt war. Ihr Blick war voller Schmerz. Da wusste

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