Greife nie in ein fallendes Messer
Bankmanager aufgebaut haben.
Von diesem möglichen Ärger des Emittenten abgesehen, forderten Kritiker des Bookbuilding-Verfahrens wie beispielsweise Bernhard Jünemann vom Börsenmagazin Börse Online , diese Art der Preisfindung aufzugeben und durch eine Art »Versteigerung« zu ersetzen. Ich hatte erhebliche Zweifel, ob in einer Boomphase, wie wir sie monatlang am Neuen Markt erlebt hatten, die zahllosen interessierten Kleinanleger clever und vernünftig genug sein würden, hysterisch bedingte Kursübertreibungen zu vermeiden; umgekehrt bestand die Gefahr, dass in Baissephasen ein Preis herauskam, der weit unter dem fairen, nach fundamentalen Methoden berechneten Wert lag. Bruno Hidding vom Hoppenstedt-Verlag, einer meiner regelmäßigen |197| Interviewpartner seit Gründung der Telebörse im Oktober 1987, plädierte deshalb für einen festen, vorgegebenen Preis, wie zum Beispiel beim Börsengang des Börsenmaklers Kling, Jelko, Dr. Dehmel, dessen Aktien im März 1998 zu einem fixen Preis von 100 D-Mark an die Börse kamen. Im Laufe des ersten Handelstages zog der Kurs von der ersten Notierung bei über 220 D-Mark deutlich in Richtung 240 D-Mark an. Der Kursausbruch führte die Aktie bis auf 550 D-Mark, danach ließ das Interesse an dieser Makleraktie deutlich nach, zum Jahresschluss pendelte sich der Kurs mit 148 D-Mark deutlich unter dem Niveau des ersten Handelstages ein. Manch einer aus dem Kreis der Altaktionäre, der sich nach dem Börsengang mit Blick auf den Aktienkurs schon als mehrfacher Millionär gefühlt hatte, der aber – schon wegen der vorgeschriebenen Haltefrist – nicht rechtzeitig ausgestiegen war, sah mit dem stürzenden Kurs auch seine prächtigen Buchgewinne jäh im Nichts verschwinden. Der Überdruck ging offensichtlich aus dieser Aktie so schnell heraus, wie er sich anfänglich aufgebaut hatte, was übrigens auch auf andere Makleraktien zutraf. Im Sommer 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, war der Zauber verflogen.
Zu den Werten der ersten Stunde am Neuen Markt zählte die Aktie der Mobilcom AG. Dieses kleine Unternehmen aus der zukunftsträchtigen Telekommunikationsbranche war 1991 von Schleswig-Holstein aus als Mobilfunk-Dienstleister gestartet, um durch eine aggressive Preispolitik den Markt aufzumischen und die Mitbewerber das Fürchten zu lehren. Finanziell gestützt von seinem Anteilseigner France Télécom, beteiligte sich im Sommer 2000 Mobilcom-Gründer Manfred Schmid zusammen mit anderen hochkarätigen Konkurrenten aus der Branche an der berühmt-berüchtigten öffentlichen Versteigerung von UMTS-Sendelizenzen. Für die bis zum 31. Dezember 2020 limitierte Nutzung der gar nicht so freien Luft über Deutschland kassierte Bundesfinanzminister Hans Eichel insgesamt 100 Milliarden D-Mark. Auch Manfred Schmid gehörte zu den »Glücklichen«, die im Fernsehen stolz ihre ersteigerten Lizenzen präsentierten und schon bald unter der daraus folgenden Schuldenlast zu leiden hatten, zumal sie mit den Lizenzen im Grunde nur |198| wenig bis gar nichts anfangen konnten. Heiße Luft für viel Geld! Am Ende war der größenwahnsinnige Kurzfristmilliardär Schmid sein Vermögen los … und sein Unternehmen. Im März 2007 wurde die Mobilcom AG mit der Freenet.de AG fusioniert und verschwand aus der Öffentlichkeit. Im Grunde hatte sich ihr Auftritt schon kurz nach ihrem Börsendebüt im Gleichschritt mit der Geschichte des Neuen Marktes als groteskes Theaterstück entpuppt. Als turbulente Geschichte vom Aufstieg einer kleinen Waschküchenfirma aus dem schleswig-holsteinischen Büdelsdorf zum milliardenschweren Informatikriesen mit Tausenden von Arbeitsplätzen und zurück zur überschuldeten Dot.com-Klitsche. Noch heute zweifle ich am gesunden Menschenverstand mancher Marktteilnehmer, wenn ich mir im Rückblick den außergewöhnlichen Kursverlauf dieser Aktie anschaue und mir in Erinnerung rufe, wie er zustande kam.
Am 3. März 1997 begann die Zeichnungsphase im Bookbuilding-Verfahren, wie es die privaten Anleger schon vorher bei der Deutschen Telekom ausführlich, aber ohne größere Erregung durchlitten hatten. Im Fall der Mobilcom AG war als Bandbreite für den möglichen Emissionspreis die Spanne zwischen 52,50 und 62,50 D-Mark für 480 000 Stammaktien zu einem Nennwert von 5 D-Mark genannt worden. 160 000 Aktien als sogenannter Greenshoe wurden von der betreuenden DG-Bank, die das aus mehreren Banken bestehende Emissionskonsortium anführte, als Reserve noch in der
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