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Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PacTys
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Aggressivität des Dschungels
nicht geringer geworden war, zogen sich die einzelnen Pflanzen irgendwie aus dem Weg der Gefährten
zurück und öffneten so einen Pfad, der sie zu Tobias
Mond führte. Zuerst glaubte Lewis, Brett setzte erneut seine alten Tricks ein, aber ein Blick ins besorgte Gesicht des Betrügers reichte, um diesen Verdacht
auszuräumen. Brett war nicht begeistert, wenn andere seine Tricks an ihm selbst ausprobierten. Der
Marsch war diesmal also weniger anstrengend, und
sie kamen gut voran. Lewis hatte wieder die Führung
und musste sich selbst bremsen, um kein zu flottes
Tempo anzuschlagen. Einerseits war er verzweifelt
darauf bedacht, endlich den Hadenmann zu erreichen
und ein paar offene Worte über Owen und das Labyrinth zu hören, aber andererseits fürchtete er sich
wirklich vor diesen Antworten. Es wirkt einschüchternd, einer Legende leibhaftig zu begegnen.
    Etwa achthundert Meter hinter dem Stadtrand trafen sie auf die rostigen Überbleibsel des Versuches
einer irregeleiteten Holzfirma, hochtechnische Ausrüstung einzusetzen. Die Wracks riesiger, mehrere
Stockwerke hoher Maschinen lagen verlassen im
Dschungel, halb vergraben unter Kriechpflanzen
und träge wedelndem purpurnem Laub. Dunkelrote
Flechten waren in jedes Gitter und jede Öffnung
eingedrungen, und ständig glitten Regentropfen am
rostroten Metall herab. Stahlplatten wölbten sich
unter dem Druck dahinter wachsender Vegetation
nach außen, und dunkle, schwere Äste hatten die
Stahlglasfenster durchstoßen. Lichtbalken fuhren
träge über hängende Kräne, Sägen und Schneidarme. Wie große, gestrandete Wale aus rostigem Stahl
verschwanden die Maschinen allmählich unter Gewächsen und wurden vom Scharlachdschungel absorbiert, besiegt von bedächtigen, unaufhaltsamen
Kräften.
    Als die Gruppe endlich die genaue Stelle erreichte,
die Hellen Adair ihnen gewiesen hatte, fanden sie
dort nichts vor -außer einer kleinen Lichtung mitten
im Nirgendwo, nicht von den Dutzenden anderen
ihrer Art zu unterscheiden, die sie schon durchquert
hatten. Kniehohes Gras von schockierendem Rosa
wiegte sich vor ihnen in bedächtigen Wellen. Die
Gefährten blickten sich um und waren richtig sauer.
Es war ein langer Weg gewesen; der Regen hatte an
Stärke zugelegt, und sie alle fühlten sich erhitzt und
verschwitzt.
    »Wir wurden für dumm verkauft, nicht wahr?«,
fragte Brett. »Ich möchte ja nicht darauf herumreiten,
dass ich es Euch gesagt habe, aber das habe ich nun
mal. Diese Leute hatten nie vor, uns wirklich mit ihrem heiß geliebten Schoßorakel reden zu lassen.«
    »Still, Brett«, verlangte Jesamine. »Diese Stelle
sollten wir aufsuchen, also muss hier irgendetwas
sein. Irgendwo. Nicht wahr, Lewis? Lewis?«
    »Ich denke nach«, sagte Lewis.
»Hier ist etwas«, meldete sich Samstag unerwartet
zu Wort. Der Echsenmann drehte den mächtigen
Schädel langsam hin und her. »Ich spüre … etwas.
Vielleicht, weil mich der Dschungel ein bisschen an
zu Hause erinnert … aber hier ist definitiv etwas, das
nicht hergehört.«
»Aber wo steckt dann Mond?«, wollte Brett wissen. »Hockt er auf einem Baum? Liegt er irgendwo
im hohen Gras und hält ein Nickerchen? Man hat uns
zum Besten gehalten! Hier ist niemand! Man sieht
hier weder eine Hütte noch sonstige Behausung noch
irgendeine Bodenerhebung, und dabei kann ich verdammt weit blicken! Und ich bin nass. Ich hasse es,
wenn ich nass bin.«
»Hier ist etwas«, wiederholte Samstag. »Und es
weiß, dass wir da sind.«
Der Boden erzitterte unter ihnen. Das rosa Gras
schwankte heftig, und dann wölbte sich das Zentrum
der Lichtung auf einmal nach oben; der Boden brach
auf und schleuderte dunkles Erdreich in alle Richtungen. Bleiche Wurzeln und Knollen und nasse kriechende Dinger wogten aus der aufgebrochenen Erde
hervor und wurden zur Seite geschleudert von einer
gewaltigen, neuen Gestalt, die sich langsam und unerbittlich aus ihrem Erdbett hervorarbeitete. Eine Stahlhülle, verschmiert mit nassem Schlamm, tauchte aus
der klaffenden Spalte auf und stieg immer höher, bis
endlich das Wrack einer altmodischen Raumjacht die
Lichtung ausfüllte, wieder ans Tageslicht gerufen von
der geballten Willenskraft Tobias Monds und des Roten Hirns. Das alte Schiff kam langsam wieder an seinem neuen Platz zur Ruhe, nach wie vor halb im Boden versunken, während der ramponierte Bug zum
ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in die freie Luft
aufragte und zum bedeckten Himmel

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