Grappas Gespuer Fuer Schnee
Schmerzensgeld!«
»Eigentlich sollte ich einen Artikel darüber schreiben«, überlegte ich.
»Geht nicht. Ich musste Stillschweigen versprechen. Steht so im Vertrag. Bei Verstoß muss ich Strafe zahlen.«
»Verstehe. Deshalb hast du uns die Geschichte ja auch ganz im Vertrauen erzählt.«
»Ihr sagt das doch nicht weiter, oder? Und du schreibst doch nicht etwa drüber, Grappa, oder?«
Und wer siegt im Zickenkrieg?
Die Stechuhr schien zwar renoviert, doch aus den Wänden dunstete trotzdem das Nikotin der Millionen Zigaretten, die hier in den zwanzig Jahren vor der Einführung des Rauchverbots konsumiert worden waren. Harras hatte mich entdeckt und winkte mir zu. Er saß allein an einem großen Tisch.
»Hallo, Grappa. Was willst du trinken? Das erste Glas geht auf mich.«
»Wasser. Wo sind die denn alle?«
»Die kommen schon noch. Du willst wirklich nur Wasser? Man kann auch Alkohol trinken, ohne fröhlich zu sein.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Aber ich muss noch fahren.«
Nach und nach trudelten die lieben Kollegen ein. Die meisten von ihnen kannte ich von Pressekonferenzen und ähnlichen Terminen.
»Guck mal, wer da kommt«, raunte Harras.
Ich drehte mich zur Tür. Rudi Gies und Milva Grandi.
»Das Traumpaar. Porno-Rudi und Blödi-Tussi«, lästerte ich.
»Meinst du, die haben was miteinander?«, flüsterte er.
Ich zuckte die Schultern, antwortete aber nicht, denn die beiden standen schon am Tisch.
»Frau Grappa«, flötete die Grandi. »Schön, Sie zu sehen. Jemand erzählte mir, dass Sie eigentlich nicht gern unter Menschen gehen.«
»Unter Menschen schon. Hier sind aber vor allem Journalisten.«
»Ich hab Grappa überredet«, protzte Harras und glotzte der Grandi auf die Brüste.
»Weiß der ehrenwerte Herr Jansen, dass seine bissigste Schreiberline trinkend mit dem Feind fraternisiert?«, grinste Gies.
»Sie mich auch!«, lächelte ich. »Was machen Sie eigentlich hier? Spionage für Mobby Madig?«
»Ich bin Zeitungsjournalist – auch wenn mich das Provinzblatt, für das Sie schreiben, rausgeworfen hat«, antwortete mein ehemaliger Kollege. »Und was Herrn Madig betrifft – den kann ich im Moment schwer erreichen.«
»Wollen wir uns den ganzen Abend herumzanken?«, fragte Milva Grandi und krächzte ihr merkwürdiges Lachen. »Ich trink jetzt jedenfalls erst mal was.« Sie setzte sich neben Simon Harras und strahlte ihn an. »Einen Grappa für alle?«
Ich winkte ab. Gies platzierte seine Gestalt neben Grandi. Wir gaben vermutlich ein komisches Bild ab – ähnlich Hühnern auf einer Leiter.
Nach und nach wurde es voller am Tisch und die Atmosphäre lockerer. Grandi schüttete den Alkohol zügig in sich hinein und erzählte – laut plappernd – von ihren Heldentaten im Dienste der BILD-Zeitung. Ihr Busen wogte auf und ab und sie drückte ihren Oberschenkel an Simons schlabberige Cordhose. Das schien ihm zu gefallen, denn seine Hand berührte ganz zufällig ihr Fleisch.
»Kannst du mal aufs Klo verschwinden?«, flüsterte ich ihm zu.
»Warum? Ich muss nicht pinkeln!«, wehrte er ab.
»Bitte! Ich will was mit Blöd-Tussi bequatschen. Wenn ich noch länger warte, ist die stramm wie eine Haubitze. Dauert nicht lange – kannst bald wieder grapschen.«
Er zog ab. Ich rutschte auf seinen Stuhl. »Frau Grandi? Oder darf ich Milva sagen?«
Der Alkohol hatte sie offenbar noch nicht unvorsichtig gemacht, denn sie schaute mich mit leichtem Misstrauen an.
»Ich möchte Ihnen ein Kompliment spendieren«, sülzte ich. »Sie haben mir das Leben ganz schön schwer gemacht mit Ihren Artikeln. Und die Sache mit Nagel – die war einsame Spitze. Ein Foto des Oberbürgermeisters mit Schnee an der Nase! Ein Traum für jeden Journalisten. Veröffentlichen Sie denn auch das Ergebnis der Haaranalyse?«
»Klar. Machen wir. Aber es ist ja klar, dass derjenige, der das Gutachten bezahlt, das Ergebnis bekommt, das er sich wünscht.«
»So sagt man. Ist inzwischen sowieso egal, ob es sich um eine Fotomontage handelt. Nagel ist weg. Komisch ist nur, dass ich ebenfalls im Besitz der Handyfotos von Jessica Brühl bin. Aber auf keinem ist Nagel zu sehen.«
Rudi Gies – immer noch an der anderen Seite von Milva Grandi – spitzte die Ohren, um unseren Dialog zu verfolgen.
»Es ist doch ziemlich einfach, ein Foto zu manipulieren, nicht wahr, Herr Gies?«, sagte ich laut.
»Was meinen Sie?« Sein Blick wurde unruhig.
»Ich hatte die Fotos von den Rathaus-Partys auf dem Redaktionsrechner gespeichert. Jeder
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