Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
obwohl es rot genug ist. Ihr denkt, Ihr
wüsstet, was Rache ist … Holt mich hier heraus,
kleiner Engel, und ich zeige Euch, was Rache ist.«
Angelo musste schwer schlucken und konnte sich
nicht von diesen Augen abwenden, die direkt durch
ihn hindurchblickten. Es war wie bei dem Ekstatiker,
der anscheinend auch Dinge gewusst hatte, die er
eigentlich nicht hätte wissen dürfen. Was hatte der
Schrecken aus diesem Mann gemacht? In was hatte
er ihn verwandelt?
»Gott fühlt Eure Schmerzen, mein Sohn …«
»Gott? Wo war Euer Gott, als so viele Unschuldi
ge starben? Ich denke … vielleicht war es ja Gott,
den ich gesehen habe. Gott, der verrückt geworden
ist und Seine eigene Schöpfung verschlang. Saturn,
der seine Kinder fraß. Holt mich hier raus, Angelo.
Oder vielleicht fresse ich Euch.«
Corcoran war jetzt ganz dicht an Angelo herange
treten, und immer noch konnte der Engel sich nicht
von diesen dunklen, dunklen Augen abwenden. Er
wimmerte, ohne es zu merken. Und dann kamen Kö
nig Douglas und Krähenhannie durch den illusionä
ren Garten geschritten und brachen den Bann, und
Angelo war richtig froh, sie zu sehen. Er löste sich
von Corcoran und stolperte zu Douglas hinüber, um
sich förmlich vor ihm zu verneigen.
»Ah, Eure Majestät! Was für eine Überraschung,
und was für eine unerwartete Freude! Darf ich Euch
meinem wirklich außergewöhnlichen neuen Freund
Donal Corcoran vorstellen? Wir hatten gerade eine
höchst faszinierende kleine Plauderstunde.«
»Wie zum Teufel konntet Ihr hier eindringen, Bel
lini?«, wollte Douglas wissen. »Und wie konntet Ihr
nur behaupten, die offizielle Genehmigung zu haben?
Ich würde Euch nicht mal gestatten, die Toiletten
dieser Anstalt mit Eurer eigenen Zahnbürste zu put
zen! Und der Versuch, seelisch Kranke auszubeuten,
muss sogar für Euch ein neuer Tiefpunkt sein. Ver
schwindet auf der Stelle! Ehe ich Euch von den Wa
chen hinauswerfen lasse.«
Angelo richtete sich zu voller Größe auf und be
dachte den König mit finsterem Blick. »Ich vertrete
die Kirche, und die Kirche geht, wohin sie will. Eure
Macht leitet sich hingegen nur von einer Handvoll
verängstigter Männer und Frauen in einer veralteten
Institution ab, Douglas. Meine stammt aus der größ
ten und mächtigsten religiösen Bewegung, die das
Imperium je erlebt hat. Schneller als Ihr denkt, wird
der Tag kommen, an dem Euer Parlament vor meiner
Kirche knien muss und Ihr vor mir knien müsst.
Nutzt Euer bisschen Autorität, Feldglöck, solange Ihr
sie habt.«
Douglas versetzte ihm einen Faustschlag auf den
Mund. Angelo quiekste laut, stolperte rückwärts und
setzte sich auf einmal. Blut floss ihm übers bärtige
Kinn, und Tränen liefen ihm über die Wangen. Dou
glas trat einen Schritt vor, und Angelo rutschte pa
nisch rückwärts über den Rasen.
»Bleibt nie länger, als Ihr willkommen seid, Ange
lo«, sagte Douglas gelassen. »Und nebenbei: Für ei
nen Krieger der Militanten Kirche reagiert ihr wie
ein Wachlappen auf einen Boxhieb. Jetzt geht mir
aus den Augen, oder ich lasse die Hunde auf Euch
hetzen.«
Angelo rappelte sich unsicher auf, raffte das zu
sammen, was von seiner Würde geblieben war, und
öffnete den Mund zu einer letzten beißenden Bemer
kung. Nur um die Fassung zu verlieren und Reißaus
zu nehmen, als Douglas plötzlich knurrte und auf ihn
losging. Krähenhannie blickte ihm nach und wandte
sich dann nachdenklich Douglas zu.
»War das wirklich nötig?«
»Oh ja!«, antwortete Douglas glücklich. »Absolut!
Ihr habt ja keine Ahnung.«
Beide drehten sich nun zu Donal Corcoran um, der
sich nicht um all diese Ereignisse gekümmert hatte,
sondern konzentriert immer wieder die eigenen Fin
ger zählte. Er zitterte am ganzen Leib, als strotzte er
von Energie, mit der er nichts anzufangen wusste.
Das Gesicht war nass von Schweiß, obwohl es im
Garten nur angenehm warm war. Plötzlich blickte er
auf und bedachte Douglas mit finsterer Miene, den
Kopf leicht schräg gelegt.
»Ihr! Das ist alles Eure Schuld! Ihr hättet mich
nicht herbringen lassen dürfen. Nach Logres und in
diese Anstalt. Ich wollte an Bord meines Schiffes
bleiben. Dort wusste ich wenigstens, wo ich war. Das
Schiff und ich, wir haben gemeinsam viel durchge
macht. Wir sind verbunden, wisst Ihr? Wurden beide
durch den Schrecken verwandelt. Die Raumflotte hat
mich gewaltsam eingefangen. Sie haben mein Schiff
geentert, mich niedergerungen, mich in eine Zwangs
jacke gesteckt und
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