Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
werde gehen«, verkündete Rose. Sie stand
auf und sah Finn mit ihren verrückten, bösen und ge
fährlichen Augen an, und selbst er musste den Blick
abwenden.
»Wie soll ich überhaupt Kontakt zu den Elfen fin
den?«, wollte Brett wissen, um die peinliche Stille zu
unterbrechen. »Eine Annonce in der Logres Times
vielleicht? Völliger Irrer sucht Gleichgesinnte?«
»Ich habe eine Adresse«, antwortete Finn. »Na ja,
genauer gesagt ist es mehr eine Ortsangabe. Ein
Treffpunkt. Alles wurde arrangiert. Dr. Glücklich hat
nur zu gern den Vermittler gespielt. Gegen Entgelt.
Wie es scheint, macht der gute Doktor mit absolut
jedem Geschäfte und handelt mit absolut, allem.«
»Aber … warum sollten die Elfen bereit sein, mit
Euch zu reden?«, fragte Brett. »Nach dem, was Ihr in
der Arena getan habt? Noch niemand hatte so viele
Elfen auf einmal umgebracht. Wahrscheinlich wie
gen sie sich nachts in den Schlaf, indem sie sich
überlegen, mit welch neuen und entsetzlichen Me
thoden sie Euch zu Tode foltern können. Was könn
tet Ihr ihnen überhaupt anbieten, damit sie Euch wie
der von diesem Haken lassen? Das muss eine Falle
sein, Finn!«
»Durchaus möglich«, räumte dieser ein. »Deshalb
geht Ihr ja an meiner Stelle. Allein mein leibhaftiger
Anblick würde sie wahrscheinlich völlig verrückt
machen, ehe sie eine Chance hatten, über mein An
gebot nachzudenken. Ich bin jedoch davon über
zeugt, dass sie Euch zuhören, Brett, Ihr zungenferti
ger Teufel! Eure neuen Esperfähigkeiten müssten
Euch vor geistiger Inbesitznahme schützen. Und Ro
se … Naja, ich denke nur ungern daran, was aus ir
gendeinem armen Elfen würde, der dumm genug wä
re, sich in ihren Kopf vorzuwagen. Vorsicht, wilde
Tiger! Sorgt dafür, dass sie Euch zuhören, Brett! Ich
habe so viel zu bieten … und der Feind meines Fein
des ist mein Freund. Oder zumindest mein Bundes
genosse. Macht Euch jetzt auf die Socken! Und ver
sucht wirklich, zum Tee zurück zu sein; es gibt fri
sche Pfannkuchen.«
»Jetzt mal langsam«, sagte Brett. »Ihr habt mir
noch gar nicht verraten, was ich den Elfen anbieten
soll, um garantiert ihre Unterstützung zu erhalten.«
Und so erzählte es ihm Finn. Und Bretts Magen tat
aufs Neue weh.
Bretts neues Gesicht und Aussehen unterschieden
sich gar nicht so stark von seinem alten, aber die sub
tilen Veränderungen, die er vornahm, ergänzten sich
zu einem ausreichend starken äußeren Eindruck,
dass er sich einigermaßen sicher fühlte bei dem Ge
danken, in die Öffentlichkeit zu gehen. Das Haar
war jetzt buttergelb, die Augen blassblau, und sorg
fältig aufgetragenes Make-up betonte die Vertiefun
gen der Augenpartie und verlieh ihm ein hageres,
hungriges Aussehen. Schuheinlagen machten ihn
größer, und Schulterpolster veränderten den Kör
perbau. All das erzeugte ein gänzlich anderes Bild.
Er brauchte dafür etwa zehn Minuten allein in ei
nem Zimmer. Als er wieder im Wohnzimmer auf
tauchte, spendete ihm Finn tatsächlich Beifall, und
Rose nickte respektvoll.
Niemand, sei es im Slum oder außerhalb, kannte
bislang alle Gesichter und Identitäten Bretts. So war
es sicherer. Wenn man seinen Lebensunterhalt als
Gauner verdiente, wusste man nie, wann man mal
jemanden gegen sich aufbrachte, der wirklich über
Macht und Einfluss verfügte – jemanden, der sich
genug gedemütigt fühlte, um sich mit nichts Geringe
rem mehr zufrieden zu geben als einer Vergeltung
der blutigsten Form. Jemand, der es sich leisten
konnte, eine wahrhaft verlockende Belohnung auszu
setzen. Spätestens dann würde sich als praktisch er
weisen, so vollständig von der Bildfläche zu ver
schwinden, dass einen weder Freund noch Feind fan
den. Brett hatte Gesichter und Identitäten zur Hand,
die er bislang noch nie benutzt hatte.
Natürlich blieb festzustellen: spazierte man neben
Rose Konstantin eine Straße entlang, dann interes
sierten sich nur wenige Passanten für einen. Brett
hatte Rose überredet, die bekannte Ledermontur un
ter einem langen und weiträumigen schwarzen Man
tel zu verstecken und ihr berüchtigtes Gesicht hinter
einer funkelnden silbernen Holomaske, aber Rose
blieb zwei Meter zehn groß und ging einher wie ein
Raubtier in einer Welt voller Beute. Sie sah vielleicht
nicht mehr nach der Wilden Rose aus, aber ein paar
Leute drehten sich trotzdem nach ihr um. Brett wäre
sich in Gesellschaft eines Grendels weniger auffällig
vorgekommen.
»Mir gefällt Euer neues Aussehen«, sagte Rose.
»Es
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