Grave Mercy Die Novizin des Todes
zwischen dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und der Herzogin sind ausgehandelt.« Er hebt den Kelch schwungvoll an die Lippen und leert ihn.
»Aber das sind gute Neuigkeiten!«
Ein schiefes Lächeln flackert kurz über sein Gesicht. »Ihr habt schlechte erwartet?«
»In Wahrheit, ja. Die Dinge scheinen sich bei jeder Gelegenheit gegen die Herzogin zu wenden.«
Sein Kopf fährt herum. »Ist ein neues Unglück über sie hereingebrochen?«
»Nein, gnädiger Herr. Vielmehr habe ich ebenfalls gute Neuigkeiten.«
Er hebt die Weinflasche und füllt seinen Becher nach. »Dann erzählt sie mir, damit ich sie hören kann.«
»Eure Mutter und Euer Bruder haben sich bereit erklärt, Anne vor dem Kronrat und allen Baronen die Treue zu schwören.«
Er stellt die Flasche mit einem hörbaren Knall ab. »Ach ja?«
»Ja.«
Er schaut mich eingehend an und fragt: »Und wie, bitte schön, ist es zu diesem Wunder gekommen?«
Ich weiche seinem durchdringenden Blick aus und starre in die Flammen, die im Kamin tanzen. Obwohl ich die Absicht habe, ihm die Wahrheit zu sagen, fürchte ich, dass er weit mehr sehen wird, als ich ihn sehen lassen will. »Ich habe Befehle aus dem Kloster erhalten.«
Im Raum ist kein Laut zu hören, nur das schwache Knistern und Zischen des Feuers. »Ich verstehe«, sagt er schließlich. »Oder vielmehr verstehe ich nicht, denn wenn Ihr Befehle vom Kloster empfangen hättet, wären doch beide gewiss inzwischen tot?«
»Der Befehl galt nur für Eure Mutter, und als ich sie … besuchen ging, hat sich mir eine andere Möglichkeit offenbart.«
»Sprecht weiter.«
»Ihr klingt nicht besonders überrascht, gnädiger Herr.«
»Ich bin nicht überrascht, nein. Ich wusste, dass dies eine Möglichkeit war, sobald ich Euch hierhergebracht hatte. Vergesst nicht, ich hatte die ganze Zeit über Kenntnis von ihren Plänen.«
Vielleicht ist das der Grund, warum er sich so dagegen gesträubt hat, mich hierher mitzunehmen. »Mir ist der Gedanke gekommen, dass sie, wenn sie wegen ihrer Verschwörungen gegen die Herzogin zum Tode verurteilt wurde und diese Verschwörungen vielleicht zurücknimmt, sich einen Aufschub verdienen könnte und dass der Heilige das Mal von ihr nehmen würde.«
»Und hat Er das getan?«
Ich räuspere mich. »Noch nicht. Aber ich denke nicht, dass Er Sein Urteil zurücknehmen wird, bevor der Schwur ihr über die Lippen gekommen ist.« Ich riskiere einen schnellen Blick in seine Richtung. Sein Gesicht ist gerötet, aber ob das an meinen Worten liegt, an der Hitze des Feuers oder an dem Wein, den er so schnell getrunken hat, weiß ich nicht. »Geradeso wie Runnions Todesmal ihn nicht verlassen hat, bevor er seinen Reueakt ausführen konnte. Es ist der Akt der Buße, der das Mal entfernt, nicht einfach der Wunsch, Buße zu tun. Jedenfalls glaube ich das.«
»Weiß das Kloster, dass Ihr die Dinge auf solche Weise selbst in die Hand genommen habt?«
»Nein.« Ich lächele schief. »Noch nicht.«
»Und Crunard?«
Ich schüttele den Kopf. »Welche Taten das Kloster begeht oder nicht begeht, ist nicht seine Sache. Oder sollte es nicht sein. Aber ich vermute, dass er schnell genug dahinterkommen wird, da er derjenige war, der dem Kloster von der Verschwörung Eurer Mutter Meldung gemacht hat.«
Duval mustert mich neugierig. »Nicht Ihr?«
Plötzlich verlegen erhebe ich mich, um sein Essenstablett zu holen. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, der Äbtissin zu schreiben, nein.« Während ich noch immer seinen Blick auf mir fühle, fummele ich auf dem Tablett herum und arrangiere das Essen und das Geschirr neu. Erst als er den Blick abwendet, fühle ich mich sicher genug, um mich umzudrehen. Trotzdem achte ich sorgfältig darauf, nicht in seine Augen zu sehen, als ich das Tablett vor ihn hinstelle.
Als ich dann doch wage aufzuschauen, hält er die weiße Königin in der Hand und mustert sie, seine dunklen Brauen zusammengezogen.
»Ich muss eine Möglichkeit finden, der Herzogin zu sagen, dass Madame Hivern und François ihr die Treue geloben müssen. Ich hatte gehofft, Ihr hättet vielleicht eine Idee, wie ich das tun kann, ohne sie das volle Ausmaß ihres Verrates wissen zu lassen.«
Er legt den Kopf schräg und erinnert mich für einen Moment an Vanth. »Ihr wünscht, das vor ihr verborgen zu halten?«
»Ich wünsche, ihr junges Herz vor weiteren Verletzungen zu beschützen. Wahrhaftig, wie viele Menschen können sie denn noch verraten?«
»Wie viele Barone gibt es noch?«, ist
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