Grave Mercy Die Novizin des Todes
seine beunruhigende Antwort.
Und so kommt es, dass Madame Hivern und François am ersten Weihnachtstag vor der Herzogin niederknien und ihr immerwährende Treue geloben. Und es ernst meinen.
Madame Hivern spricht wie mit Engelszungen und ist sich der Gnade bewusst, die ihr und ihrem Sohn geschenkt wurde.
Während ich beobachte, wie sie ihr Gelübde ablegen, verblasst langsam das purpurne, geschwollene Mal auf ihrer Kehle. Aller Atem weicht aus meinen Lungen, und meine Knie werden schwach vor Erleichterung. Mortain hat ihr tatsächlich Gnade gewährt. Was bedeutet, dass ich Ihn nicht enttäuscht oder gegen Seinen Willen gehandelt habe. Glück erfüllt mein Herz, als ich begreife, dass ich nicht in Ungnade gefallen bin.
Als die Zeremonie vorüber ist, schlüpfe ich davon und kehre in mein Zimmer zurück, erpicht darauf, Duval die Neuigkeiten zu überbringen. Die Diener erfreuen sich an ihrem eigenen Festmahl, und in meinem Zimmer ist es dunkel bis auf den rötlichen Schimmer vom Kamin. Die Nacht draußen ist fast schwarz, und nur wenig Licht fällt durch die Fenster. Gerade als ich mich umwende, um einige Kerzen zu entzünden, höre ich ein Kratzen am Fenster und ein schwaches Krächzen. Vanth.
Ich eile zum Fensterladen. Als ich ihn öffne, fällt die Krähe herein, ein Bündel schwarzer Federn und schlagender Flügel. Zumindest versucht sie nicht länger, mir die Finger abzuhacken.
Vanth landet in der Nähe seines Käfigs und legt den Kopf schräg. Er krächzt und spreizt die Federn, bevor er hineingeht. Ich lasse mir Zeit, als ich ihm den Brief abnehme, nicht sicher, ob ich die Schelte lesen will, die die ehrwürdige Mutter mir gewiss geschickt hat. Endlich ziehe ich die Nachricht von Vanths Bein, breche das Siegel auf und falte das Pergament auseinander.
Tochter,
wieder einmal habe ich keine Nachricht von Dir über die jüngsten Entwicklungen bei Hof erhalten und muss mich auf Kanzler Crunard verlassen, dass er mich leitet. Was er mir erzählt, ist so schockierend, dass ich es kaum glauben kann. Nicht nur ist die französische Hure immer noch am Leben, Du hast es auch versäumt, mich über Duvals wahre Absichten zu informieren. Der Kanzler hat die Anklage gegen Duval dargelegt, und es kann kein Zweifel daran bestehen, dass er schuldig ist. Er hat sämtliche Verbündete der Herzogin vertrieben, einen nach dem anderen, und als das nichts genutzt hat, hat er einen Mordanschlag auf die Herzogin veranlasst. Hast du die ganze Zeit über gewusst, dass er für den französischen Regenten spioniert? Oder wurdest Du über seine wahren Ziele im Dunkeln gelassen? In der Tat, der einzige Grund, warum ich Dich nicht als Komplizin in dieser Angelegenheit verurteile, ist der, dass Kanzler Crunard mich darüber informiert hat, dass Du diejenige warst, die der Herzogin das Leben gerettet hat.
Duval muss für seine Verbrechen bezahlen, und Du musst für Deine Nachlässigkeit bezahlen. Töte ihn sofort, dann pack Deine Sachen und kehre auf der Stelle ins Kloster zurück, damit wir entscheiden können, was mit Dir geschehen soll.
Mein Herz setzt einen – zwei – lange Schläge aus, und der Brief fällt aus meinen tauben Fingern und flattert zu Boden. Ich presse die Handballen gegen die Augen und hoffe, die Worte aus meinem Geist auszulöschen. Aber es nutzt nichts.
Der Pfad meines Herzens ist mit den Wünschen meines Klosters kollidiert.
Dreiundvierzig
LANGSAM, ALS SEI JEDER Knochen in meinem Körper wie Wachs geschmolzen, sinke ich auf den Boden. Wie kann das sein? Hat die Äbtissin meinen letzten Brief nicht bekommen? Und was ist mit Crunard? Glaubt er an sein eigenes Argument, oder ist hier eine dunklere Absicht im Spiel? Denn alles, was er Duval vorwirft, könnte auch ihm zur Last gelegt werden.
Im Geiste spiele ich jedes Gespräch durch, das ich mit dem Kanzler geführt habe, auf der Suche nach Rissen in dem Umhang der Loyalität, den er mit solcher Aufrichtigkeit trägt. War er es, der das erste Mal angedeutet hat, dass Duval schuldig sein könne? Oder die Äbtissin? Er hat überaus beharrlich darauf bestanden, dass ich meine Aufmerksamkeit von d ’ Albret abwende und stattdessen Duval ins Auge fasse. Und es war Crunard, der das Kloster sowohl über Runnion als auch über Martel informiert hat. Könnte er diese Morde mit Absicht herbeigeführt haben, um gegen die Herzogin zu arbeiten? Aber warum?
Und das Wichtigste, geht es Schwester Vereda gut genug, dass sie dies gesehen haben könnte? Gewiss nicht, denn
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