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Greife nie in ein fallendes Messer

Greife nie in ein fallendes Messer

Titel: Greife nie in ein fallendes Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedhelm Busch
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so recht mitspielen. Warum nicht, war selbst auf dem New Yorker Börsenparkett nicht zu erfahren. Vielleicht hatten die Banken angesichts der steigenden Flut von aggressiven Übernahmen selbst Angst bekommen, die Finanzmärkte |44| in einem Meer von Junk Bonds zu ertränken, vielleicht aber hatte auch die US-Regierung vorsichtig ihren Unwillen angedeutet über die Zerschlagung großer Unternehmen, den Verlust von Arbeitsplätzen und die drohende Überfremdung der amerikanischen Wirtschaft.
    Was auch immer der Grund gewesen sein mag für die Kehrtwende der Banken, 75 Minuten vor Börsenschluss verbreitete sich am Freitag wie ein Lauffeuer auf dem Parkett der New Yorker Börse das Gerücht, die Übernahme von United Airlines sei am Nein der Banken gescheitert. Blitzartig wurde den Börsianern klar, was das für die Wall Street bedeutete: Abschied von den Fusionsträumen, die in den vergangenen Wochen ein Kursfeuerwerk nach dem anderen gezündet und den Dow Jones auf das Rekordhoch von über 2 750 getrieben hatten. Viele Aktien, nicht nur die von United Airlines, waren schließlich aufgrund von Übernahmegerüchten und wegen der daraus entstandenen Euphorie in den siebten Börsenhimmel geschossen. Und nun drohte die ganze Herrlichkeit zusammenzubrechen. Binnen weniger Minuten verlor der Dow-Jones-Index 190 Punkte, also fast 7 Prozent. Böse Erinnerungen an das Massaker vom 19. Oktober 1987 machten die Runde. Wer mit seinen Aktienbeständen im Plus lag, hatte nur noch eines im Sinn: Verkaufen! Verkaufen!
    Gewinnmitnahmen in allen Bereichen brachten die Wall Street ins Wanken. Längst hatten die Anleger und Börsianer den Anlass, nämlich die gescheiterte Übernahme von United Airlines, verdrängt. Hatte nicht Notenbankchef Alan Greenspan vor kurzem wegen der gestiegenen US-Erzeugerpreise vor einem erneuten Aufflackern der Inflation gewarnt? Also musste man sich auf Zinserhöhungen einstellen – wohl das Schlimmste für Anlagen in Aktien.
    In Deutschland saßen wir in der Frankfurter Redaktion bis zum späten Abend mit großen Augen vor dem Reuters-Bildschirm. Nach nur zwei Jahren schon wieder ein Crash an der Wall Street! Das mühsam wieder aufgebaute Vertrauen in die Aktie als langfristiges Anlageinstrument, mit einem Schlag schien alles einzustürzen. Ähnliches müssen wohl die deutschen Kleinanleger gedacht haben, als einige Nachrichtensendungen am Wochenende den Börsenschluss an der Wall Street meldeten. In panischer Angst vor dem drohenden |45| Schlachtfest am nächsten Montag auf dem Frankfurter Börsenparkett beschlossen viele von ihnen, sofort zur Eröffnung der Börse zu verkaufen. Kein Limit, einfach »bestens«. Nur raus aus den Beständen.
     
    Es gibt unzählige Ratgeber zum Thema Börse, die der Öffentlichkeit Tag für Tag Falsches und Richtiges ins Ohr blasen, Gefühle und Stimmungen, die mal in die eine, dann in die andere Richtung weisen. Als Anleger kann man sich diesen Einflüssen nur selten entziehen. Das gilt für den Kleinanleger wie für den Börsenprofi auf dem Parkett. Aus diesem Grund kommen ja schließlich die Käufe und Verkäufe von Aktien zustande. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen und Zielsetzungen und handelt danach. Nur auf einen Ratgeber sollte man nie hören: auf die panische Angst. Das ist leicht gesagt. Aber Ruhe bewahren, auch bei fallenden Kursen, das kann nur der Anleger, der bei seinen Aktiengeschäften kein überhöhtes Risiko eingeht, der nicht bei jedem Kursverlust um sein eingesetztes, häufig geliehenes Kapital bangen muss. Deswegen sollte man möglichst nur mit eigenem Kapital, das man nicht für andere Zwecke benötigt, an der Börse arbeiten.
    Wer Aktien auf Pump kauft und auf eine schnelle Mark hofft, mag bei steigenden Kursen sensationelle Gewinne einfahren. Bei kurzfristigen Schwankungen aber wird er häufig aus Angst vor drohenden Verlusten zu Panikverkäufen verführt. Die Profis im Börsengeschäft nutzen in aller Regel derartige Verkaufswellen, um Aktienbestände aufzubauen, und lösen dadurch eine Gegenbewegung aus, die beim unerfahrenen Verkäufer erst recht zu Verzweiflungsschreien führt: Die Kurse steigen, aber die eigenen Aktien hat er vorher zu Niedrigstpreisen verkauft.
     
    Wer an diesem Freitag an der Wall Street einen kühlen Kopf behielt, der witterte bereits in der Schlussphase der Börsensitzung diesen Umschwung. Als die Schlussglocke erklang, lagen die Kurse zwar um bis zu 20 Prozent niedriger als am Tag zuvor, aber die Umsätze waren im

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