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Greife nie in ein fallendes Messer

Greife nie in ein fallendes Messer

Titel: Greife nie in ein fallendes Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedhelm Busch
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einen Gewinn von 8 D-Mark. Die Börsianer erleben ein völlig neues Siemens-Gefühl. »Vielleicht sind die Zahlen ja doch nicht so schlecht, und voreilige Verkäufer dieser Aktie müssen jetzt in die andere Richtung laufen und kaufen.« – »Es mag ja auch sein, dass das Haus Siemens endlich mit der längst überfälligen Renovierung beginnt, schließlich hat Konzernchef von Pierer schon im Frühsommer mit einem Zehn-Punkte-Programm das Weltunternehmen umkrempeln wollen.« – »Bevor ich nicht Fakten und Ergebnisse sehe, die meinem Geld eine vernünftige Rendite garantieren, lasse ich die Finger von Siemens.«
    Erregt und kontrovers werden auf dem Parkett immer wieder die sattsam bekannten Argumente für und gegen Siemens ins Feld geführt. Sogar der uralte Spott über Siemens wird aus der untersten Schublade hervorgekramt: »Siemens ist eine Bank, die sich den Luxus einer Elektroabteilung leistet.« In der Tat hat das Unternehmen das Ergebnis in den vergangenen Jahren regelmäßig mit seinen gewaltigen Finanzanlagen aufpoliert. Aber was passiert, wenn diese Quelle versiegt, weil die Aktienkurse auf breiter Front sinken und gleichzeitig die Renditen der soliden deutschen oder amerikanischen festverzinslichen Wertpapiere wegsacken? Wie will Siemens dann eine für den Anleger leidlich attraktive Kursentwicklung und Dividendenausschüttung ermöglichen?
     
    Viele Fragen werden auf dem Parkett gestellt, aber keiner hat Zeit, über Antworten nachzudenken, denn zum ersten Mal in diesem Jahr treibt die Siemens-Aktie die gesamte deutsche Börse nach vorn. Der |143| DAX steigt bis 12 Uhr auf fast 4 850 Punkte, immerhin ein Plus von annähernd 150 Punkten, verglichen mit dem Schluss der Präsenzbörse des Vortages. Und der große Index des deutschen Aktienmarktes bleibt auch nach 12 Uhr auf diesem Stand.
    Das ist schon bemerkenswert, denn allzu häufig hat in der Vergangenheit ein freundlicher DAX nach Feststellung der Kassakurse gegen 12 Uhr plötzlich die Richtung gewechselt, ist eingeschlafen oder in den Keller getrottet. Zum Leidwesen mancher Kleinanleger, deren Kaufaufträge, sofern sie bei amtlich notierten 5-Mark-Nennwertaktien unter 100 Stück oder zwischen einem Vielfachen von 100 liegen, in Frankfurt an der Präsenzbörse nur zu den Kassakursen abgewickelt werden.
    Nicht selten werden gerade an umsatzschwachen Tagen bei Feststellung der Kassakurse zur Mittagszeit die höchsten Werte erzielt, weil eine beträchtliche Zahl von kleinen Kaufaufträgen unlimitiert, also ohne eine Preisobergrenze erteilt wird. Unbedingt sollte jeder Anleger bei engen Werten, also bei Aktien, die nur in begrenzter kleiner Menge an den Börsen gehandelt werden, mit Limits in den Markt gehen. Das heißt, er sollte in diesen Fällen bei Verkaufs- beziehungsweise Kaufaufträgen eine Preisunter- beziehungsweise Preisobergrenze vorgeben, die der Händler oder Makler dann berücksichtigen muss. Nur wenn die Preisuntergrenze nicht unterschritten, im spiegelbildlichen Fall die Preisobergrenze nicht überschritten wird, wird der Auftrag auch ausgeführt.
    An manchen Börsentagen kommt es aber auch bei den großen Standardwerten zu heftigen Kursschwankungen. Dabei muss es gar nicht unbedingt immer hektisch zugehen. Gerade ruhige Tage oder Stunden sind sehr gefährlich, wenn kaum Kauf- oder Verkaufsinteressenten im Markt sind. Dann kann schon eine kleine Verkaufsorder in einem Standardwert zu überraschend hohen Kursverlusten von 2 bis 3 D-Mark führen, wenn nämlich auf der Käuferseite der Markt völlig ausgetrocknet ist. Kommt wenige Minuten oder auch nur Sekunden später eine unlimitierte Kauforder beim Kursmakler an, kann der Kurs derselben Aktie genauso schnell in die andere Richtung laufen. Natürlich zum Ärger des vorherigen Verkäufers, der sich mit einem wesentlich geringeren Preis zufriedengeben musste.
    |144| Um dramatische Übertreibungen bei den Kursen zu verhindern, hat die Frankfurter Börse im elektronischen Handelssystem Xetra eine sogenannte Volatilitätsbremse eingebaut. Diese Bremse unterbricht den Handel, wenn es zu extremen Preissprüngen bei den gehandelten Aktien kommt. Auf diese Art werden wenigstens übermäßige Verluste vermieden. Dennoch empfiehlt es sich besonders an ruhigen Tagen oder nach der täglichen Präsenzbörse, also nach 16:30 Uhr, wenn die Aufträge bis 17 Uhr nur noch im computergestützten Xetra-Handel über die Bildschirme der Händler und Makler laufen, mit limitierten Aufträgen zu arbeiten.

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