Grappas Gespuer Fuer Schnee
Madig?«
»Er sieht sich als Opfer böser Intrigen.«
»Mit Intrigen kennt sich keiner besser aus als er«, sagte ich. »Was liegt sonst noch an, Herr Hauptkommissar?«
»Viele Spuren, viel Arbeit und kaum Erfolge. Die Bierstädter Politprominenz mauert, wo es nur geht. Diese Leute behindern die Ermittlungen auf eine Art und Weise, die schon beeindruckend ist. Entschuldigst du mich jetzt bitte, Maria? Herr Gies ist gerade eingetroffen. Ich habe ihn zur Vernehmung vorgeladen.«
Ich hätte gern als Mäuschen in Kleists Büro gesessen und gelauscht. Der schmierige Schreiberling und der intellektuelle Ermittler im Clinch. Mein Gefühl sagte mir, dass Gies jeden verraten würde, um die eigene Haut zu retten.
Ich sollte recht behalten.
»Gies hat Mobby Madig voll in die Pfanne gehauen!« Zwei Stunden nach meinem Gespräch mit Kleist stand Jansen in meinem Zimmer – ein Fax in der Hand. »Hier, lies mal!«
Die Polizeipressestelle teilte in knappen Worten mit, dass Rudi G. den Untersuchungshäftling Mobby M. beschuldige, ihn zur Fälschung eines Fotos angestiftet zu haben. Weiter stand da zu lesen:
Rudi G. wusste auch von der Zahlung von 30.000 Euro aus der Parteikasse an die ehemalige Mitarbeiterin Sandra B., wegen deren Tötung Mobby M. zurzeit inhaftiert ist. Sandra B. soll das Geld für ihr Schweigen über die Teilnahme des Beschuldigten an den Zusammenkünften im Bierstädter Rathaus erpresst haben, bei denen es in erheblichem Maße zu Drogenmissbrauch kam.
»Stecken wir die alle in einen Sack und hauen drauf. Wir treffen immer den Richtigen«, meinte ich. »Aber trotzdem bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass Madig kein Mörder ist. Warum – zum Teufel – meldet sich der anonyme Anrufer nicht mehr bei mir?«
»Provozier ihn doch!«, schlug Jansen vor. »Dann meldet er sich bestimmt.«
»Und wie?«
»Was kannst du denn am besten, Grappa? Schreiben! Also denk dir was aus.«
Das war eine klare Ansage. Ich überlegte, wie ich es am geschicktesten anstellen könnte. Friedemann Kleist hatte dem Anrufer ein ausgeprägtes Geltungsbewusstsein attestiert.
Ich schloss die Tür hinter mir, um mich besser konzentrieren zu können. Auf was würde der Unbekannte abfahren? Vielleicht, wenn sein ›Werk‹, auf das er ja stolz zu sein schien, einem anderen zugeschrieben wurde?
Ich fuhr den Rechner hoch und begann zu formulieren.
HATTE MOBBY MADIG EINEN KOMPLIZEN? NOCH SCHWEIGT SPD-PARTEICHEF ZU MORDVORWURF
Wer ist der Mann, der den Mord an Sandra B. und Thomas S. filmte und die Bilder dem Tageblatt zugespielt hat? Wer ist der Mann, der beim Tageblatt anrief und für diesen schrecklichen Film gelobt werden wollte?
Die Auswertung der Bilder hat eindeutig ergeben, dass der Täter nicht gleichzeitig filmen und schießen konnte. Mobby Madig muss demnach einen Mitwisser haben – falls tatsächlich der SPD-Chef seine ehemalige Mitarbeiterin und deren Mann getötet hat.
Doch nach Tageblatt- Recherchen gibt es inzwischen erhebliche Zweifel an der Täterschaft des Inhaftierten. Der Mord muss von einem ausgezeichneten Schützen ausgeführt worden sein, denn Sandra B. und Thomas S. wurden jeweils durch einen einzigen Schuss ins Herz getötet. Mobby Madig jedoch hat nach Recherchen des Tageblattes niemals ein Gewehr bedient.
Das Letzte war frei erfunden – aber wer wollte mir das nachweisen?
Rätselhaft ist auch: Die E-Mail des Täters an das Tageblatt wurde von einem Computer abgeschickt, der in der Universität Bierstadt steht. Warum sollte Mobby Madig zur Universität fahren, um Spuren zu verwischen, und bei der Mordwaffe so sorglos sein, sie im SPD-Büro zu deponieren?
Ich zeigte Jansen den Artikel.
»Da fehlt was«, meinte er.
»Und was?«
»Die Aufforderung, sich bei uns zu melden und sich feiern zu lassen.«
»Okay.«
Ich ging wieder in Kurzklausur, doch mir fiel nichts ein. Schließlich kam Jansen mit folgendem Satz um die Ecke:
Wir fordern den wahren Mörder des Brautpaares auf, erneut Kontakt mit dem Tageblatt aufzunehmen. Kommen Sie aus Ihrer Deckung, statt sich feige hinter einem Politiker zu verbergen, der weder die Nerven noch die Intelligenz hat, eine so perfide Tat zu planen und auszuführen!
»Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?«, fragte ich. »Wenn der Typ sich meldet, gerät er doch in Gefahr, dass seine Deckung auffliegt. Das wäre doch unlogisch.«
»Ein Doppelmord ist auch nicht gerade logisch«, entgegnete Jansen.
Kein Schwein ruft mich an
Abends setzte ich mich hin und
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