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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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Mortain würde keine falsche Vision senden, und ich weiß, dass diese Anklagen falsch sind. Selbst dass ich sie aus dem Mund der Äbtissin gehört habe, bringt mich nicht von dieser Überzeugung ab.
    Als mein Geist von Fragen erschöpft ist, auf die ich keine Antworten habe, wende ich mich dem Gebet zu. Ich öffne Mortain mein Herz und bete, wie ich noch nie zuvor gebetet habe. Aber während ich auf Seine Stimme lausche, ist alles, was ich hören kann, die Stimme von Kanzler Crunard und die der Äbtissin.
    Nach einer Weile – einer langen Weile – stehe ich auf und zupfe meine Röcke zurecht. Ich fühle mich so leer, dass mir ist, als hätte ich einen wichtigen Teil meines Selbst auf dem Boden zurückgelassen. Ich weiß – weiß –, dass das Kloster sich irrt. Man hat ihm falsche Informationen zugespielt, oder man hat dort die falschen Schlüsse gezogen. Oder beides. Meine eigene Arroganz schockiert mich, und doch weiß ich, dass sie sich irren. Die Tatsache, dass dem Kloster ein solcher Irrtum unterlaufen kann, beunruhigt mich zutiefst. Die Nonnen sollten keine Fehler machen.
    Vom Kamin kommt ein Scharren, als die schwere Tür langsam aufschwingt. Duval! Ohne nachzudenken, zerknülle ich den Brief zu einem Ball und werfe ihn ins Feuer. Während Duval in den Raum tritt, beobachte ich, wie sich die Befehle des Klosters in Asche verwandeln. Zu meiner großen Überraschung geht Duval direkt auf mich zu, schlingt die Arme um meine Taille und wirbelt mich dann durch den Raum, als tanzten wir. »Das Blatt hat sich gewendet!«, sagt er mit leuchtenden Augen. »D ’ Albret ist verschwunden, die Übereinkunft mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ist endgültig, und meine Familie verschwört sich nicht mehr gegeneinander!«
    Ich bin atemlos, weil er mich herumwirbelt, und versuche, sein Lächeln zu erwidern, so zu tun, als habe sich nichts geändert, aber mein Gesicht fühlt sich erstarrt an. Ich will seine Hände wegschieben, aber sie bleiben fest auf meiner Taille liegen.
    »Wirklich«, sagt er und verlangsamt sein Tempo ein wenig, »Euer Heiliger kann Wunder wirken.« Als er mir ins Gesicht sieht, verblasst sein Lächeln und seine Augen werden dunkel. Langsam beugt er sich zu mir vor.
    Seine Lippen sind weich und warm, als sie meine berühren, als glühe er vom Fieber. Sein Mund bewegt sich drängend, und es ist, als versuche er, jede Nuance und Wölbung meiner Lippen zu erkunden. Mich erfüllt das Gefühl, dass dies absolut richtig ist, denn in Wahrheit habe ich mein ganzes Leben nur auf diesen Moment gewartet.
    Sein Mund öffnet sich leicht, und ich verliere mich in einer ganzen neuen Welt von Gefühlen. Sein Mund ist weich im Vergleich zu den starken, festen Händen, die meine Taille umfassen. Er schmeckt schwach nach Wein und Triumph und etwas Bitterem und Scharfem.
    Noch während mir die Erkenntnis dämmert, beginnen meine Lippen zu kribbeln, dann werden sie taub. »Gnädiger Herr!«, keuche ich und ziehe mich zurück.
    Er sieht mich an, die Augen voller Verlangen; seine Pupillen sind so groß geworden, dass sie fast das ganze Grau in seinen Augen verschlungen haben. Es kann nicht sein! Ich beuge mich wieder dicht zu ihm vor, presse die Lippen auf seine, dann streiche ich mit der Zunge sachte über seine Lippen und durch das Innere seines Mundes. Noch während er reagiert, indem er mich enger an sich zieht, erfüllt der beißende Geruch meine Sinne.
    Ich löse mich von ihm und nehme seine Hände von meiner Taille. »Gnädiger Herr«, wiederhole ich und hoffe, dass er den drängenden Ton in meiner Stimme hören wird. »Halt. Denkt nach. Was habt Ihr zuletzt gegessen?«
    Er sieht mich eindringlich an und versucht, meine Worte zu begreifen, als hätte ich in einer gänzlich fremden Sprache aus einem fernen Land gesprochen. »Nichts außer dem, was Ihr mir gestern Nacht gegeben habt; warum?«
    Ich beuge mich vor und drücke einen letzten sanften Kuss auf seine Lippen – um sicher zu sein, sage ich mir. »Ihr seid vergiftet worden. Ich kann es schmecken.«
    Sein Puls schlägt hektisch in der Kuhle seiner Kehle. »Vergiftet?«, wiederholt er, als sei das Wort neu für ihn.
    Ich halte die Finger an die Lippen und koste sie noch einmal. »Ja«, flüstere ich.
    Seine Augen füllen sich mit einer unaussprechlichen Traurigkeit. »Ihr …«
    »Nein!« Ich umfasse sein Gesicht mit beiden Händen, und seine Bartstoppeln sind rau unter meinen Fingern. »Nicht ich bin diejenige, die Euch vergiftet hat. Ich schwöre

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