Grayday
unternehmen?«
»Gewiss, gewiss.«
Rajiv Rana kam die Treppe heruntergeschlendert. Er trug enge Jeans und ein Jeanshemd, das aufgeknöpft war, um seinen enthaarten Brustkorb sehen zu lassen.
»Ah, didi! Sie sind eine Wunderheilerin! Es ist ein Wunder, welche Wirkung Ihre Anwesenheit auf die junge Dame hat.«
Er umarmte Mrs. Zahir wie eine alte Freundin, wobei er dem Blick Gabys auswich, die mit Abscheu beobachtete, wie die andere affektiert lächelte und ihm mit den Fingern über den Kragen strich. Ihr kam der Gedanke, dass die beiden vielleicht einmal ein Paar gewesen seien. Die Vorstellung ekelte sie.
»Rajiv- bhai«, schnurrte Mrs. Zahir, »Sie sehen gut wie immer aus.«
Er lachte überschwänglich. »Jetzt wo Sie hier sind, Faiza, werden wir arbeiten können.«
»Das ist eine wunderbare Nachricht für alle Beteiligten. Kann mir jetzt vielleicht jemand mein Zimmer zeigen?«
Mrs. Zahir beschloss, mit dem Hotel unzufrieden zu sein. Es sei zu abgelegen. Die Pagen, die sich gegenseitig Fratzen schnitten, während sie ihre Koffer nach oben wuchteten, seien weder hübsch noch gepflegt. Auch das Durcheinander der vielen Andenken missfiel ihr.
Ihr Zimmer mit seinen unebenen Dielen und der Blümchentapete war kaum bewohnbar. Darin stand ein großes Holzbett, und alte Fotos von Männern in Röcken und von haarigen Kühen und Ähnlichem hingen an den Wänden. Weiterer staubiger Unsinn. Eine Freundin hatte ihr neulich einen vastu- Fachmannempfohlen, einen gut aussehenden jungen Hindu, der auch als Astrologe arbeitete. Er hatte in Amerika studiert, war auf allerneustem Stand und hatte kürzlich ihren Biorhythmus Schritt für Schritt dem Rhythmus des Universums angepasst. Es war sehr wohltuend. Sie beschloss, ihn anzurufen und um Rat zu fragen. Vielleicht sollte das Zimmer für die Dauer ihres Aufenthalts gereinigt werden. Vielleicht sogar gestrichen.
Ärgerlicherweise ging Mr. Vastu nicht an sein Telefon. Faiza Zahir zog ihre Reisekleider aus und bestellte Tee. Draußen heulten die Motoren der Autos und Lastwagen, die die Crew um den See zu der Burg beförderten. Irgendein Lakai klopfte an ihre Tür, um ihr mitzuteilen, dass ihre Tochter bereit sei, zum Set zu fahren. Faiza ließ ausrichten, dass sie später nachkommen werde. Sie musste sich hinlegen und ihre Gedanken sammeln. Sie musste nachdenken.
Das kleine Miststück führte etwas im Schilde, da war sie sich sicher.
Die Reise war eine Strapaze gewesen. Die Flugsicherung in Mumbai war zusammengebrochen, und der Rückstau der abzufertigenden Flüge hatte immense Verspätungen verursacht, auch nachdem der Flughafen wieder geöffnet worden war. Verblüffend, dass alles wegen Leela geschah. Anfänglich hatte Faiza diese ganze Computer- tamasha für eine Katastrophe gehalten, aber je mehr sie darüber erfuhr, desto mehr erkannte sie, dass es eine günstige Gelegenheit war. Leelas Name war seit Jahren ein Begriff in Indien. Nun aber wurde ihr Gesicht in der ganzen Welt bekannt. Mrs. Zahir hatte immer schon solche Ambitionen gehegt. Ihre Tochter hatte bleiche Haut, einen hageren Körper. Weder mit einer desi- Kartoffelnase noch mit ghi- genährter Fettleibigkeit war das Mädchen geschlagen. Sie besaß ein internationales Äußeres. Diese Geschichte mit dem Virus konnte sich als das perfekte Sprungbrett erweisen.
Dann hatte Iqbal angerufen und gesagt, Leela sei krank. Und nach Iqbal meldete sich Rajiv. Dass der überhaupt anrief! Faiza erkannte, wie ernst die Lage sein musste. Am Telefon hatte er besorgt geklungen. Er hatte gesagt, er glaube nicht, dass etwas nicht in Ordnung sei, aber aus irgendeinem Grund wolle sie nicht arbeiten. Als Faiza mit ihrer Tochter redete, hatte diese sich ziemlich krank angehört und etwas von kalter Zugluft und Bauchschmerzen erzählt. Faiza beschloss, sanft zu sein. Es war zwecklos, sie unter Druck zu setzen, ohne die Ursache zu kennen. Sie war schließlich der Schlüssel zu allem. Nur wenn Leela sich ernsthaft an die Arbeit machte, konnte Faiza die Verbindungen zu Zahir lösen. Der Affe wusste, dass seine einzige Macht über sie sein Geld war.
Als Rajiv erneut anrief, riet Faiza zu Vorsicht, aber auch sie war der Meinung, dass dies nicht die richtige Zeit dafür war, dass das Mädchen Schwierigkeiten machte. Wenn Baby Aziz Geld in einer Produktion hatte, durfte man nie Schwierigkeiten machen. Während sie darauf wartete, dass ihr Reisebüro zurückriefe, um ihr den Fahrpreis mitzuteilen, bedauerte Faiza, dass sie Leela allein hatte
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