Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Wortführer auf. »Ein Hobby, das
auch in die Abgeschiedenheit der Bergwelt passt.«
Josefina
fügte hinzu: »Wo man mit Gott und der Welt allein ist und über alles reden
kann.«
Häberle
beschloss, gleich zur Sache zu kommen und Linkohrs Erkenntnisse aus dem Besuch
des alten Weinkellers anzuwenden. »Über alles, was mit PSI zu tun hat«,
ergänzte er deshalb leise und sachlich.
Die
Hüttenbewohner sahen einander verwundert an. »Sie scheinen sich damit
auszukennen«, stellte Jensen anerkennend fest. »Manche nennen es Hokuspokus,
andere verwenden den wissenschaftlichen Begriff.«
Häberle
grinste. »Deshalb geh ich davon aus, dass Sie den wissenschaftlichen Begriff
bevorzugen.«
»Wir
geben uns jedenfalls Mühe«, beeilte sich Aleen zu sagen. Ihre Augenlider
zuckten nervös.
»Und
wir gehen alles sehr distanziert und emotionslos an«, fügte Astor hinzu.
Grantner
griff die Bemerkung auf: »So lang man etwas distanziert und wissenschaftlich
angeht, kann man sich mit allem beschäftigen. Sogar mit UFOs und Kornkreisen.«
Er lächelte sympathisch.
Häberle
spürte, dass er den Nerv der angesprochenen Gesellschaft getroffen hatte. »Es
soll sogar Militärs geben, die mit solchen Dingen experimentieren.«
Mit
allem schienen sie gerechnet zu haben, nur nicht mit einer derartigen
Bemerkung. Keiner wagte etwas anzumerken, sodass Häberle seinen Gedankengang
fortsetzen konnte: »Ich weiß nicht, ob Ihnen der Name Platterstein was sagt.
Professorin Dr. Hildtraud Platterstein.«
Das
Schweigen setzte sich fort. Grantner achtete auf die Reaktion eines jeden
Einzelnen von ihnen. Aleens Pupillen waren unruhig und ließen eine
angeschlagene Psyche vermuten, dachte Häberle. Er wiederholte seine Frage.
»Platterstein sagt Ihnen also nichts?«
Er
erntete zögerndes Kopfschütteln oder Schulterzucken. Vielleicht auch eisiges
Schweigen, wie er es empfand.
»Darf
ich Ihr Schweigen so deuten, dass Ihnen die Dame gänzlich unbekannt ist?«
Jensen
sah sich zu den anderen um, als wolle er sich überzeugen, dass sie so dachten
wie er: »Ja, das können Sie wohl so deuten«, sagte er mit fester Stimme.
Häberle gab sich damit zufrieden. »Jedenfalls scheint
sich diese Dame, die Sie nicht kennen, auch mit PSI auseinanderzusetzen.«
Häberle trank sein Glas leer und genoss die Irritation, die er offenbar
verbreitet hatte. »Zu dem weiten Feld der Grenzwissenschaften zählt ja auch die
Geistheilung.« Häberle hatte mit Grantner abgesprochen, dass er hier alle
Register seines Wissens ziehen wolle, um seine Zuhörer zu möglicherweise
interessanten Bemerkungen herauszufordern, zumindest aber zu verunsichern.
Aleen wich seinen Blicken aus.
Josefina
nickte eifrig. »Sie meinen wundersame Heilungen mit Gottes Kräften und Gnade?«
»Das
auch, ja«, erwiderte Häberle vorsichtig, weil er spürte, dass er diese Frau in
ihrem Glauben nicht verletzen durfte.
Falkenstein
ergriff das Wort: »Ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt, Herr Kommissar, an
Kräfte zu glauben, die jenseits der Schulmedizin wirken – aber
so lang ein Kranker daran glaubt, ist manchmal Unglaubliches möglich.«
»Das
will ich gar nicht bestreiten, Herr Falkenstein«, erwiderte Häberle, »Glaube
versetzt bekanntlich Berge. Und wie arm wäre die Menschheit, wenn sie nicht im
Glauben Halt fände.«
Grantner
sah seinen Kollegen geradezu respektvoll an. Deutsche Kriminalisten waren ihm
bisher eher bürokratisch, sachlich und knochentrocken vorgekommen. Häberle
jedoch schien auch noch ein gewisses spirituelles Gespür zu haben. Zumindest
aber verstand er es, auf die Mentalität seiner Gesprächspartner einzugehen.
»Selbstverständlich
beschäftigen wir uns auch mit der Macht des menschlichen Geistes«, sagte Aleen
plötzlich ziemlich emotional. »Vieles davon ist heutzutage tief verschüttet.
Oder diese Macht wird missbraucht, um andere zu beherrschen. Sie brauchen sich
doch nur mal in den Betrieben umzusehen.« Sie konnte ihre innere Unruhe nicht
verbergen. »Was zählen denn heutzutage noch Menschen? Es geht nur um Profit.
Gerade in diesen Wochen verlieren Tausende von Frauen in diesem Land ihre Jobs,
weil sich nach der Insolvenz von Schlecker die Finanzjongleure nicht einig
werden. Es geht nur ums Geld – nicht um menschliche
Schicksale.«
Häberle
nickte zustimmend und überlegte, weshalb die Frau plötzlich so emotional
reagierte. Für Falkenstein war es der richtige Moment, mit beruhigenden Worten
einzugreifen: »Sie wissen, ich bin Theologe«, erklärte
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