Gray Kiss (German Edition)
stärker als andere Menschen.“
„Ich bin ganz gut in der Schule“, fühlte ich mich bemüßigt zu entgegnen. „Rein mental, meine ich.“
Cassandra und die anderen durften niemals herausfinden, was ich wirklich war, denn dann würde ich in noch größeren Schwierigkeiten stecken als jetzt schon. Wenn es Engeln und Dämonen verboten war, zusammen zu sein - und zwar so sehr, dass ihre Liebe zu einem Dämon meine Mutter zerstört und meinen Vater dazu gebracht hatte, ihr ins Schwarz hinterherzuspringen …
„Samantha ist anders, als ich es erwartet hatte“, bemerkte Cassandra. „Man hat mich zum Thema Grays gebrieft, und ich dachte, sie wären alle gleich.“
„Ich weiß.“ Bishop verschränkte die Arme vor der Brust. „Man hat uns erzählt, wir würden auf hirnlose Kreaturen treffen, die allein von ihrem Hunger gesteuert werden, geschaffen von einem anormalen Dämon, der Seelen verschlingt. Das stimmt auch. Abe nicht allen, die geküsst wurden, ergeht es so. Ich glaube, nicht nur Samantha ist anders. Wir haben damit begonnen, diejenigen zu eliminieren, die komplett den Verstand und die Kontrolle über sich verloren haben. Alles andere wäre Mord.“
Als ich das hörte, verspürte ich eine gewisse Erleichterung. Sie rannten also nicht wahllos durch die Stadt und brachten Grays um die Ecke.
„Bist du deswegen hier?“, fragte ich Cassandra. „Weil noch nicht alle Grays ausgelöscht wurden? Weil die Barriere immer noch da ist? Bist du … etwa für die Qualitätssicherung verantwortlich und hat man dich hierher geschickt, um zu beurteilen, wie die Lage ist?“
Immer, wenn ich nervös war, fing ich an zu plappern und Fragen zu stellen. Offen gestanden, wunderte ich mich selbst, wie lange ich den Mund gehalten hatte.
„Ja, Blondie“, schaltete Kraven sich in die Unterhaltung ein. „Was machst du überhaupt hier?“
„Ich habe natürlich eine Mission. Ein Teil dieser Mission besteht tatsächlich darin zu beurteilen, wie erfolgreich das Team ist …“, sie zögerte, „beziehungsweise wie erfolglos.“
„Und worin besteht deine eigentliche Aufgabe?“, erkundigte sich Bishop spitzfindig.
Bevor sie antwortete, bedachte sie uns vier mit einem Blick. „Wir wissen, dass das Schwarz derzeit nicht normal agiert.“
Allein die Tatsache, dass dieser Name laut ausgesprochen wurde, sorgte für ein unangenehmes Gefühl bei mir.
„Sind interdimensionale Portale zu übernatürlichen Friedhöfen schon jemals verlässlich gewesen?“ Bishop klang ein wenig zu lässig.
Er besaß denselben verdrehten Sinn für Humor wie Kraven, zeigte ihn aber als Anführer des Teams eher selten. Doch seit Cassandra da war, war er anders. Entspannter, umgänglicher. Mir schoss die Frage durch den Kopf, ob er sich mit ihr wohlfühlte - oder ob genau das Gegenteil der Fall war.
„Was wisst ihr darüber?“, hakte Cassandra nach, während sie zu Roth hinübersah.
Er zuckte die Achseln. „Das Portal öffnet sich immer dann, wenn es nötig ist - beim Tod eines übernatürlichen Wesens. Es saugt den Dreck ein, dann schließt es sich wieder. Bis auf die Tatsache, dass es die Grays wieder ausgespuckt hat, um mit ihnen die Stadt zu überschwemmen, scheint es ganz normal zu funktionieren.“
Sie runzelte die Stirn. „Es stimmt also. Was einmal im Schwarz gelandet ist, hat nun die Chance, es wieder zu verlassen.“
Ich musste gar nicht hinschauen, um zu bemerken, dass Bishop näher an mich herangerückt war. Ich spürte es.
„Davon gehen wir aus“, entgegnete er. „Wenn ein übernatürliches Wesen sich im Schwarz wiederfindet, gibt es neuerdings eine Möglichkeit zu entkommen. Doch da die Barriere alles hier festhält, was in der Stadt sein Unwesen treibt, haben wir die Sache unter Kontrolle.“
„Und sitzen selbst in der Falle wie die Ratten“, murmelte Roth. „Alle Grays müssen sterben. Wer anders denkt, zögert nur das Unvermeidliche hinaus. Und nur mal fürs Protokoll: Ich finde nicht, dass Bishops Lieblings-Gray hier verschont werden sollte. Schließlich haben wir nicht den blassesten Schummer, ob sie ihre Seele wiederbekommen kann.“
„Wie war das?“ Cassandra sah wieder mich an. „Deine Seele existiert noch?“
„Derjenige, der sie genommen hat, hat sie als Ganzes aufgesaugt“, antwortete Bishop noch vor mir. „Der Plan ist, ihn zu finden, und sie ihr zurückzugeben.“
Sie betrachtete mich wieder wie ein Wissenschaftler eine faszinierende Mikrobe. „Deswegen bist du also anders, Samantha.“ Sie
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