Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
gehöre zur Reinen Mensch
heit, weißt du? Das gilt für viele Abgeordnete. Ich
bin überzeugt, dass wir schon viele gemeinsame Be
kannte haben.«
Angelo grinste ihn höhnisch an. »Also verlassen
die Ratten schon das sinkende Schiff, was? Mir ist
egal, ob du ein Neumensch bist, Tel. Ich verfüge be
reits über alle Fanatiker, die ich brauche. Und ich bin
verdammt überzeugt, dass ich keinen weiteren Part
ner brauche. Was ich an Macht habe, das gehört mir,
und ich teile sie mit niemandem!«
»Ich schlage wirklich vor, dass du es dir noch mal
überlegst«, mahnte ihn Markham. Er kam herüber
und baute sich vor Angelo auf, konfrontierte ihn
unmittelbar mit festem Blick und seinem besten
Versuch in befehlsgewohntem Ton. »Ich stehe jetzt
mit Leuten in Verbindung, die sehr nützlich für dich
und deine Kirche sein könnten. Mit Leuten und …
Organisationen, die du dir nicht mal vorstellen
kannst. Ich bewirke viel, indem ich einfach nur ein
Wort hier und ein Wort dort äußere. Ich kann Türen
öffnen, die selbst vor deinem derzeitigen Einfluss
nicht weichen würden. Ich suche dich heute als
Freund auf, mit offenen Händen. Trotzt du mir heu
te und schickst mich weg, dann erfolgt mein nächs
ter Versuch womöglich auf weniger freundliche Art
und Weise.«
»Ach, schieb es deiner Mehrheit sonst wohin«,
winkte Angelo ab. »Du versuchst von jeher, mich um
das zu betrügen, was mir rechtmäßig zusteht. Na ja,
jetzt nicht mehr, Tel! Achte beim Hinausgehen dar
auf, dass dir die Tür keinen Schlag auf den Hintern
versetzt!«
Markham zuckte lässig die Achseln, blieb völlig
ungerührt. »Man konnte noch nie mit dir reden, wenn
du eine deiner Launen hattest. Und nebenbei: Ruf
Mutter an. Sie sagt, es wäre Zeitalter her, seit sie zu
letzt von dir gehört hat.«
Angelo grunzte nur und sah gezielt weg, während
sein großer Bruder sich selbst die Tür öffnete und
ging. Der Tag entwickelte sich zu einem sehr üblen
Vertreter seiner Art, und die Massagefunktion des
Sessels half der Verspannung in Angelos Rücken
und Schultern kein verdammtes Bisschen. Er tastete
die geschwollenen Lippen vorsichtig mit den Finger
spitzen ab und stellte fest, dass er aufs Neue am gan
zen Körper vor Wut zitterte. Douglas hatte ihn doch
tatsächlich geschlagen! Hatte gewagt, ihn zu schla
gen! Ihn! Angelo drehte den Sitz heftig hin und her,
machte ein finsteres Gesicht und kochte. Der Feld
glöck würde dafür bezahlen, und er würde in Blut
zahlen! Und falls er zu gut geschützt war … dann
jemand, der ihm nahe stand. Jeder hatte schließlich
einen Schwachpunkt. Angelos Bürotür ging erneut
auf, und er tastete nach etwas Schwerem und vor
zugsweise Spitzem, was er werfen konnte. Und dann
sah er, dass der Besucher Finn Durandal war, und
sank mürrisch in den Sessel zurück. Er behielt also
Recht. Es war ein perfekt mieser Tag.
»Ich bin gerade Tel Markham begegnet«, erzählte
Finn. »Was hat er gewollt?«
»Ein streunender Hund hat nach Abfall gestöbert«,
antwortete Angelo verdrossen. »Ich habe ihn mit ei
nem Fußtritt in die Flucht gejagt. Warum? Was
schert es Euch?«
Finn seufzte und blieb direkt vor Angelo stehen.
Er warf einen kurzen Blick auf den Besucherstuhl,
traf aber keine Anstalten, sich daraufzusetzen.
»Manchmal treibt Ihr mich zur Verzweiflung, Ange
lo. Ihr würdet eine günstige Gelegenheit nicht mal
dann erkennen, wenn sie über Euch hinwegflöge und
in Eure Haare schiss. Markham ist mächtiger, als die
meisten Leute ahnen. Er ist nicht mehr nur irgendein
Abgeordneter. Er übt in den verschiedensten Kreisen
Einfluss aus, teilweise an Stellen, die ich derzeit
noch nicht selbst erreichen kann. Was Euch bekannt
wäre, falls Ihr die Berichte und Memoranden lesen
würdet, die ich Euch so gewissenhaft jeden Tag schi
cke. Ich habe Euch zu meinem Juniorpartner ge
macht, Angelo; also rafft Euch auf und bringt Euer
Gewicht zur Geltung! Und konsultiert mich in Zu
kunft, ehe Ihr einen möglichen Bundesgenossen zu
rückweist und möglicherweise zum Feind macht.
Vergesst nicht: Ihr führt diese Kirche für mich, nicht
für Euch selbst.«
»Natürlich, Finn«, sagte Angelo so liebenswürdig,
wie er es hinbekam. »Warum setzt Ihr Euch nicht,
während ich ein paar Erfrischungen für uns bestel
le?«
»Was für eine gute Idee«, murmelte Finn. Er ging
um den Schreibtisch herum und gab Angelo mit ei
nem gebieterischen Wink zu verstehen, er möge sich
aus seinem Sessel erheben. Und er tat es
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