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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Riesige Reflektoren und Tausend-Watt-Scheinwerfer waren auf die Zinnen gerichtet. Der rissige Asphalt des Burgparkplatzes war unter den Reihen der Fünftonner, Anhänger, Generatoren und Cateringfahrzeuge fast nicht zu sehen, die zusammengezogen waren, um das Mädchen in dem grünen Sari zu belagern: eine Attacke aus Tönen und Licht. Rocky und Vivek hockten hinter einer Kamera auf einem Hydraulikkran. Jedes Mal, wenn Rocky »Action!« rief, hob sich die winzige Plattform dem Mädchen entgegen, das sich zu ihr herumdrehte und in einer Geste der Verzückung die Arme ausbreitete. Zwischen den einzelnen Aufnahmen wurden die Scheinwerfer gedimmt, und hinter Türmchen und Zinnen kamen Gestalten hervor, die Kleidung und Make-up richteten und Miss Zahir einen Schluck Wasser und einen Klappstuhl brachten. Dann wurde der ganze Vorgang wiederholt, die verstärkten Violinen und die hohe Frauenstimme, die Attacke aus Licht, der Augenblick äußerster Hemmungslosigkeit.
    Es war außerordentlich. Gaby war schon auf vielen Filmsets gewesen, aber selbst aus der Ferne spürte sie Leelas Macht über die Kamera. Es war, als hätte sie diese Ansammlung von Menschen und Geräten durch ihre Willensstärke an sich gezogen. Die Crew, wie alle Crews aus Berufsprinzip gelangweilt und zynisch, schien fasziniert zu sein.
    Als die Aufnahme im Kasten war, wurden die Kameras für Nahaufnahmen von Leela an der Spitze ihrer Tanztruppe aufgestellt. Gaby streifte vorsichtig um eine Gruppe von Elektrikern herum, die Kabel mit einem Verteiler verbanden, und versuchte Iqbal ausfindig zu machen. Falls Leela plötzlich wieder ihr Ich als Filmstar entdeckte, wäre sie vielleicht auch imstande, ein paar Interviews zu geben. Vor dem Besuchercenter, einem L-förmigen Holzbau, in dem ein Eintrittskartenschalter, der Andenkenladen Scotch Mist und die Snackbar Jac-o’-Bite untergebracht waren, stand eine Zuschauermenge, die sich annähernd gleichmäßig in Einheimische, Presse und asiatische Fans aufteilte. Ein Plastikband trennte sie von der Filmcrew, aber einige der Fotografen wanderten um die Umzäunung herum, machten Teleaufnahmen von Leela und hockten am Boden vor Laptops, um die Fotos an ihre Agenturen zu mailen. Sie hatten unterschiedlichen Erfolg. Während Gaby zusah, stand einer von ihnen auf und warf seinen Computer in den See. Er verschwand mit einem dumpfen Platsch.
    Sie fand den Produzenten in Gesellschaft eines rotgesichtigen Mannes in einem Barbour-Wettermantel, der sich lässig gegen einen Spazierstock lehnte, der fast so lang wie er selbst war. Die braunen Cordhosen des Mannes waren ostentativ in ein Paar dicke Socken gestopft, die ihrerseits in einem Paar derber brauner Lederstiefel verschwanden. Iqbal gab sich alle Mühe, dem anderen etwas verständlich zu machen, indem er salbungsvoll auf bestimmte Aspekte der Produktion aufmerksam machte und den Zusammenhang der gerade entstehenden Szene beschrieb. »Sehr emotionales Lied, Mylord«, sagte er gerade. »Das einem das Herz zerreißt und in die Därme fährt, daran gibt’s keinen Zweifel.«
    Dies war, vermutete Gaby, der Gutsherr von was-auch-immer, der Besitzer von Dimross Castle. Als sie näher kam, winkte Iqbal Rajiv Rana, der heranschlenderte, um vorgestellt zu werden. Er trug ein Kostüm, das man nur als Diskotweed bezeichnen konnte, eine Orgie aus Sumpfgrün- und giftigen Gelbtönen, die von einem Jägerhut gekrönt war. Jetzt erblickte er Gaby und zögerte. Der Scheißkerl sah sich tatsächlich nach einem Fluchtweg um. Gaby war fassungslos. Wofür hielt Rajiv sich denn? Sie hatte ihm den Gefallen getan, nicht andersherum. Sie hielt ihre Wut im Zaum und wartete, während Rajiv dem Rotgesicht vorgestellt wurde.
    »Lord of Dimross. Mylord, dies ist unser Hauptdarsteller, Mr. Rajiv Rana.«
    »Mylord«, sagte Rajiv. »Es ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen. Ziemlich cool, Ihr Besitz.«
    »Ähm, vielen Dank.« Dimross drehte sich unvermittelt zu Gaby um. Unter seinem verknöcherten Äußeren war er wahrscheinlich erst Anfang vierzig. Er schien erfreut, sie zu sehen.
    »Und wer ist wohl diese bezaubernde Dame?«
    Iqbal machte eine vage Gebärde mit seinen Händen. »Sie ist für unsere Öffentlichkeitsarbeit da. Camilla – Jamila – äh …«
    »Gabriella Caro. Guten Tag.«
    Der Gutsherr schüttelte ihr energisch die Hand. »Dimross. Guten Tag. Nennen Sie mich Kenny. Sie gehören also mit zu dieser Truppe?«
    »Ich arbeite für eine Public-Relations-Firma in London. Sie haben großes

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