Grappas Gespuer Fuer Schnee
hatte feuchte Augen.
Mit zitternder Stimme fuhr er fort: »Mit dem Motto Bierstadt gewinnt bin ich vor neun Jahren angetreten. Und Bierstadt hat gewonnen: Die politischen und sozialen Projekte kommen gut voran. Die Erfolgsbilanz kann sich bundesweit sehen lassen. Diese Erfolge sind eine Gemeinschaftsleistung vieler Menschen dieser Stadt. Das Zusammenwirken von Rat, Verwaltung und OB, von SPD und den Grünen, von Partei und Fraktion hat Brennpunkte ausgehebelt, die Wirtschaft gestützt und soziale Projekte angestoßen. Wir können stolz sein auf das Geleistete. Als Oberbürgermeister stehe ich zu meiner Gesamtverantwortung. In der Konsequenz heißt das: Ich kann mir die Erfolge zurechnen, muss aber auch hinnehmen, dass ich ohne persönliche Schuld Verantwortung tragen muss für das Fehlverhalten anderer.«
Er machte eine Pause. Bisher war sein Vortrag ein wenig zittrig gewesen.
»Ich werde bezichtigt, an sogenannten Kokain- und Sexpartys, die in meinem Büro stattgefunden haben sollen, teilgenommen zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mich wegen Drogenmissbrauchs und der Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Gelder. Ein Foto, dessen Quelle genauso dubios ist wie das Presseorgan, das es veröffentlicht hat, soll mich als Teilnehmer dieser Treffen zeigen. Ich sage Ihnen hier und jetzt: Dieses Foto ist ein üble Montage. Ich habe weder von den unterschlagenen Geldern durch eine inzwischen verstorbene Mitarbeiterin gewusst noch selbst an Veranstaltungen teilgenommen, auf denen Drogen konsumiert wurden.«
Pöppelbaum hatte sich neben mich gestellt. »Aus der Nummer kommt er nicht mehr raus«, flüsterte er. »Selbst wenn er unschuldig ist. Dreck bleibt immer hängen.«
»Erfolgreich wehren kann man sich gegen solche Lügen nur mit einer geschlossen auftretenden Partei. Daran mangelt es leider zurzeit«, fuhr Nagel fort. »Es wurden zwar entsprechende Pressemitteilungen herausgegeben, doch die sind an Heuchelei nicht mehr zu überbieten. Einzelne Verantwortliche haben sich so verhalten, dass ich es nicht länger hinnehmen kann. Ich danke all denjenigen, die mich immer ermutigt haben und solidarisch zu mir gestanden haben.«
Nagel legte seine Blätter zur Seite. Fotoblitzgewitter.
»Herr Nagel bittet darum, auf Fragen zu verzichten«, übernahm der städtische Pressechef. »Die Amtsgeschäfte wird kommissarisch Herr Stadtdirektor Grubermeier übernehmen. Die Pressekonferenz ist beendet. Danke, dass Sie Zeit für uns hatten, meine Damen und Herren.«
Nagel rauschte aus dem Raum, gefolgt von seinen Mitarbeitern.
»Grubermeier!«, rief ich aus. »Damit machen die den Bock zum Gärtner! Der war doch auch auf den Partys.«
»Die BILD-Tussi naht«, raunte Pöppelbaum.
»Sehen Sie, Frau Grappa!« Ihr Busen wogte. »Investigativer Journalismus kann die Welt verändern. Bestes Beispiel ist die Watergate-Affäre!«
»Wann rechnen Sie mit dem Pulitzerpreis?«, griente ich.
»Mit dem vielleicht noch nicht«, strahlte sie. »Aber der Wächterpreis der Tagespresse – der wäre schon drin.«
»Wird der nicht für sauberen Journalismus vergeben?«, fragte ich.
Milva Grandi zog einen kleinen Flunsch und lachte ihr kratziges Lachen. »Jedenfalls ist es ein schönes Spiel – in das Weltgeschehen einzugreifen. Einen angenehmen Tag noch.«
Pöppelbaum und ich sahen ihr nach.
»Gibt es die Abwrackprämie eigentlich nur für Autos?«, fragte ich.
Wayne grinste.
»Wie hart ermittelt ihr eigentlich gegen Grubermeier?«, wollte ich von Kleist wissen. Ich hatte ihn sofort nach der Pressekonferenz angerufen. »Er war bei den Orgien im OB-Büro dabei und ist jetzt neuer Oberbürgermeister von Bierstadt. Das ist ja wohl die Höhe!«
»Grubermeier konnte bisher kein Drogenkonsum bewiesen werden«, antwortete Kleist. »Soweit ich mich erinnere, ist er zwar auf den Handyfotos zu erkennen – aber nur bei der zweifelhaften Aktion am Kopierer, bei der der Hintern einer Frau fotokopiert wurde. Das ist höchst geschmacklos, aber nicht strafbar.«
»Verstehe. Und damit gebt ihr euch zufrieden?«
»Nein, Maria. Aber wir brauchen Beweise. Deshalb habe ich alle Personen, die mit dem Fall in irgendeiner Weise zu tun haben, gebeten, einer Haaranalyse zuzustimmen.«
»War bestimmt ein voller Erfolg, oder?«
»Leider nicht. Aber das sagt ja auch einiges aus. Lediglich Nagel hat sich bereit erklärt.«
»Der ist jetzt weg vom Fenster«, seufzte ich. »Und was macht der Hochzeitsmörder?«
»Der wartet wohl ab, dass sich die
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