Green Franchising
genussvoll rekeln. Die beiden Schaufenster sehen sehr licht, hell, freundlich, ja fast designt und einladend aus. Neben vielen verschiedenen, sehr echt aussehenden Brotlaiben, die wahrscheinlich von Architekten für Theaterkulissen hergestellt wurden, sehen wir kleine Textaufsteller. Hier findet sich einerseits der Ethik-Kodex von »Brot für Menschen«, andererseits sind die zehn Leitsätze des Handelns dargestellt. Sie lauten unter anderem: »Wir wollen, dass kein Mensch unter Hunger leiden muss. Wir wollen, dass Menschen aufeinander achtgeben. Wir wollen, dass Menschen achtsam mit ihrer Nahrung umgehen. Wir wollen, dass Brot Wertschätzung erfährt.« Und so weiter. Entsprechend eingestimmt betreten wir das volle Geschäft. Während ein paar Kunden am Verkaufstresen bedient werden, tragen sich andere in Newsletter-Listen ein, stöbern in Projekt-Dokumentationen, beantragen Patenschaften oder reden bei einem Kaffee im Stehen miteinander. Nicht der schnelle Kauf einer Semmel steht im Vordergrund, etwas Größeres, Umfassenderes ist im Raum wahrnehmbar. Dieser ist übrigens nicht viel größer als sonstige klassische Bäckereien. Wir schauen uns die Foto-Ausstellung, gerahmt in Kleinformaten, an den Wänden an. Verschiedene Projekt-Initiativen sind in sensiblen Schwarz-Weiß-Aufnahmen dargestellt. Und wir staunen. Erwartet haben wir schon Sammel-Projekte für Indien, Indonesien, Mittelamerika, die Philippinen oder Vietnam. Aber hier gibt es auch Projekte gegen die Armut in Deutschland, und zwar ganz konkret in der Region verankert. Jedes sechste Kind in Deutschland – das wären rund drei Millionen Kinder – 45 wächst in Armut auf, heißt es da. Und weitere rund 500.000 Kinder in Deutschland werden regelmäßig nicht ausreichend ernährt und leiden immer wieder Hunger. 46 Durch den Kauf bei »Brot für Menschen« könne man ganz konkret etwas gegen diese Missstände tun. Das Angebot reicht von Spendenmöglichkeiten über eine aktive Teilnahme an Seminaren und Workshops im Bezirk bis zu »Brotadoptionen« für Brotpaten und Brotpatinnen. Wichtig sei die Sensibilisierung für das Thema, dass den Menschen dieses Problem also bewusst werde und sie die Hilflosigkeits- oder anonyme Komfortzone verließen und aktiv würden, erfahren wir später von Gerlinde an der Kasse. Und Klaus, der uns mit einem lächelnden »Es möge Glückssterne regnen« begrüßt hatte, fügt hinzu: »Bei uns gibt es keine Backwaren, sondern Anregungen für eine bessere Menschwerdung. Sobald Menschen bei uns ganzheitlich erfahren, dass sie ganz persönlich aktiv dazu beitragen können, im Kleinen Dinge positiv zu verändern, kommt bei ihnen sehr oft große Freude, Genugtuung, ja ein Glücksgefühl auf. Und es dauert nicht lang, bis sie auch größere Veränderungen in ihrem Umfeld und damit in der Gesellschaft vornehmen. Und wir, als Franchise-Nehmende, können uns ebenfalls mit unseren Ideen, Anliegen und Bedürfnissen für eine bessere Welt einbringen.« Dafür habe das System von der Konzeption her bereits Freiraum eingeplant. Und ja, sie seien glücklich mit ihrer Entscheidung zum System.
Es bleibt anzumerken, dass auch bei »Brot für Menschen« der gesamte Herstellungsprozess transparent nachvollziehbar ist. Die feinen Bestandteile und der überwachte Herstellungsprozess in traditionellen Maschinen sorgen für einen einmalig intensiven und überragenden Geschmack. Backwaren, die im Gedächtnis bleiben. Das passiert wirklich nicht oft. Noch stärker wirkt der Impuls, den ein Besuch bei »Brot für Menschen« auslöst. Danach ist man/frau einfach nicht mehr der-/dieselbe.
2.5 Klassische Franchise-Systeme zielen auf Gewinnmaximierung
Am Anfang dieses Kapitels haben wir bereits darauf hingewiesen, dass Klassische Franchise-Systeme ganzheitlich arbeiten. Ganzheitlichkeit dreht sich hierbei immer um die Gesamtheit der Markenpersönlichkeit. Das System wird nicht fraktal geführt und zerfällt auch nicht in unabhängig voneinander agierende Einzelteile nach dem Motto »Hier die für sich autonom arbeitende System-Zentrale, dort die frei am Markt interagierenden Franchise-Nehmer und -Nehmerinnen.« Vielmehr wird die Marke als steuerndes, führendes, ausrichtendes Instrument genutzt, um alle System-Anstrengungen immer wieder erfolgreich in die eine vorgegebene und abgestimmte Richtung zu lenken. Dadurch zahlen alle Aktivitäten ständig in das sich damit anreichernde »Markenkapital« der gelebten Marke ein. Die avisierten Märkte können leichter
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