Greife nie in ein fallendes Messer
entziehen«, so die Antwort aus der Deutschen Bank. Dem Kurs der Deutschen Bank halfen diese Beteuerungen nur wenig. Immerhin jedoch ließ der Abgabedruck nach.
Die Commerzbank erklärte trocken, sie sei nicht an der Rettungsaktion beteiligt, warum auch, sie sei schließlich überhaupt nicht in die Geschäfte dieses Hedgefonds involviert. Kleinlaut musste dagegen wenige Tage später der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Bernhard Walter, zugeben, am Fonds als Investor beteiligt zu sein. Man habe dem Fonds auch Kredite gewährt, die allerdings voll durch Treasury-Bills unterlegt seien. Gleichwohl müsse man für dieses LTCM-Engagement in diesem Jahr 240 Millionen D-Mark abschreiben. Zwar habe die Bank durch diesen Fonds in den vergangenen Jahren gute Geschäfte gemacht, hörten wir von der Dresdner Bank, insgesamt sei also kein wirtschaftlicher Schaden entstanden, aber nach diesem Flop sah Vorstandssprecher Walter nur eine Konsequenz: »Wir werden mit Sicherheit in keinen Hedgefonds mehr investieren.« Die seinerzeit erst vor kurzem fusionierte bayerische Großbank, die HypoVereinsbank, fand nur eine unbedeutende Beteiligung im kleinen zweistelligen Millionenbereich in ihren Büchern. Insgesamt konnte auch die Bankenaufsicht in Berlin in ihren Unterlagen keine Anzeichen für eine Bedrohung der deutschen Banken durch die Probleme des Hedgefonds finden.
Das alles brachte in den nächsten Tagen wieder etwas Ruhe ins Börsengeschäft.
Ganz anders dagegen die Nachrichten aus der Schweiz, die auf dem Frankfurter Börsenparkett mit großer Sorge registriert wurden. |130| Denn jeder weiß, dass der Finanzplatz Zürich gerade für deutsche Anleger von Bedeutung ist. Und dort war seit der LTCM-Krise der Teufel los.
Im Zentrum der Katastrophe stand die Schweizer Großbank Union Bank of Switzerland (UBS), die erst wenige Monate zuvor durch die Fusion der Schweizerischen Bankgesellschaft mit dem Schweizer Bankverein entstanden war.
Lautlos und professionell hatten die beiden Chefs der Banken, Mathis Cabiallavetta von der Bankgesellschaft und Marcel Ospel vom Bankverein, aus ihren beiden Geldhäusern die zweitgrößte Geschäftsbank der Welt zusammengeschmiedet und wurden dafür in Frankfurt als »European Banker of the Year 1997« gefeiert. Dass dabei der kleinere Bankverein die erste Geige spielte, mochte den einen oder anderen in der Finanzwelt überrascht haben, im Nachhinein aber konnten wir uns jetzt einen Reim darauf machen.
Schon vor der Fusion war den Kennern der Schweizer Szene die risikoreiche Händlermentalität der großen Bankgesellschaft bekannt gewesen. Mit heißen Spekulationsgeschäften an den Terminmärkten hatte die Bank bereits vor Jahren von sich reden gemacht, und als nach dem Hedgefonds-Desaster UBS-Konzernchef Marcel Ospel den Anlegern reinen Wein einschenken musste, konnte er sich den Hinweis nicht verkneifen, dass der Einstieg bei Long-Term Capital Management bereits 1997, also vor der Fusion erfolgt sei. Für die Verluste verantwortlich war mithin Bankgesellschaft-Chef Cabiallavetta. Diese Leiche im Keller kostete nun die UBS bis zum Oktober 1998 fast eine Milliarde Schweizer Franken. Der Traum von 8 Milliarden Schweizer Franken Jahresgewinn war geplatzt, für die Aktionäre der stolzen Mega-Bank UBS brach eine Welt zusammen.
Dass die Verantwortlichen, bis hinauf zu Mathis Cabiallavetta, ihren Hut nehmen mussten, konnte keinen beruhigen, auch nicht die Beförderung des 33-jährigen David Solo zum neuen Verantwortlichen der Termingeschäfte. Mithilfe der von ihm entwickelten Computerprogramme sollten nun in Zukunft zu riskante Termingeschäfte rechtzeitig entdeckt und, wenn nötig, vermieden werden. Der gelernte Elektrotechniker hatte sein Karriere am Massachusetts Institute of Technology (MIT), der weltberühmten amerikanischen |131| Talentschmiede, begonnen und war dann 1992 als hoch qualifizierter Händler im Terminbörsengeschäft beim Schweizerischen Bankverein gelandet. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wollte allerdings aus der Bank das Gerücht erfahren haben, dass außer David Solo kein anderer UBS-Mitarbeiter dessen Kontrollprogramme verstehe. Man musste also schon einen tiefen Glauben hegen, wollte man künftige Verluste der UBS im Geschäft mit Hedgefonds völlig ausschließen. Dies war vermutlich nur bei einem totalen Rückzug aus dem Investmentbanking möglich, den aber offensichtlich kein Verantwortlicher der UBS wirklich plante. Gerüchte, die bei uns in Frankfurt zunächst
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