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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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verwilderten Garten eines der Häuser stand. Etwas abseits der kleinen Ansammlung, durch einen schmalen, mit Betonplatten ausgelegten Weg mit der Straße verbunden, konnte Wulf den Gemischtwarenladen erkennen. Das Haus stand etwas zurückversetzt von der Straße und wirkte wie ein von Gott hingeworfener Fels in der Landschaft. Nirgends brannte Licht. Aus keinem der Kamine stieg Rauch auf. Nichts bewegte sich.
Die Häuser schienen unbewohnt und sich selbst überlassen. Doch genau das hatte Wulf auch von Kagan´s Creek angenommen. Das Erlebte hatte ihn vorsichtiger werden lassen.
»Da vorn steht ein Wagen«, flüsterte Daryll, der seine Magnum mit beiden Händen hielt.
In der Einfahrt eines niedrigen Backsteinhauses, dessen Farbe sich dem Grau des Landes angepasst hatte, stand ein roter Mustang.
Wulf hatte einen solchen Wagen in der gleichen Farbe als Teenager gefahren. Doch beim Anblick des Wagens schaffte er es nicht einmal, Erinnerungen an dieses Auto heraufzubeschwören. Die Welt war eine andere gewesen, und das Leben, das er damals führte, hatte vor zwei Wochen, an jenem Morgen, an dem seine Familie gestorben war, geendet. Der Mustang neben dem verwahrlosten Haus war lediglich ein weiteres, zurückgelassenes Relikt aus einer toten Zeit.
Wulf drehte abermals das Fenster herunter und gab Murphy durch einen Wink zu verstehen, dass er sich dort, wo er gerade stand, positionieren sollte, um die Straße und die Häuser im Auge behalten zu können. Dann fuhr er langsam zum Mustang vor. Er sah, dass die Fahrertür offenstand. An der Scheibe klebte ein dünnes, schwarzes Rinnsal. Er steuerte den Pick-up so nahe an den Mustang wie er konnte. Dann wartete er fünf volle Minuten ab, ehe er es wagte, auszusteigen.
»Halte die Augen offen, Partner«, flüsterte er Daryll zu. Dann empfing ihn kalter Regen. Vorsichtig blickte er sich nach allen Seiten um, ging zur Ladefläche und suchte in einer der Kisten nach seinen Sachen. In einem Rucksack fand er einen Schlauch, den er in Deep River eingesteckt hatte, um für ausreichend Treibstoff für seine Enduro sorgen zu können. Jetzt kam ihm seine Weitsicht gelegen. In einer Ecke der Ladefläche waren zwei leere Kanister festgebunden. Wulf wusste nicht, ob sie von dem früheren Besitzer des Pick-ups, Murphys Kumpel, für Wasser oder Benzin benutzt worden waren. Er band sie los, klemmte sich einen davon unter den Arm und trug den zweiten in der Hand.
Als er auf den Mustang zuging, hatte er das Gefühl, sich durch ein Rudel schlafender Bestien zu bewegen. Die Häuser glichen dunklen Steinklötzen. In den Fenstern spiegelte sich die Hässlichkeit des Tages. Wulf dachte darüber nach, wohin die einstigen Bewohner geflohen sein konnten, sofern ihnen eine Chance zur Flucht geblieben war.
Er öffnete den Tankverschluss des Mustangs, ließ das eine Ende des Schlauches darin verschwinden und blickte sich noch ein letztes Mal um. Murphy war ausgestiegen, hielt sein Gewehr vor der Brust und ließ seinen Blick über die dunklen Fassaden der Häuser gleiten. Wulf wusste, dass er sich auf den alten Mann und Daryll verlassen konnte. Beide würden ihn warnen, sollte von irgendwoher Gefahr drohen. Die Motoren der beiden Autos dröhnten und klapperten wie Donner durch den leeren Ort.
Er begann am anderen Ende des Schlauches zu saugen und schmeckte Staub und nach Gummi riechende Luft im Mund. Dann wurde der Geschmack durch scharfes, auf der Zunge kitzelndes Benzin ersetzt. Mit einer schnellen Bewegung ließ er den Schlauch in einem der Kanister verschwinden, der sich langsam mit Treibstoff füllte. Welche Menge Benzin sich im Tank des Mustangs befand, konnte Wulf nicht sagen. Doch er betete, dass sie mit ihrer Beute zumindest bis zum Highway kommen würden. Als der erste Kanister voll war, steckte er den Schlauch mit einer hektischen Bewegung in den zweiten, wobei er sich Benzin über die Schuhe spritzte. Die aufsteigenden Dämpfe waren übelerregend und ließen Wulf schwindeln.
Während er mit einer Hand den Schlauch hielt, blickte er über die Schulter zu Murphy. Dieser beobachtete noch immer mit grimmiger Miene die Häuser. Wulf selbst war unbewaffnet, ein Umstand, der seine Nerven vibrieren ließ, aber unvermeidlich war, wenn er die Hände für die Kanister und den Schlauch frei haben wollte. Murphy kam langsam zu Wulf geschlichen und spähte über dessen Schulter.
Wulf nickte stumm, als er Murphys Blick auf den beiden Kanistern ruhen sah. Der alte Mann entfernte sich wieder und blieb mitten auf

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