Gray Kiss (German Edition)
Augen wurde sichtbar. „Hörst du? Keiner von ihnen darf jemals etwas über deine leiblichen Eltern erfahren!“
„Ist ja gut. Entspann dich.“ Ich nahm seine Hand. Zwischen uns stoben die Funken, und langsam verschwand der wahnsinnige Ausdruck auf seinem Gesicht wieder.
Haut auf Haut. Ihn zu berühren, entfachte meinen Hunger aufs Neue, das Wichtigste allerdings war jetzt erst mal, dass er sich beruhigte.
Die anderen waren nur darüber im Bilde, dass ich die Lichtsäule sehen konnte. Die volle Wahrheit kannten sie nicht.
„Wieder besser?“, fragte ich.
„Viel besser.“ Er nickte und umschlang meine Finger kurz mit seinen. Es fühlte sich herrlich und qualvoll zugleich an. Dann ließ er widerwillig meine Hand los. „Mir ist klar, dass dir manche Dinge, die ich erledigen muss, nicht gefallen, dennoch musst du mir vertrauen.“
„Das möchte ich ja gerne …“
„Aber?“
Mein Mund wurde trocken, als ich ihm nun in die Augen schaute. „Wie kann ich jemandem trauen, der mir nicht mal seinen echten Namen verrät?“
„Ich heiße Bishop.“
„Doch das war nicht immer dein Name.“
„Nein. Nicht immer.“ Er erwiderte eindringlich meinen Blick, und einen Moment lang dachte ich, er würde es mir sagen. Doch dann verschloss sich er sich wieder, und ich hatte keine Chance, hinter seine Schutzmauer zu sehen.
Versteht mich nicht falsch. Ich mochte seinen Namen. Wirklich. Er passte zu ihm. Aber es war nun mal kein echter Name. Er war erfunden, wie bei einem Hollywoodstar, der seine hässliche Vergangenheit hinter sich lassen wollte.
Jetzt fühlte ich mich noch unbehaglicher als vor unserem Vieraugengespräch. Wortlos folgte ich Bishop die dunkle Gasse entlang, zurück zu den anderen. Roth kauerte immer noch neben dem Engel, den Dolch in der Hand. Er betrachtete das Mädchen mit einer Art Raubtierblick.
„Was tust du denn da?“, wollte ich wissen.
„Sie ist echt sexy. Zu schade, dass sie ein Engel ist.“ Er grinste mich kühl an. „Ich habe unter ihrem Pullover nachgeschaut.“
Ich sah rot vor Wut. „Fass sie noch mal an und ich bringe dich eigenhändig um.“
„Bleib mal locker, Gray-Mädchen.“ Kraven stand mit verschränkten Armen daneben. „Ich habe ja auf ihn aufgepasst. Keine Sorge, er hat nichts gemacht. Er hat nur einen Blick auf ihren Rücken geworfen.“
„Sie riecht so gut.“ Roth ging tiefer in die Hocke und hielt sein Gesicht dicht vor ihres. „Nach Erdbeeren mit Sahne. Ich glaube, ich kriege Hunger.“
„Weg von ihr“, warnte Bishop ihn.
„Hol mich weg.“
Ich wollte dieses wehrlose Mädchen einfach nur beschützen. Ich war schon auf dem Weg zu Roth, um ihm mit meinen spitzen Schuhen einen gewaltigen Tritt zu verpassen, da japste das Mädchen und öffnete die Augen.
„Wiederauferstanden von den Toten.“ Roth bedachte sie mit einem zweideutigen Lächeln. „Willkommen zurück, schöne Frau.“
Sie starrte den Dämon an, der mit gezücktem Messer über ihr kauerte. Dann schoss ihre Hand nach vorn, und sie umklammerte seine Kehle.
„Runter von mir.“ Sie hob ihn an und schleuderte ihn auf die Erde. Mit Leichtigkeit entwaffnete sie ihn und hielt nun den Dolch an seinen Hals.
Überrascht stellte er fest, dass sie auf seiner Brust hockte.
„Das habe ich nun wirklich nicht erwartet“, bemerkte Kraven, der immer noch gegen die Hauswand gelehnt dastand. „Aber es gefällt mir.“
„Ganz ruhig.“ Bishop schritt auf den wütenden Engel zu. „Alles in Ordnung.“
„Wie soll das hier in Ordnung sein?“, erwiderte sie. „Er hat an mir geschnüffelt wie ein geiler Köter. Sehr unprofessionell. Er muss einer der Dämonen sein.“
„Das gefällt mir“, sagte Roth anzüglich grinsend. „Du darfst dich jederzeit auf mich setzen, schöne Frau. Mit oder ohne Kleider.“
„Du bist widerlich.“ Sie drückte den Dolch so dicht an seine Kehle, dass sie ihn schnitt. Er zuckte zusammen, da Blut über seinen Hals rann. „Ich hasse Dämonen.“
Mit einer einzigen, mühelosen Bewegung sprang sie auf die Füße und inspizierte die goldene Waffe genauer. Sie schaute Bishop an. „Wer ist hier der Anführer?“
„Das bin ich“, antwortete er.
„Kommt auf den Tag an“, mischte sich Kraven ein.
Die Blondine warf ihm einen kurzen Blick zu. „Du bist auch so ein Dämon, stimmt’s?“
„Ist es mein Parfum oder mein gutes Aussehen, das mich verraten hat?“
Ich war schwer beeindruckt. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass diese Frau ängstlich und unsicher
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