Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
erzählt, sie sei wohl so was Ähnliches
wie eine Privatdetektivin.« Er dämpfte seine Stimme und drückte seinen
kräftigen Oberkörper gegen den Zaun, um trotz der trennenden brusthohen Hecke
von Sander gehört zu werden. »Sie soll nämlich Schwindlern nachgespürt haben,
die alte Leute aufs Kreuz legen.«
»So?«
Der Journalist zeigte sich interessiert. »Hat sie auch gesagt, womit die Leute
betrogen werden?«
»Wenn
Sie’s genau wissen wollen, sollten Sie mit Herrn Mack reden«, versuchte er
wieder auszuweichen. »Es soll wohl um diese Werbe- und Kaffeefahrten gegangen
sein. Sie wissen doch – wenn den Leuten ein Gewinn versprochen wird und sie irgendwo
hinkutschiert werden, um teures Zeug angedreht zu bekommen.«
Sander
nickte. Er hatte sogar mal eine Reportage darüber geschrieben. Er kannte die
Tricks und Vorgehensweisen zur Genüge.
»Aber«,
fuhr der Mann im Flüsterton fort, obwohl außer Homsheimer niemand mithören
konnte, »sie hat sich auch für Aberglauben und Horoskope interessiert. So
jedenfalls meint es Herr Mack. Aber bitte: Das ist alles vertraulich. Ich hab
nix gesagt, wenn’s drauf ankommt. Haben wir uns da verstanden?«
Sander
sicherte ihm absolute Vertraulichkeit zu, worauf der Mann immer redseliger
wurde – mehrmals allerdings mit dem Hinweis, dies sei alles geheim. »Frau
Waghäusl soll nämlich selbst ein paar Dinge erlebt haben, die so etwas wie
übersinnlich gewesen seien.«
»Zum
Beispiel?« Sanders Spannung stieg. Entweder hatte er einen Wichtigtuer und
Schwätzer vor sich, oder der Mann war von dem, was er schilderte, tatsächlich
überzeugt. Noch vermochte der Journalist keine klare Linie zu erkennen. Oft
genug schon war er in seinem Berufsleben auf solche Typen gestoßen, die
wundersame Geschichten erzählten, die sich bei genauerem Betrachten als
Hirngespinste herausstellten. Sander hatte sich ihre Ausführungen stets geduldig
angehört und anschließend oftmals viel Zeit investiert, entsprechende
Recherchen anzustellen. Auch wenn sich vieles hinterher als Flop erwies, so
konnte er wenigstens guten Gewissens sagen, diese Menschen ernst genommen zu
haben, wenngleich vielleicht ihre Schilderungen nicht ins allgemeingültige
Weltbild passten. Nicht alle seine Kollegen brachten diese Geduld auf, was dazu
führte, dass mancher mögliche Hinweisgeber frustriert von dannen zog – und
viele Geschichten ungeschrieben blieben.
Sander
wollte über das angeblich Übersinnliche, von dem Frau Waghäusl gesprochen
hatte, mehr wissen.
»Nun
ja,« sagte der Mann über die Hecke hinweg, »sie glaubte wohl, ihr verunglückter
Mann habe … naja … «, der Nachbar verzog sein Gesicht zu einem mitleidigen Lächeln, »…
der nehme Einfluss auf ihr Leben. Sozusagen vom Jenseits, wenn Sie das
verstehen können … ?«
Sander
schluckte. Auch sein Fotografen-Kollege kam näher, denn er hatte zumindest
bruchstückhaft gehört, was der Mann am Zaun gesagt hatte.
Das
klang zumindest spannend, dachte Sander. Er wollte den Nachbarn nicht
unterbrechen.
»Nun
ja, das mag verrückt sein«, räumte dieser ein, »man darf das auch keinesfalls
so verstehen, als neigte Frau Waghäusl dazu, irgendwelchen verrückten Ideen
nachzuhängen – nein, das glaub ich nicht, dafür war sie viel zu intelligent, wie
ich sie einschätze. Aber sie meinte, es gebe Zeichen, die nicht zufällig sein
könnten. Ja, genau so hat sie es auch mal mir gegenüber ausgedrückt.«
»Und
was soll das gewesen sein?«
»Nun
ja, ich weiß das alles nur von Herrn Mack. Irgendwie soll es da bei dem
Flugzeugunglück ihres Mannes eine merkwürdige Zeitungsanzeige gegeben haben.
Aber fragen Sie mich jetzt nicht, was das genau war. Das weiß der Herr Mack
besser.« Er strich sanft über die Hecke, aus der junge Triebe herausragten.
»Und nach dem Tod ihres Mannes soll sich ein seltsames Zusammentreffen ergeben
haben, das sie sehr nachdenklich gestimmt hat.«
Sander
verzichtete inzwischen darauf, Notizen zu machen. Er hörte dem Mann nur
angespannt zu.
»Das muss irgendwie mit der Familie ihres Mannes
zusammenhängen – und dieser Sache mit einer angeblichen
Geistheilerin. Fragen Sie mich jetzt aber bitte nicht, wie das alles war. Ich
hab mich nicht weiter darum gekümmert. Wissen Sie, der ganze Dorfklatsch
interessiert mich nicht.«
Sander
und Homsheimer grinsten sich vielsagend an. Der Journalist beschloss, sich um
diesen anderen Nachbarn namens Mack zu kümmern. Dies alles hörte sich vorläufig
nach einer ziemlich verrückten
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