Grappas Gespuer Fuer Schnee
Kollege hat da Zugang. Auch Sie, Herr Gies. Ich habe alle Fotos überprüft und kontrolliert, wer sie sich alle angeschaut hat. Es gibt eine bestimmte Software für so was. Ein Experte aus unserer Technikabteilung hat mir geholfen. Und raten Sie mal, was ich entdeckt habe?«
Hoffentlich hat Gies genauso wenig Ahnung von Computern wie ich, betete ich innerlich.
»Keine Ahnung. Aber Sie scheinen Ihre Entdeckung ja für spannend zu halten.« Er winkte der Kellnerin zu. Seine Hände flatterten.
»Es war sogar ausgesprochen spannend«, machte ich weiter. »Sie haben alle Fotos angeschaut und kopiert, Herr Gies. Und dann haben Sie eins davon manipuliert und Herrn Nagel hineingezaubert. Und das Original haben Sie gelöscht. Und dann …«, ich wandte mich an Milva Grandi, »… dann hat der Kollege Gies das Foto Ihnen zugespielt. Hat er eigentlich Geld verlangt?«
Milva Grandi schaute erst mich und dann Gies an. »Also, mal langsam«, sagte sie.
»Das alles natürlich im Auftrag von Mobby Madig«, erklärte ich. »Bei dem hat Porno-Rudi mit Sicherheit auch abkassiert.«
»Porno-Rudi?« Grandi schaute verdattert. »Was geht denn hier gerade ab?«
»Erklären Sie es ihr, Herr Gies. Ich kann Ihnen auch den Artikel aus dem Spiegel faxen, Milva. Rudi Gies filmt heimlich Frauen in den Umkleidekabinen der Unterwäscheabteilungen. Und er fälscht Fotos.«
»Beweise? Oder nur dummes Geschwätz?« Gies hatte sich wieder gefangen.
»Alle Beweise sind bei der Polizei«, log ich. »Milva, es wird einiges auf Sie und Ihre Zeitung zukommen. Nagel plant eine Schadensersatzklage vom Allerfeinsten.«
»Du hast mich da reingeritten, du Wichser! Das kommt dich teuer zu stehen!« Grandi schlug mit der Faust nach Gies, aber er wich aus. Sein Bierglas kippte um.
»Was willst du denn?«, schrie Gies zurück. »Du warst doch geil auf das Bild! Einmal einen Politiker stürzen – dein Lieblingstraum, Mädchen!«
Die Kellnerin kam mit einem Lappen und feudelte das kühle Blonde vom Tisch.
Die Kollegen am Tisch schenkten uns dreien ihre volle Aufmerksamkeit. Harras saß inzwischen woanders.
»Gies! Weißt du, was man mit solchen Kartoffeln wie dir macht?« Grandi hyperventilierte. »Man lässt sie fallen oder verfüttert sie an die Schweine! Such es dir aus!«
»Hatten wir nicht alle einen gemütlichen Abend im Kollegenkreis geplant?«, flötete ich.
»Sie intrigante Kuh!«, schrie mich Gies an. »Freuen Sie sich nicht zu früh. Ich habe meine Möglichkeiten.«
»Oh, das war ja eine Drohung«, lächelte ich. »Ich schlottere vor Angst.«
»Es reicht!« Harras stand auf und steuerte seinen ursprünglichen Platz an. »Sie verschwinden, Gies! Grappa und Milva – bitte beruhigt euch.«
Der Rest des Abends wurde dann wirklich nett. Milva beruhigte sich etwas und blieb bei Bier. Ihre Wut auf Gies behielt sie jedoch. Klar, sie hatte Angst, dass das gefälschte Bild auf sie zurückfallen würde. Diese Befürchtungen waren berechtigt. Ich musste Nagel nur noch davon überzeugen, tatsächlich auf Schadensersatz zu klagen und Gies wegen übler Nachrede oder Beleidigung anzuzeigen. Vielleicht auch wegen falscher Anschuldigung.
Der Staatsanwalt wird das richtige Delikt schon finden, dachte ich.
Rudi Gies, Porno-Filmer und Medienberater des SPD-Parteichefs Mobby Madig, hatte keine schönen Monate vor sich.
Milva und ich tranken Schwesterschaft. Miese Kerle bringen die unterschiedlichsten Frauen dazu, Freundinnen zu werden.
Gegen Mitternacht hatte ich genug. Milva Grandi war vor mir aufgestanden. Sie war noch erstaunlich artikulationsfähig und hatte einen Freund angerufen, der sie nach Hause bringen sollte.
Ich traf sie draußen vor der Stechuhr.
»Dann gute Nacht«, sagte ich.
»Dir auch, Grappa. Ich darf doch Grappa sagen?«, nuschelte sie.
»Klar. Tun doch alle. Fast alle. Nur einer nennt mich Maria.«
»Da ist er ja!« Sie deutete auf einen Wagen, der nicht ganz bis zu uns fahren konnte, weil die Straße eine Fußgängerzone war. »Ich bin dann weg. Bis bald.«
Sie marschierte ziemlich gerade auf das Auto zu. Ich konnte den Schatten eines Mannes am Steuer erkennen. Milva stieg ein und winkte mir kurz zu. Das Fahrzeug fuhr los. Mein Herz stockte. Grandi war in ein Auto eingestiegen, das ich nur zu gut kannte: Es war der Dienstwagen von Friedemann Kleist!
Zärtlich fallende Taschentücher
Ganz ruhig bleiben. Nein, lieber toben. Was hatte Kleist mit Milva Grandi zu tun? Oder hatte nicht er, sondern jemand anders in dem Wagen
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