Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Geschichte an, die durchaus die Qualität für
eine Boulevardzeitung hatte. In der Heimatzeitung hingegen mussten Themen
dieser Art behutsam und sensibel angegangen werden. Außerdem gab es in der
Redaktion genügend Kollegen, die keinen Draht zu derlei Storys hatten.
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Häberle hatte sein spartanisches
Frühstück bereits hinter sich, als er von Linkohr telefonisch die neuesten
Erkenntnisse übermittelt bekam.
Nachdem
das lange Gespräch beendet war, ließ der Chefermittler die jüngsten
Ermittlungsergebnisse auf sich wirken. Dass er so nah bei der ominösen
Professorin genächtigt hatte, empfand er im Nachhinein sogar als seltsamen Wink
des Schicksals. Zufall? Er wollte jetzt nicht darüber philosophieren. Zwar lag
ihnen ihre Handynummer vor, doch nahm sie offenbar keine Anrufe entgegen, nicht
einmal die Mailbox reagierte.
Häberles
Interesse richtete sich jetzt auf das, was auch Linkohr geradezu in Euphorie
versetzt hatte: dass alle Autos, mit denen in den vergangenen Jahren immerhin
drei Teilnehmer dieser Hüttentreffen bei der Heimfahrt auf der A7 verunglückt waren,
bei Uwe Astors Agentur versichert gewesen waren. Allerdings, so mahnte den
Chef-Ermittler eine innere Stimme, brauchte dies nichts zu bedeuten. Sie
kannten sich schließlich alle – und da lag es natürlich auch
nahe, die Fahrzeuge bei einem guten Bekannten zu versichern. Vermutlich gab’s
satte Rabatte, wenn der Versicherungsagent alle Register zog und sämtliche
Pluspunkte in die Kalkulation mit einbezog. Neuerdings, so hatte Häberle einmal
gespottet, werde nicht nur berücksichtigt, ob man eine Garage habe und
Hausbesitzer sei, sondern ebenso, ob das Auto nur bei Vollmond oder auch bei
Neumond gefahren werde. Die Tarifgestaltung war derart unübersichtlich, dass
von seriösem Geschäftsgebaren bisweilen nicht mehr die Rede sein konnte. Dass
Astor, was dies anbelangte, gewiss mit allen Wassern gewaschen war, konnte sich
Häberle durchaus vorstellen. Aber daraus durften keine voreiligen Schlüsse
gezogen werden.
Während
er die Schilderungen Linkohrs mehrmals überdachte, beobachtete er beiläufig
durch das Seitenfenster des Wohnmobils das betriebsame Geschehen um sich herum.
Die meisten Camper, so schien es, waren von einer gewissen Aufbruchstimmung
ergriffen. Wie immer nach einem sonnigen Wochenende wurde der Dienstag für die
Abreise genutzt. Entweder gings nach Hause oder neuen Zielen entgegen.
Häberle
stieg aus und atmete die vormittägliche Frische tief in sich hinein. Dann ging
er zu den Wohnmobilen und Wohnwagen der angrenzenden Parzellen hinüber. Astors
Caravan wirkte verwaist, das Vorzelt war verschlossen. Häberle überlegte, ob
der Mann noch schlief oder bereits, wie angekündigt, mit seinem Geländewagen,
den er üblicherweise draußen geparkt hatte, in Richtung Fulda unterwegs war.
Fischer hatte bereits das Vorzelt abgebaut und hielt gerade seine Fernsteuerung
in der Hand, mit der er seinen Wohnwagen aus der Stellplatz-Lücke
herausmanövrierte. Der Caravan ließ sich dank eines Elektromotors wie von
Geisterhand bewegen. Seit es diese Neuerung gab, brauchten die Wohnwagen-Camper
ihre schweren Gefährte nicht mehr mit Muskelkraft zur Anhängerkupplung ihres
Autos zu schieben.
Häberle
begrüßte die Fischers und lobte diese neue Technologie. »Für uns Ältere eine
segensreiche Erfindung«, sagte Fischer und erweckte den Eindruck, sich wie ein
kleines Kind über die Fernsteuerung zu freuen.
»Jetzt
geht’s über die großen Berge?«, fragte Häberle.
»Ja,
über Reutte und den Fernpass zum Reschenpass. Der direkte Weg – und
kostet nix«, grinste Fischer, während seine Frau noch einige Handtücher von
einer Wäscheleine nahm, die sie zwischen zwei Bäumen gespannt hatte.
»Mach
ich auch immer so«, erwiderte Häberle. »Nur vor Imst muss man aufpassen, dass
man nicht auf die Autobahn gerät, sonst zocken einen die Ösis mit ihren
komischen Pickerln ab.«
»Zum
Glück gibt’s Navis«, erklärte Fischer, der jetzt die Wohnwagendeichsel direkt
an die Anhängerkupplung seines Mercedes heranmanövriert hatte. »Ich blende die
Autobahnen immer aus. Aber ich kapier nicht, dass die nicht wenigstens den
Tunnel um Landeck herum mautfrei lassen. Da fährt jeder lieber durch die enge
Innenstadt. Kein Mensch kauft sich doch für die paar Kilometer zwischen Imst
und Landeck ein Pickerl.«
Häberle wollte nichts dazu sagen. Wenn’s um Abzocke
ging, da war er sich ganz sicher, spielten Umweltschutzgedanken keine
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