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Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PacTys
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einem Sarg ähnelte. Die Gefährten
sammelten sich darum, blickten hinein und sahen den
gut erhaltenen Leichnam einer Frau in Nonnentracht.
Lange Zeit sagte keiner etwas.
»Das kann sie unmöglich sein, oder?«, fragte Jesamine schließlich. »Sie doch nicht. Nicht …«
»St. Beatrice«, sagte Lewis.
»Es muss eine Art Modell sein«, behauptete Brett.
»Nicht, wenn man diesem Schild Glauben
schenkt«, sagte Lewis und studierte eine schlichte
Messingtafel am Kopfende des Sargs. »Sie ist es.
Bewahrt über all diese Jahre hinweg …«
»Das finde ich jetzt aber ernstlich ekelhaft«, sagte
Brett entschieden. »Und nicht wenig unheimlich.
Leichen im Schaukasten? Das ist barbarisch. Ganz zu
schweigen von Übelkeit erregend.«
»Das möchte ich nicht bestreiten«, sagte Lewis.
»Aber ich denke nicht, dass wir diesen Standpunkt
den guten Bürgern dieser Stadt mitteilen sollten. Für
sie ist es offenkundig eine heilige Stätte.«
Er betrachtete das ausdruckslose Gesicht der Leiche und versuchte, etwas zu empfinden, etwas von
der Ehrfurcht, die er beim Betreten der Mission verspürt hatte, aber um die Wahrheit zu sagen: Diese
Leiche hätte einfach irgendjemand sein können. Wer
immer sie konserviert hatte, war dabei mit Sachverstand zu Werk gegangen, jedoch zum Preis, dem Gesicht jeden persönlichen Ausdruck zu nehmen.
Trotzdem senkte Lewis respektvoll das Haupt. Die
Leiche erschien ihm sehr klein für eine Frau, deren
Legende so riesig geworden war. Jeder Mann, jede
Frau und jedes Kind im Imperium kannte die Geschichte der seligen St. Beatrice, die Reichtum und
Status aufgab, um ihrem Glauben zu folgen; und da
lag sie jetzt, ein wächsernes, eingeschrumpftes Ausstellungsstück in einem Museum, von dessen Existenz die meisten Menschen nicht einmal etwas wussten.
Schließlich wandten sich die Gefährten den Datenkristallen in den Regalen zu. Sie gingen die Titel
durch, aber meist schienen es langweilige historische
Aufzeichnungen zu sein, die davon handelten, wie
die Kolonisten ihre großen Biostädte anlegten und
die Hölle in ein Paradies verwandelten … ein Kristall
trug jedoch den Titel Wie Owen die Mission verteidigte, und das wollten sich alle ansehen. Lewis steckte den Kristall in einen Monitor, und alle standen da
und sahen zu. Was nun gezeigt wurde, war allerdings
eine Reihe von Interviews mit Leprakranken, die die
Abwehrschlacht überlebt hatten. Als es vorbei war,
sahen Lewis und die Gefährten einander an.
»Das war jetzt aber wirklich Mist«, sagte Brett fast
wütend. »Sogar die offiziellen Legenden haben nie
behauptet …«
»Es müssen Übertreibungen sein«, stieß Lewis ins
gleiche Horn. »Erinnerungen, die über die Jahre ausgeschmückt wurden.«
»Ich meine, niemand könnte solche Taten vollbringen!«, schimpfte Brett. »Okay, der offiziellen
Version zufolge waren Owen und Hazel erstklassige
Krieger, wandelnde Todesbringer und unbesiegbar,
wenn man sie mit einer Waffe in der Hand antraf.
Und dann waren da noch die Wunder, die nie angeblich gewirkt haben, aber, aber … Erdbeben auslosen,
nur indem sie die Stirn in Falten legten? Grendels in
Stücke sprengen, nur indem sie sie anblickten? Blitze
aus den Händen schleudern? Owen, der sich selbst
von den Toten auferweckte? «
»Sie hatten das Labyrinth des Wahnsinns durchschritten«, sagte Lewis. »Und danach waren sie nicht
mehr zur Gänze Mensch. Jeder, der sie kannte, äußerte sich entsprechend. Und einige der Wunder sind
wirklich geschehen. Aufnahmen liefen damals in den
Nachrichten, auch wenn sie uns heute nicht mehr erhalten sind. Und auch manche Apokryphen deuten
das eine oder andere an … Owen und Hazel müssten
immer noch irgendwo leben, weil sie nach den Veränderungen, die das Labyrinth an ihnen wirkte, einfach nicht sterben konnten …«
»Das ist glatt zu schaurig für mich«, warf Jesamine ein. »Ich hielt schon Todtsteltzers Klage für total
übertrieben, als ich der Star der Aufführung war,
aber das jetzt … Falls Owen und Hazel wirklich derlei vollbringen konnten, dann waren sie keine Menschen mehr. Nicht mehr als die Grendels … Menschen sollten so was einfach nicht können …«
»Es stimmt nicht«, fand Rose. »Das kann es einfach nicht. Es sind nur Geschichten, die mit jeder
Erzählung bunter wurden. Owen war ein großartiger
Krieger, und das reicht auch. Mehr braucht niemand
zu sein.«
»Es ist eine Legende«, sagte Lewis bedächtig.
»Aber falls wir an dieser Geschichte zweifeln,

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