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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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dass das ebenfalls total verquer ist. Nirgendwo sonst gibt es so bizarre Bestattungsgesetze. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es anderswo überhaupt welche gibt.«
    »Doch, die gibt es, nur nicht so wie hier.« Er presste die Lippen zusammen, und sie erinnerte sich, dass er auf diese Weise seinen Zorn unterdrückte. »Hier werden Tatorte mit Bleiche und Essig geputzt. Hier bringt man den Leichnam weg, damit das Haus aussieht wie unberührt.«
    »Haus?« Sie spürte, wie sie schwankte. »Sie ist im Haus ermordet worden?«
    Wieder umfasste und stützte er sie. »Das war kein besonders gelungener Versuch, es dir schonend beizubringen, was?«
    Rebekkah setzte sich ins Gras. »Wieso hat mir das nur niemand erzählt? Wieso hast du es mir nicht erzählt?«
    Byron ließ sich neben ihr nieder. »Wann hätte ich das tun sollen?« Sein Tonfall war nicht boshaft, aber doch schneidend. »Als du an der Gepäckausgabe gestanden hast, als du unter deinem Jetlag gelitten hast und schlafen musstest – oder gerade eben beim Trauergottesdienst?«
    »Nein.« Rebekkah zupfte an einem Grashalm. »Ich meine nur … warum sagt mir das niemand? Ich verstehe ja, dass alle mich schonen wollen, wirklich. Vielleicht weiß ich das sogar zu schätzen. Aber sollte man mich nicht informieren, wenn meine Großmutter ermordet wird? Hätte nicht jemand anrufen müssen oder … Keine Ahnung, irgendetwas …«
    »Ich weiß es nicht.« Er holte tief Luft, und dann erzählte er ihr, wie er Maylenes Haus betreten und versucht hatte, eine Spur, einen Hinweis, irgendetwas zu finden – und kein Glück gehabt hatte. »Durch die Begräbnisverordnungen geht alles so schnell«, setzte er hinzu, »und ich bin Bestatter und kein Detektiv.«
    »Klar.« Sie wischte sich die Hände am Kleid ab. »Zu wissen, was passiert ist, bringt sie mir auch nicht zurück. Lass mich zuerst diesen Tag überstehen – oder wenigstens die Nachfeier.«
    Er stand auf und half ihr hoch. Dann sah er sie unverwandt an, ohne ihre Hand loszulassen. »Sag mir einfach, was du brauchst«, erklärte er. »Ich bin da … obwohl du darauf beharrst, mich so weit wegzuschieben, dass wir nicht einmal Freunde sein dürfen. Ich habe dir versprochen, immer für dich da zu sein, und daran hat sich nichts geändert.«
    Rebekkah hielt inne und betrachtete ihn. Er hatte ihr zur Seite gestanden, als Ella gestorben war. Er hatte sie in den Armen gehalten und ihr genau das versprochen. In den ersten Wochen nach Ellas Tod war er ihr Rettungsanker gewesen, und als sie mit ihrer Mutter hatte umziehen müssen, hatte es Rebekkah schier in Stücke gerissen bei dem Gedanken, Byron zu verlieren.
    »Das ist lange her«, sagte sie, doch es nutzte nichts.
    Er ließ ihre Hand los. »Ich kann mich nicht erinnern, dass so etwas zeitlich begrenzt wäre. Du?«
    Was immer ich brauchen mag, dachte sie.
    »Ella hätte es zu schätzen gewusst«, murmelte sie und ging weiter.
    Neben ihr schüttelte Byron den Kopf. »Ich tue es nicht für Ella, sondern für dich .«
    Einen Moment lang verspürte Rebekkah den Schmerz, seine Freundschaft verloren zu haben. An einem einzigen Tag hatte sie beide verloren. Damals hatte sie es nicht erkannt, aber Ellas Tod hatte dazu geführt, dass sie auch Byron verloren hatte. Nicht lange nach Ellas Tod hatte ihre Mom Jimmy verlassen, und sie waren weggezogen. Danach hatte es ihre Mutter nicht ausstehen können, wenn Rebekkah mit Byron redete. Sie hatte nie versucht, Rebekkah von Maylene fernzuhalten, aber jede Erwähnung von Claysville – oder einem der Stadtbewohner – hatte zum Streit geführt.
    Als wäre nichts davon je geschehen.
    Sie warf Byron einen Blick zu. »Wir sind Freunde. Das weiß ich. Nicht wie damals, aber … es hat sich vieles verändert.«
    »In der Tat«, pflichtete er ihr in ausdruckslosem Tonfall bei, den er immer dann anschlug, wenn er einer Auseinandersetzung aus dem Weg gehen wollte.
    Aber dieses Mal nicht.
    »Manchmal denke ich an damals«, gestand sie leise. »An uns alle … Ich glaube, Maylene wusste immer, was wir anstellten, auch wenn wir uns für noch so schlau hielten. Und deine Mom war genauso schlimm.«
    »Sie waren gute Menschen, Bek. So erinnere ich mich an meine Mom. Wenn du mir früher gesagt hättest, dass mir ihre Strenge einmal ebenso sehr fehlen würde wie ihre anderen Seiten …« Er schüttelte den Kopf, aber er lächelte. »So komme ich damit zurecht. Ich vermisse sie noch immer, aber erinnere mich auch an sie. An das Gute und das

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