Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
Schema ändert sich nie, auch wenn Jahrhunderte verstreichen. Ich war jedoch nur ein Teil der Geschichte,
nicht der Legende, sodass ich Euch nicht mehr zu
bieten habe als die schmerzliche Wahrheit. Owen
Todtsteltzer ist tot. Er starb vor langer Zeit und weit
entfernt und hat uns damit alle vor dem Zorn der
Neugeschaffenen gerettet.«
Eine ganze Weile lang sagte niemand etwas. Sie
alle waren schwer getroffen, sogar Lewis und Jesamine, denen man das schon vorher gesagt hatte. Es
war jedoch eine Sache, es von Shub und den Staubigen Ebenen der Erinnerung zu hören, von Maschinen, die vielleicht eigene Absichten verfolgten, und
eine ganz andere, es von einem Zeitgenossen Owens
zu vernehmen -jemandem, der dabei gewesen war,
als es geschah. Brett entdeckte etwas in Lewis’ und
Jesamines Gesichtern.
»Ihr wusstet es, nicht wahr? Ihr wusstet es schon
und habt nichts gesagt!«
»Wir hatten Grund zu glauben, dass Owen zurückkehren wird«, erwiderte Lewis vorsichtig. »Und nein,
ich habe keine Ahnung, wie das geschehen sollte. Zuzeiten … braucht man einfach ein wenig Vertrauen.«
»Wie steht es mit Hazel D’Ark?«, fragte Brett und
bedachte Carrion mit einem beinahe bösen Blick.
»Ist sie auch tot?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Carrion. »Sie verließ Haden, nachdem sie von Owens Tod erfahren
hatte. Vielleicht hat Johann herausgefunden, was aus
ihr wurde, aber er lebt nicht mehr. Eure einzige
Chance, Antworten zu finden, liegt auf Haden selbst
und darin, das Labyrinth des Wahnsinns zu durchschreiten. Man findet viele Antworten und viele Geheimnisse im Labyrinth.«
»Ihr wart selbst darin«, sagte Jesamine. »Erzählt
uns davon!«
»Man findet im ganzen Imperium nichts Vergleichbares«, antwortete Carrion. »Das Labyrinth ist
beinahe lebendig. Es atmet und schwitzt und weiß,
was den Besucher bewegt. Es verändert jeden auf
andere Art und Weise. Oder vielleicht hilft es uns
nur, uns selbst zu ändern. Es ist ein Ding der Macht
und der Wunder, und es ist sehr alt. Und es birgt
noch mehr, ein tieferes Geheimnis, verborgen tief im
Herzen des Labyrinths. Es ließ Johann und mich nie
nahe genug heran, um es herauszufinden. Wir wurden nicht für würdig erachtet. Nur Owen durfte jemals ins Herz des Geheimnisses vordringen.«
»Nur Owen?«, fragte Lewis stirnrunzelnd. »Was
ist mit Hazel D’Ark?«
»Nur der Todtsteltzer«, antwortete Carrion. »Zwischen den Todtsteltzers und dem Labyrinth des
Wahnsinns besteht eine unbekannte Verbindung.« Er
brach abrupt ab und blickte zum undurchsichtigen,
schimmernden Himmel hinauf. »Nun, heute scheint
wirklich Unseelis Tag der unerwünschten Besucher
zu sein. Fünf imperiale Sternenkreuzer sind soeben
aus dem Hyperraum gefallen und gehen gerade auf
eine Umlaufbahn um diesen Planeten. Ganz wie in
alten Zeiten …«
Alle sahen ihn an. Niemand zweifelte an seinen
Worten. Er hatte etwas an sich …
»Woher wisst Ihr das?«, fragte Brett, und es war
beinahe nur ein Flüstern.
»Das Labyrinth«, antwortete Carrion. »Ich weiß
heute vieles, ob ich es nun möchte oder nicht. Jemand versucht, mit den Ashrai zu kommunizieren.
Ich vermute, dass ich genauso gut mit ihm reden
könnte, solange ich Mensch bin. Wir müssen dazu
die Funkanlagen in Basis Dreizehn benutzen. Bleibt
da drin dicht bei mir. Die Basis ist seit Jahrhunderten
tot, aber nach wie vor ein gefährlicher Ort für den
Unvorsichtigen.«
»Er meint Euch, Brett«, sagte Lewis. »Fasst nichts an!«
»Ich bin gekränkt und verletzt«, sagte Brett.
»Das werdet Ihr tatsächlich sein, falls Ihr Euch
nicht an diese Anweisung haltet!«, warnte Lewis ihn.
»Samstag, Ihr solltet lieber an der Tür Wache halten,
solange wir im Stützpunkt sind. Nehmt Euch die
Freiheit, alles zu verspeisen, das nicht wir oder die
Ashrai sind.«
»Essenszeit!«, sagte der Echsenmann fröhlich und
blickte zum bewölkten Himmel hinauf. »Ist mir
recht. Einige von Euch haben für mich allmählich
besonders lecker gewirkt.«
»Macht er Witze?«, fragte Jesamine. »Wir fragen
lieber nicht«, sagte Lewis.
Carrion betrat Basis Dreizehn als Erster. Die mächtige Eingangstür aus Metall hing schlaff in den Angeln. Die Türflügel trennten sich ruckartig unter Carrions Händen, denn Strom war nicht mehr vorhanden. Das Innere der Eingangshalle war, soweit überblickbar, ein Chaos. Das Licht, das zur offenen Tür
hereinfiel, konnte nicht weit in die jahrhundertealte
Düsternis eindringen. Hier schien alles gründlich
zerschlagen
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