Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
vermitteln.
Wisst Ihr, ganz in der Art, wie sie einander ansehen.«
»Sie haben aber auch keinerlei Augen!«
Brett zuckte die Achseln. »Vielleicht hätte man
dabei sein müssen … Es erinnert mich nur an ein
Mädchen, das ich mal kannte, mehr nicht.«
»Frag lieber nicht weiter, Lewis«, warf Jesamine
ein. »Glaub mir.«
Brett schaltete den Bildschirm auf eine andere
Szene um und richtete sich abrupt auf; ein breites
Grinsen lief über seine so variablen Züge. »Aber hallo! Oh, das glaube ich einfach nicht … Ich habe gerade die Suchfunktion nach berühmten Gesichtern
angeworfen, und es scheint, als hätte ich hier ein
ziemlich grelles Szenario mit jemandem entdeckt,
der keine Million Meilen von dem Platz entfernt ist,
auf dem ich gerade sitze.«
Begleitet von seidigem Rauschen, war Jesamine
sofort auf den Beinen, stürmte durch die Brücke und
warf einen finsteren Blick über Bretts Schulter. Lewis gesellte sich schnell zu ihr und folgte ihrer Blickrichtung. Der Bildschirm zeigte jemanden, der ganz
gewiss wie Jesamine Blume in Gesellschaft einer
halb nichtmenschlichen Frau aussah; beide pflegten
einen überaus freundschaftlichen Umgang in einer
Umgebung, in der Kleidung eindeutig optional war,
falls nicht gar regelrecht unerwünscht. Lewis spürte,
wie seine Wangen heiß wurden.
»Das bin ich nicht!«, erklärte Jesamine entschieden. »Es ist eine Doppelgängerin, wahrscheinlich
direkt aus dem Körperladen. Ich habe ganz zu Beginn meiner Laufbahn ein paar … künstlerische Studien betrieben, aber das waren ganz klar nur Solostellungen für den ernsthaften Sammler und Liebhaber der nackten Gestalt. So etwas habe ich nie getan,
nicht mal auf Tour als Klinkenputzerin. Ich habe
schließlich meine Maßstäbe, Darling. Und seit ich
neunzehn war, ist es mir nicht mehr gelungen, die
Fußknöchel so weit hinter die Ohren zu biegen. Wer
oder was ist diese Person, mit der sie es treibt?«
»Das ist Nikki Sechzehn«, erklärte Brett glücklich.
»Eine alte Bekannte von mir. Sie ist halb N’Jarr und
ganz Frau und eine tolle Darstellerin. Los, Mädel,
los!«
»Wartet mal eine Minute«, verlangte Lewis. »Ich
dachte, die N’Jarr wären diese elastischen kleinen
Pilzleute!«
»Das ist das Larvenstadium«, erklärte Brett geduldig. »Die abschließende, erwachsene Gestalt ist
weitgehend insektenähnlich. Was Nikkis Eltern aneinander fanden, ist mir immer ein Geheimnis geblieben. Wahrscheinlich ist Liebe letztlich doch
blind. Sie heißt Nikki Sechzehn, weil sie eine von
sechzehn Brutgeschwistern ist. Sie ist auch das
schwarze Schaf der Familie, falls man diesen Begriff
auf jemanden mit Antennen, Facettenaugen und
sechs Brüsten anwenden kann. Gott, seht Euch nur
mal ihre Biegsamkeit an … Was für eine gesunde,
enthusiastische und gelenkige Seele sie doch ist …
Seid Ihr sicher, dass Ihr das nicht seid, Jesamine?«
»Für Euch degenerierten Mistkerl heißt es immer
noch Fräulein Blume. Das da bin ich eindeutig nicht,
und ich kann es beweisen. Ich habe ein kleines, dunkelrotes Muttermal an … an mir. Ich decke es immer
mit Make-up zu, wenn eine Rolle Nacktheit verlangt.
Und außerdem sieht sie mir eigentlich auch gar nicht
ähnlich. Meine Brüste sind nicht so groß; die Nase
passt überhaupt nicht, und ich würde das da nicht
mal für Geld tun. Lewis … Lewis!«
»Verzeihung«, sagte Lewis. »Ich war abgelenkt.«
»Geh und setz dich wieder in deinen Sessel, Liebster. Und steck die Augen in die Höhlen zurück. Und
was Euch angeht, Ohnesorg, so schlage ich nachdrücklich vor, dass Ihr Euch etwas anderes sucht, das
Ihr anglotzen könnt, ehe ich diesen Datenkristall aus
dem Sichtgerät ziehe und ihn Euch so tief ins linke
Nasenloch ramme, dass er aus dem rechten Ohr wieder zum Vorschein kommt.«
»In Ordnung, in Ordnung, ich rufe eine andere
Darstellung ab!«, sagte Brett. »Empfindlich, empfindlich … manche Leute haben einfach keinen Sinn
für Humor.«
Jesamine warf ihm einen langen, nachdenklichen
Blick zu. »Brett Ohnesorg«, sagte sie schließlich,
»wisst Ihr, ich bin sicher, dass ich Euch schon früher
mal gesehen habe …«
Brett erstarrte, und seine Gesichtszüge schalteten
automatisch in den Unschuldsmodus um, während
sämtliche internen Systeme in Panik gerieten. Sein
ausgeprägter Verfolgungswahn war schon zu den
besten Zeiten nie weit davon entfernt, auf Turbo zu
springen. Er lächelte Jesamine gewinnend an, während sich seine Gedanken überschlugen und er sich
zu erinnern versuchte, ob er jemals
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