Grave Mercy Die Novizin des Todes
hinausgeschmuggelt?«
»Genau.« Sein Lächeln ist selbstgefällig und das mit Recht.
»Und was ist dann passiert?«, frage ich und versetze ihm einen leichten Knuff gegen die Schulter. »Habt Ihr das ganze Herzogtum gesichert, während ich dachte, dass Ihr im Sterben liegt?«
»Nein«, erwidert er und wird ernst. »Crunard ist immer noch dort draußen.«
»Was ist seine Absicht, könnt Ihr das erraten?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich habe vor, es herauszufinden.« Unsere Blicke treffen sich abermals, und diesmal siegt unser Verlangen, Crunard zahlen zu lassen, über unsere gegenseitige Zuneigung. »Aber erzählt mir zuerst von Euren Neuigkeiten. Welches Wunder habt Ihr gewirkt, dass Ihr mich vor diesem Gift gerettet habt?«
»Es ist eins meiner Geschenke von Mortain.« Ich verziehe das Gesicht. »Eins, von dem das Kloster nichts weiß oder von dem mir niemand dort etwas sagen wollte.«
»Und was ist mit der Bestie und de Lornay?«, fragt er. Der vorsichtige Unterton in seiner Stimme lässt darauf schließen, dass er mit dem Schlimmsten rechnet. Ich erzähle ihm von unserer Schlacht vor den Toren von Rennes und dass de Lornay gefallen ist und die Bestie gefangen genommen wurde. Während meines Berichts wächst seine Trauer, bis sie droht, uns beide zu verschlucken. Und dann verzieht er den Mund zu einer harten Linie. »Ich muss aufstehen.«
Als er sich erhebt, sehe ich zu meiner Freude, dass er nicht taumelt, aber er ist auch nicht so sicher auf den Beinen wie früher. Sein Körper wird Zeit brauchen, um zur Gänze zu genesen. »Ihr könnt nicht beabsichtigen, in Crunards Gemächer zu stürmen und ihn zum Kampfherauszufordern«, sage ich.
»Ich kann nicht?«
»Ihr seid gerade wieder in der Lage, Euch auf den Beinen zu halten.«
»Trotzdem, ich werde ihn zur Rede stellen, denn ich bin es leid, mich im Dunkeln zu verstecken, während er alles zerstört, wofür wir gekämpft haben.«
Wir schweigen, während wir durch die Tunnel zu meinem Zimmer zurückgehen, und wir werden beide von unseren Gedanken verzehrt, denn Crunard hat jeden von uns viel gekostet. Obwohl er immer noch schwach ist, geht Duval voran, denn er ist vertrauter mit diesen Tunneln als ich. Einmal mehr staune ich darüber, wie er das all diese Zeit ertragen hat, denn die engen Steinmauern bedrängen mich, nehmen mir den Atem und lassen mir die Haare zu Berge stehen.
Endlich sehe ich einen schwachen Lichtschein vor mir und beschleunige den Schritt, wobei ich Duval beinahe auf die Fersen trete. Er ächzt, dann stolpert er vorwärts. Als er die Tür erreicht, erstarrt er, dann streckt er den Arm aus und schiebt mich zurück in den Tunnel. »Crunard«, sagt er laut, und jeder Nerv in meinem Körper ist plötzlich hellwach.
Dreiundfünfzig
»AH, IHR LEBT TATSÄCHLICH noch. Das dachte ich mir doch; es war die einzige Erklärung, die einen Sinn ergab.«
Sorgfältig darauf bedacht, verborgen zu bleiben, drücke ich mich an die Steinmauer; das Herz hämmert mir in der Brust, während die kalte, harte Stimme des Kanzlers meine Ohren erfüllt.
»Kommt herein, kommt herein, bleibt nicht an der Tür stehen.« Zuerst denke ich, er spricht mit mir, dann sehe ich Duval von dem Tunnel weg und in den Raum treten. »Außerdem haben wir beide noch ein Schachspiel, das wir beenden müssen«, fügt er geziert hinzu, und das ist der Moment, in dem ich begreife.
Ich weiß genau, wo Duval mit Arduinnas Köder in Berührung kam. Ich würde am liebsten vor Wut mit dem Kopf an die Wand schlagen.
»Ist es das, was wir getan haben, Crunard? Ein Schachspiel gespielt? Wenn ja, werde ich gestehen, dass mir nicht klar war, dass Ihr derjenige wart, gegen den ich gespielt habe, bis Ismae ihren Verdacht zum Ausdruck gebracht hat.« Duval klingt stark und fest, und ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass er zur Gänze genesen ist, oder daran, dass er entschlossen ist, sich vor Crunard keine Schwäche anmerken zu lassen.
»Das Mädchen ist vor Euch dahintergekommen, nicht wahr? Das muss schmerzen, aber das Kloster ist nicht dafür bekannt, dass es Narren großzieht.«
»Sie hatte auch nicht ein ganzes Leben voller Erinnerungen und familiärer Loyalitäten, die ihre Sicht trübten. Ich habe Euch gegen ihre Anklagen verteidigt.« Jetzt zittert Duvals Stimme, aber wegen des Schmerzes über Crunards Doppelzüngigkeit, nicht vor Schwäche. »Ich habe ihr erklärt, dass einer der größten Helden unseres Landes und der engste Verbündete meines Vaters niemals meine Schwester
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