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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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Creek gefunden hatte, schienen wahre Wunder zu bewirken. Die Entzündungen waren zu einem zarten Rosa verblasst und die Schwellungen um die Wunden zurückgegangen. Doch die Haut an den Rändern der Verletzungen war noch immer hart, als würde man gegerbtes Leder berühren. Wulf machte sich auch Sorgen wegen des sauren Geruchs, der aus den Wunden stieg, sobald er die Verbände abnahm. Doch Demi aß an diesem Morgen mehr als an den Tagen zuvor, auch wenn ihr Gesicht immer noch ausgezehrt und bleich wirkte und sie lustlos auf dem Gebäck kaute.
Daryll ging Wulf so gut er konnte zur Hand. Während er Demis Wunden behandelte, hielt der Junge die Hand des Mädchens und flüsterte ihr Worte zu, die Wulf nicht verstehen konnte. Doch Demi lächelte, auch wenn es voller Qual erschien. Wulf kam nicht umhin, den Jungen zu bewundern. Er besaß eine innere Stärke, die ihm scheinbar selbst noch fremdartig war und eine tiefsitzende Furcht in seine Augen zeichnete; vielleicht Furcht vor sich selbst. Wulf fragte sich zum wiederholten Mal, ob Daryll diese Stärke gerade aus dieser Angst bezog, oder ob sie aus den Schrecknissen herrührte, die ihn seit zwei Wochen zu zerbrechen drohten.
Nach dem Frühstück trat Wulf in den Hof hinaus. Er hielt seine Pumpgun eng am Körper, während er langsam zur schwelenden Ruine des Hauses ging und sich umsah.
Der Tag war noch jung, der Himmel trug ein verwaschenes, düsteres Grau. Ein leichter Regen fiel und ließ die Welt noch ein Stück kleiner werden. Die Felder in der Ferne verschwammen hinter einem nebligen Schleier. Selbst die Straße war lediglich als farbloses Band zu erahnen. Ein unangenehmer, kühler Wind wehte und trieb feuchte Kälte und den Gestank von Asche in Wulfs Gesicht.
Nicht mehr lange und der Winter würde gnadenlos über das Land herfallen. Wulf wagte sich nicht auszumalen, was mit ihnen geschehen würde, wenn sie bis zu diesem Tag keinen festen Unterschlupf fanden. Die Winter in diesem Teil des Landes konnten extreme Ausmaße annehmen. Demi würde in ihrem geschwächten Zustand eine Nacht in eisiger Kälte mit Sicherheit nicht überstehen. Das gleiche galt für Murphy. Die Furcht vor den frostigen Tagen trieb Wulf zur Eile, obgleich der kalte Wind nur ein stummer Vorbote war, der vom offenen Land zu ihnen wehte.
Wulf ließ seinen Blick über die dampfende Ruine des Bauernhauses wandern. Das Feuer hatte nichts verschont und nur schwarze, formlose Schatten hinterlassen. Es gab nichts, das sich als nützlich erwiesen hätte. Wulf gab Murphy, der ihn durch einen Spalt im Scheunentor beobachtete, ein Zeichen. Es war ruhig auf dem ehemaligen Gehöft. Als der Wind nachließ, wich der Geruch von Rauch und Asche dem frischen Duft von feuchter Erde. Wulf ließ die Umgebung nicht aus den Augen, als Murphy erst das Mädchen zum Wagen brachte und dann zusammen mit Daryll die verbliebenen Vorräte zurück auf die Ladefläche hievte.
Der alte Mann stöhnte und ächzte unter dem Gewicht der Kiste. Daryll rannte schnell herbei, warf seinen Rucksack in die Fahrerkabine des Pick-ups und nahm Murphy die Kiste ab. Der nickte Daryll stumm zu. Wulf entging nicht, dass sich der alte Mann die Hüfte mit beiden Händen hielt, als er sich aufrichtete. Sie waren schon eine merkwürdige kleine Gemeinschaft, dachte er. Trotzdem war er froh und dankbar für jeden einzelnen von ihnen, so schwer ihre Reise auch sein würde.
Als alles verstaut war, trat Wulf zu Murphy und lehnte sich durch das kleine Fenster in den Wagen. Demi war wieder in ihre Wolldecken gehüllt, doch sie sah frischer aus als am Tag zuvor.
»Wir werden kurz hinter den Bergen auf einen Highway stoßen«, sagte er und deutete in die Richtung, in der sich eine niedrige Hügelkette im Regen verbarg. »Wenn wir Glück haben, finden wir dort zwei Wagen, die wir nehmen können.«
Murphy fuhr zu Wulf herum und sah ihn finster an. »Ich soll meine Betsy zurücklassen?« Er umfasste das Lenkrad demonstrativ mit beiden Händen. »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Haben Sie eine Ahnung, durch welch schlechte Zeiten mich meine Betsy gebracht hat?«
»Das glaube ich gern«, erwiderte Wulf mit einem Augenzwinkern in Demis Richtung. »Aber wir könnten …«
»Wir können uns Benzin von den Autos auf dem Highway holen«, unterbrach ihn Murphy mürrisch. »Sofern wir denn irgendwelche Autos dort finden werden. Aber ich werde definitiv nicht in einen neumodischen Wagen umsteigen.«
Wulf betrachtete einige Sekunden nachdenklich Murphys störrisches,

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