Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
er, »protestantischer
übrigens. Da sollte man sich heutzutage mit allem auseinandersetzen, was die
Menschen bewegt. Leider predigen wir in den Kirchen oft nur nach einem
stereotypen Schema und haben viel zu lang nicht bemerkt, dass wir damit die
Menschen nicht mehr bei ihren Problemen abholen. Die Menschen sind doch nicht
atheistischer geworden, bloß weil sie nicht mehr in die Kirche kommen. Sie
haben weiterhin ihren Glauben, ihre Hoffnungen und Wünsche an eine übergeordnete
Macht. Mag diese irgendwo im Himmel, im Universum oder in der Natur um uns
herum stecken. Was fehlt, ist die Begeisterung, die Motivation, dies öffentlich
zu bekennen.«
»Da
mögen S’ recht hab’n«, nickte Grantner.
»Die
Kirchen sollten versuchen, das aktuelle Geschehen – das,
was die Menschen direkt berührt, was in den vergangenen Tagen geschehen ist, im
Land und im Ort für Laien verständlich aufzuarbeiten und nicht theologisch
verkrampft irgendwelche Bibelstellen zu verbiegen versuchen.«
»Außerdem«,
unterbrach ihn Jensen sachlich, »wird die Höhe der jeweiligen Kirchensteuer
wohl kaum automatisch zu einem Logenplatz im Himmel führen.«
Häberle
wünschte sich insgeheim ein längeres Gespräch mit Falkenstein. Vielleicht würde
sich eine Chance dazu bieten, wenn der Fall abgeschlossen war. Vorausgesetzt,
Falkenstein war nicht selbst in den Mordfall verstrickt.
»Was mich noch interessieren würde«, fuhr Häberle fort.
»Meine hiesigen Kollegen haben erfahren, dass einige von Ihnen in der Nacht zum
gestrigen Samstag ins Tal runter sind.« Er sah in die Runde und musterte
nacheinander Jensen, Aleen und Josefina. »Gab es dafür einen konkreten Anlass?«
»Anlass?«, entfuhr es Jensen. »Wenn der Tod von Larissas
Mutter kein Anlass ist, sie zu trösten! Wir haben angerufen und uns nach ihr
erkundigt. Und weil sie einen ziemlich mitgenommenen Eindruck gemacht hat, sind
wir runter.«
Aleen
wurde noch nervöser. »Wir haben uns Sorgen gemacht.«
»Und
dann haben S’ stundenlang diskutiert«, warf Grantner ein, worauf Josefina
energisch wurde: »Wenn man jemanden tröstet, muss man nicht diskutieren.«
»Sie
waren die ganze Zeit im Hochsteinhof beisammen?«, fragte Häberle ruhig, um die
Wogen gleich gar nicht hochgehen zu lassen.
»Natürlich«,
antwortete Jensen schnell. Wie die beiden Kriminalisten schweigend nickten,
fügte er an: »Bis auf ein paar Minuten, während derer ich draußen frische Luft
geschnappt hab und mal durch ein paar Gassen gegangen bin.«
Häberle
nahm’s zur Kenntnis und gab dem Gespräch eine andere Zielrichtung. »Mein
Kollege, der Herr Chefinspektor«, er sah ihn an, »hat mir auch noch von einem
jungen Mann berichtet – von einem Herrn … «
»…
Mullinger, Jonas Mullinger«, kam ihm der Chefinspektor zu Hilfe.
»Ja,
Mullinger. Der war wohl nicht mit im Tal. Wo hält der sich derzeit auf?«
»Er ist
erst ganz neu zu uns gestoßen und will mit der Sache nichts zu tun haben«,
erklärte Josefina. »Er ist deshalb schon weitergegangen.«
Grantner
gab sich überrascht. »Wie? Er ist weg? Und wohin, bitt’schön?«
»Er
will zur Landsberger Hütte rüber. Entweder übernachtet er dort oder er geht
übern Vilsalpsee zurück nach Tannheim. Vielleicht kommt er aber auch wieder zu
uns. Kann auch sein.«
»Haben Sie zufällig seine Handynummer?«, fragte Häberle.
Wieder schweigendes Schulterzucken und Kopfschütteln.
»Und Sie – wie lang
wollen Sie alle hier bleiben?«, fragte Häberle in die Runde.
»Wir
werden diesen Ort ebenfalls verlassen«, erklärte Jensen bestimmt und deutete
auf Josefina: »Nur sie will bis morgen bleiben.«
»Ihre
Adressen haben wir alle«, stellte Grantner fest.
Astor,
der sich bisher ziemlich wortkarg gezeigt hatte, betonte: »Mich erreichen Sie
die nächste Zeit noch auf dem Campingplatz. Wobei Sie aber bedenken müssen,
dass ich oft für einen Tag geschäftlich unterwegs bin. Ihr Kollege weiß
Bescheid. Mein Wohnsitz ist Uhingen im Landkreis Göppingen.« Er grinste Häberle
an: »Wir sind Landsleute.«
Der
Kriminalist nickte freundlich. »Und die anderen Herrschaften?«
Falkenstein
erklärte, dass er beabsichtige, bereits am Dienstag an den Lago Maggiore
weiterzufahren, während Jensen ankündigte, bis zur Abwicklung der
Beerdigungsformalitäten bei Larissa im Hotel wohnen zu wollen. Dies hatte auch
Aleen vor, zumal sie noch einige Bergtouren plante – wie
sie dies immer nach diesen Hüttentreffen getan hatte. »Ich werd vielleicht
morgen, wenn
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