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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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war und dass sie darauf zugehen musste. Als die neue Frau ihr Fläschchen auf dem Boden ausgegossen hatte, da hatte sie zu leuchten begonnen, bis dieses Strahlen ihren ganzen Körper erfüllte.
    Die übrigen Trauergäste waren gegangen. Selbst wenn sie geblieben wären, hätte Daisha nicht zu ihnen gehen und sie fragen können. Nur der Bestatter und die heulende Frau warteten.
    Ein Zittern erfasste Daisha, und der Mittelpunkt, den sie gehabt hatte, verblasste immer mehr. Sie selbst verblasste. Daher flüchtete sie, bevor ihr Körper sich wieder in alle Winde zerstreuen konnte.

14. Kapitel
    Als sie zum Wagen gingen, hielt Liz ihre Mutter fest, allerdings nicht auf beschützende Art, sondern in einem Griff, der besagte: Bitte, Mama, mach jetzt keine Szene! Doch Cissy akzeptierte den stützenden Arm nur, solange die Leute zusahen. Sobald sie am Auto ankamen, schüttelte sie ihn ab.
    Liz verdrängte ihre schuldbewusste Erleichterung. Es gab keine ideale Methode, um Beerdigungen zu überstehen, denn alle erinnerten nur daran, was Liz und ihre Schwester nicht waren.
    Nicht gut genug.
    Nicht auserwählt.
    Keine Graveminder.
    Um die Wahrheit zu sagen, wünschte sich Liz eigentlich nicht, die Totenwächterin zu werden. Sie wusste alles darüber, kannte den Vertrag und die Pflichten, aber dadurch brannte sie noch längst nicht darauf, selbst Graveminder zu werden. Ihre Mutter und ihre Schwester schienen sich gekränkt zu fühlen, aber ein Leben voller Sorge um die Toten erschien Liz nicht verlockend. Natürlich redete sie ihrer Mutter nach dem Mund – als Alternative hätte sie ihren Handrücken im Gesicht gespürt –, aber sie wünschte sich das Gleiche wie die meisten Frauen in Claysville: die Chance auf einen guten Mann, der bereit war, sich in die Schlange einzureihen und um das Recht zu bewerben, möglichst bald ein Kind zeugen zu dürfen.
    Obwohl die Vorstellung, mit Byron ins Bett zu gehen, nicht schlimm gewesen wäre.
    Sie warf ihm noch einen verstohlenen Blick zu. Er war bis über beide Ohren in Rebekkah verliebt, doch das war eine unvermeidliche Nebenwirkung dieser ganzen Graveminder-Undertaker-Geschichte. Ihre Großmutter und Byrons Vater hatten einander schöne Augen gemacht, solange Liz denken konnte. Gleich und gleich gesellte sich gern. Sie schüttelte den Kopf. Trotz allem war Maylene ihre Großmutter gewesen, und sie hätte sich schämen sollen, schlecht von ihr zu denken, nachdem sie gerade erst unter der Erde war. Und dafür, bei einer Beerdigung lüsternen Gedanken nachzuhängen. Erneut warf sie Byron einen Blick zu.
    »Sieh ihn dir an!«, murrte Teresa. »Kann die Augen nicht von ihr lassen. Ich hätte keine Probleme, ihm zu widerstehen, wenn ich … du weißt schon.«
    Liz nickte, dachte aber bei sich, dass sie Byron gar nicht würde widerstehen wollen . »Nicht alle Graveminder heiraten den Bestatter. Grandmama Maylene hat es nicht getan. Du müsstest nicht … mit ihm zusammen sein.«
    Teresa schnaubte. »Und das ist auch gut so. Ich will keinen Mann, der mit unseren beiden Cousinen geschlafen hat.«
    »Die da ist nicht eure Cousine.« Cissy tupfte sich die Augen ab. »Euer Onkel hat diese Frau geheiratet, aber deswegen ist dieses Gör noch lange nicht eure Cousine. Rebekkah gehört nicht zur Familie.«
    »Grandmama Maylene fand aber …«
    »Eure Großmutter hat sich geirrt.« Cissy hielt ihr spitzengesäumtes Taschentuch so, dass es den höhnisch verzogenen Mund verbarg.
    Liz unterdrückte ein Aufseufzen. Trotz ihrer Stärken hatte ihre Mutter eine altmodische Vorstellung von Familie. Das Blut stand an erster Stelle. Cissy hatte es nicht gebilligt, dass Jimmy eine Frau mit Kind heiratete, und erst recht nicht, dass Rebekkah noch ein paar Jahre lang regelmäßig zu Besuch gekommen war, selbst nachdem diese Frau ihn verlassen hatte. Rebekkah war in ihrem ersten Highschooljahr hergekommen und vor ihrem Abschluss wieder weggezogen, aber sie war nach Jimmys und Julias Scheidung und dann nach Jimmys Tod weiterhin regelmäßig nach Claysville gekommen. Ob es einem passte oder nicht, Rebekkah war ebenso Maylenes Enkelin wie die Zwillinge – und genau da lag das Problem.
    Blutsverwandtschaft war wichtig, besonders für eine Barrow.
    Leider vermutete Liz, dass ihr Blut sie zur nächsten Kandidatin genau dafür machte, was sowohl Teresa als auch ihre Mutter anstrebten, und sie fühlte sich zwischen dem Wunsch, ihrer Mutter zu gefallen, und der Sehnsucht nach Freiheit hin- und hergerissen. Natürlich

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