Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Talstation, dem am
Sonntagmorgen erst eingefallen ist, dass er am Freitag einen Radler g’seh’n
hat, der seinen Drahtesel möglicherweise am Parkplatz hat steh’n lass’n. Aber
jetzt pass auf, August. Es hat sich noch einer gemeldet, der ein Fahrrad
geseh’n hat.«
»Noch
einer?« Häberle runzelte die Stirn und blinzelte in die Sonne.
»In der
Nacht zum Samstag. Nachdem er jetzt über unseren Fall in der Zeitung gelesen
hat, ist ihm eine seltsame Beobachtung eingfall’n. Nämlich ein einsamer Radler
so ungefähr um 2.45.«
»2.45
Uhr«, wiederholte Häberle und vergewisserte sich: »Nachts?«
»Ja,
nachts. Du hast richtig gehört. Und zwar in Innergschwend. Das sind ein paar
Gehöfte und Pensionen zwischen Grän und Tannheim. Dort verlaufen einige
Wirtschaftswege, die Radler und Fußgänger benutzen können.«
»Und da
ist einer geradelt? Wer hat das gesehen?“
»Ein
Pensionsgast dort. Der Mann hat in der schwülen Nacht nicht schlafen können und
ist auf den Balkon raus. Er kann sich ziemlich genau entsinnen, dass gegen 2.45
Uhr ein Radler aus Richtung Tannheim an der Pension vorbei und rüber nach Grän
gefahren ist.«
»2.45
Uhr«, wiederholte Häberle, »das ist doch etwa die Zeit, zu der dieser Fischer
wach geworden ist, weil er jemanden um seinen Wohnwagen hat schleichen hören.«
»Du
sagst es überdeutlich, August. Aber es kommt noch besser. Der Zeuge ist zum
Glück lang wach geblieben. Deshalb hat er den Radler auch wieder zurückkommen
sehen. So gegen 3.15 Uhr, schätzt er.«
»Wie?
Der ist mitten in der Nacht wieder zurückgeradelt?«
»So
sieht es aus. Allerdings kann der Zeuge nicht beschwören, dass es ein und
derselbe Radler war. Auch die Farbe des Fahrrads hat er in der Dunkelheit
natürlich nicht erkennen können. Es stellt sich also die Frage, wer mitten in
der Nacht durch Innergschwend radelt.«
»Hm«,
brummte Häberle, schließlich gab es inzwischen auch in den Gebirgsorten
genügend Touristen, die mit dem Fahrrad unterwegs waren. Allerdings war die
Uhrzeit in der Tat ungewöhnlich. »Ist dir auf deinem schönen Campingplatz denn
jemand aufgefallen, der mit dem Radl unterwegs ist?«
»Natürlich«,
entgegnete Häberle prompt. »Sogar zwei aus dieser Hüttengruppe. Aber wenn
dieser Radler, von dem du jetzt berichtest, nachts wieder nach Tannheim
zurückgefahren ist, wird er wohl kaum vom Campingplatz sein. Er hat dann dort
allenfalls schnell was erledigt.«
»Vorausgesetzt, er hat etwas mit unserer Sache zu tun«,
gab Grantner zu bedenken und hakte nach: »Du sagst, bei zweien aus der
Hüttengruppe hättest du Fahrräder gesehen?«
»Nur
eines hab ich selbst gesehen – das von Astor. Aber es ist
nicht rot, falls du danach fragen willst.« Häberle war während des Gesprächs aus
dem Wohnmobil gestiegen, um Astors Wohnwagen sehen zu können. An dessen
Deichsel war jedenfalls gestern ein Fahrrad gelehnt gewesen. »Das Rad von Astor
ist jetzt weg. Und er auch.«
»Wie?«,
staunte Grantner. »Der ist weg?«
»Ja,
das hat er aber angekündigt. Er muss geschäftlich nach Fulda.«
»So,
nach Fulda.« Grantner klang verärgert. »Und das Fahrrad?«
»Keine
Ahnung. Aber ich denke, man kann Fahrräder hier in Tannheim oder in Grän auch
mieten.«
»Ob
du’s glaubst oder nicht, August: Sogar im Hochsteinhof kann man Fahrräder
ausleihen.« Grantner legte theatralisch nach: »Und die sind rot.«
»Du
wirst lachen, Paul, das ist mir im Vorbeigehen auch aufgefallen«, konterte
Häberle. »Habt ihr gecheckt, an wen am Donnerstag eines vermietet war?«
»Lässt
sich nicht ohne Weiteres feststellen«, knurrte Grantner, »die Hausgäste haben
theoretisch alle Zugriff, ohne dass da was registriert wird. Die Räder steh’n
in einem offenen Carport.«
»Dann
hätte man vermutlich auch gar nicht bemerkt, wenn zwischendurch eines gefehlt
hat.«
»Da
wird a bisserl g’schlampt«, entgegnete Grantner. »Aber es sind auch keine
hochwertigen Räder.«
Häberle
kniff die Augen zusammen, während er wieder in sein Wohnmobil stieg. »Könnte
doch sein, dass die Larissa mit einem Fahrrad zu ihrem Lover auf den Campingplatz
gefahren ist.«
»Sein
kann alles«, kam es zurück, »denn der Zeuge aus Innergschwend kann über das
Geschlecht des Radlers gar nix sagen. Aber egal, wer da geradelt ist, eines ist
mir klar, August: Dieser Astor ist mir nicht mehr geheuer. Und, glaub mir,
jetzt ist er uns entwischt.«
Häberle
riskierte einen Seitenhieb: »Es ist dein Hoheitsgebiet, in dem
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