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Graues Land (German Edition)

Graues Land (German Edition)

Titel: Graues Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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bekommen. So, wie wir alle.
    Niemand hält mich zurück, als ich den Einkaufswagen an der Kasse vorbei zum Eingang lenke. Dort bleibe ich stehen und nehme das Gewehr aus dem Wagen, was sich als ziemlich schwierig erweist, da ich die meisten der Tüten in der Hektik über den Lauf gepackt habe.
    Das hätte ein fataler Fehler sein können, denke ich traurig und lausche auf Barrys Geräusche. Dabei fällt mein Blick auf einen kleinen Laden, der sich zwischen Bäckerei und einem Schuhgeschäft gegenüber den Kassen befindet. Früher war dies mein Lieblingsladen gewesen, da ich mir hier stets meine Bücher von Lovecraft und meine Zeitschriften gekauft habe. Auch jenes unheilvolle Buch von Stehen King hatte ich mir vor unzähligen Jahren in dem kleinen Laden gekauft. Ich hatte es geliebt, stundenlang durch die Auslagen der Regale zu spazieren und nach lohnenswerten Neuerscheinungen Ausschau zu halten.
    Jetzt sind die Glastüren geschlossen und der Raum dahinter dunkel.
    Mit angelegtem Gewehr nähere ich mich dem Buchladen, in dessen kleinem Schaufenster Atlanten und das neueste Buch von Grisham liegen. Vorsichtig spähe ich durch das Glas der Türen, in deren Spiegelbild ich das Abbild eines von Furcht zerfressenen, grauen Mannes erkennen kann. Der Laden selbst scheint leer zu sein. Vielleicht ist an Barrys Theorie, dass die Kreaturen von Menschenhand erschaffene Bauwerke meiden, doch etwas dran.
    Ohne jede Hoffnung greife ich nach dem kupfernen Türknauf und hätte fast laut aufgeschrien, als sich die Tür lautlos öffnet.
    Wie Barry zuvor am Eingang des Supermarktes trete ich einen Schritt zurück, reiße das Gewehr hoch und ziele damit in die Dunkelheit der Buchhandlung. Der würzige und zugleich muffige Geruch von Papier und neuen Einbänden schlägt mir entgegen.
    Vorsichtig betrete ich den Laden. Hinter mir kann ich Barry erneut fluchen hören.
    Ich weiß genau, wo ich hin muss. Um mir meinen Weg zwischen den wenigen Regalen und einer Palette mit Sonderangeboten zu suchen, brauche ich kein Licht. Bald schon bin ich eins mit den Schatten meines einstigen Lieblingsladens.
    Als ich am Zeitungsständer nahe der Kasse vorbeikomme, bleibe ich stehen und starre auf die dort ausgestellten Zeitungen. Im trüben Licht, das durch die Schaufenster in den Laden fällt, wirkt das Papier vergilbt, als würde man eine alte Fotografie betrachten. Und tatsächlich kommt es mir auch so vor, als ich auf das Datum und die unheilverkündende Schlagzeile des letzten Tages der Erde blicke.
    Plötzlich sehe ich die attraktive Nachrichtensprecherin vor mir, deren Gesicht eine einzige Maske der Furcht gewesen war. Ich höre noch ihre Worte in meinen Ohren, deren Sinn ich zum damaligen Zeitpunkt nicht begreifen wollte. Ihre Stimme hatte gezittert, während ihre Hände nervös mit einigen Blättern gespielt hatten, von denen sie das Ende der Welt ablas. Damals wussten wir das natürlich noch nicht. Doch mittlerweile betrachte ich die Schönheit aus meinem Fernseher als apokalyptischen Engel, von Gott ausgesandt, um mir persönlich den Weltuntergang so angenehm wie möglich zu offenbaren. Die Fotos auf der Zeitung scheinen mich zu verhöhnen. Am liebsten möchte ich sie zerreißen und durch diese absurde und kindliche Geste alles ungeschehen machen.
    Stattdessen gehe ich weiter, tiefer ins Dunkel des Ladens hinein. Mein Gewehr halte ich in Hüfthöhe vor mich, so wie es einst wohl John Wayne getan haben mochte.
    Früher bin ich diesen Weg durch die Buchreihen oft gegangen. Wenn ich keine Zeit zum Schmökern hatte und wusste, dass Demi mit ihren Eltern zu Besuch kam, bin ich immer nach dem Einkaufen zu dem hohen Regal in der Ecke gegangen. `Abenteuer´ steht dort in verschnörkelten Buchstaben über den Reihen. Darunter schmiegt sich ein aufreißerischer Einband neben den anderen. Ich weiß, wie gerne Demi Geschichten über Indianer und den Wilden Westen liest. Im Gegensatz zu anderen Mädchen in ihrem Alter hatte sie noch nie etwas für Puppen übrig gehabt. Ihr Spielzeug hatte aus mehreren Forts aus Holz bestanden, dazu zahlreichen Cowboy-und-Indianer-Figuren, samt Planwagen und Pferden. Sie hat mir oft mit leuchtenden Augen gesagt, dass sie so gerne zu jener Zeit gelebt hätte, in der die Damen lange, mit Rüschen besetzte Kleider trugen und noch wie Damen behandelt worden waren.
    Die Bücher, die ich suche, stehen in der unteren Reihe. Eine ganze Ansammlung von Karl-May-Büchern erstreckt sich über die gesamte Breite. Leider weiß ich nicht,

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