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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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Sie konnte einfach nicht den Blick abwenden und fragte sich, was der Mann in ihren Augen entdeckte.
    »Wie heißt du?«, fragte der Mann sie. Seine Stimme war herb wie kahles Gestein und machtvoll wie die Sonne.
    Einen Augenblick später räusperte sich Nehoen und antwortete an Kes' Stelle. »Kes, mein Herr. Kes. Sie spricht nicht viel. Und wie heißt Ihr?»
    Der Mann blickte jetzt Nehoen ins Gesicht, der daraufhin mucksmäuschenstill dastand. Dann lächelte der Fremde unvermittelt. Es war allerdings ein angespanntes, hartes Lächeln, das sich nicht auf die Augen erstreckte. »Man nennt mich gelegentlich Kairaithin. Anasakuse Sipiike Kairaithin. Ihr dürft mich so anreden, wenn Ihr das möchtet. Und Euer Name, Mensch?«
    Nehoen schluckte. Er begegnete dem schwarzen starren Blick des Fremden, als steckte er einen körperlichen Schlag ein. Langsam und widerstrebend antwortete er: »Nehoen. Nehoen, Sohn von Rasas, mein Herr.«
    »Nehoen, Sohn von Rasas«, wiederholte der Fremde. »Ich bin nicht Euer Feind.« Er sagte nicht: Ihr seid mir alle gleichgültig, aber Kes vermochte die erbarmungslose Gleichgültigkeit in seinen Augen zu erkennen. Als er sich erneut ihr zuwandte, senkte sie den Blick auf den Tisch. Sie sagte nichts. Sie wagte nicht zu sprechen; darüber hinaus hatte sie schlicht keine Ahnung, was sie hätte sagen sollen. Der Fremde schien sie als genau das zu erkennen, was sie war, aber sie wusste überhaupt nicht, wen oder was er sah. In gewisser Weise fand sie diese scharfe Wahrnehmung schwerer zu ertragen als die alltäglichen Erwartungen ihrer Mitbewohner.
    »Kes«, sagte der Mann. Er legte ihre Zeichnung wieder hin. »Mein ... Volk ... ist in Schwierigkeiten geraten. Wir haben Verwundete. Wir benötigen einen Heiler. Du bist doch eine Heilerin, nicht wahr? Meine Leute warten nicht weit von hier. Kommst du mit?« Er stellte diese Frage so, als hätte Kes eine Wahl.
    Kanes richtete sich zu seiner beträchtlichen Körpergröße auf, verschränkte die kräftigen, von der Schmiedearbeit gestählten Arme und polterte: »Wer hat Euch gebeten, Eure ... Schwierigkeiten ... hierher zu bringen?«
    Der Fremde hatte nicht mal einen kurzen Blick für Kanes übrig, aber Kes zuckte zusammen. Sie verstand einfach nicht, wie Kanes, so stark er auch war, auch nur zu glauben vermochte, dass er den Fremden herausfordern könnte. Sie verstand nicht, wie der Schmied die Macht übersehen konnte, die in dem Fremden steckte.
    Kanes stand jedoch, wie es schien, mit dieser Haltung nicht allein. Nehoen tat einen halben Schritt nach vorn und sagte in einem scharfen, feindseligen Ton: »Sie wird zu Hause gebraucht.« Anschließend blickte er Tesme an.
    Kes' Schwester blinzelte. Bislang hatte sie den Fremden nur wortlos angestarrt. Jetzt sagte sie mit atemloser Stimme: »Kes, komm mit nach Hause«, und sie streckte dabei die Hand nach ihrer Schwester aus.
    Doch Kes rührte sich nicht. Sie blickte dem Fremden ins Gesicht und flüsterte: »Ihr seid ein Magier. Und auch ein ...« Sie stockte.
    Ein kurzes, wildes Lächeln schimmerte in den schwarzen Augen auf.
    »Seid Ihr ...«, begann Kes zu fragen und brach dann erneut ab.
    »Ich bin nicht dein Feind«, erwiderte der Mann mit rauer Stimme, die jedoch erheitert klang. »Tu das für mich, dann werde ich vielleicht dein Freund.« Feuer loderte in seinen Augen. Geduldig sagte er, während er die Hand ausstreckte: »Ich habe nicht die Macht zu heilen. Ich denke, dass du sie hast. Kommst du mit?«
    »Kes ...«, sagte Tesme.
    »Sieh mal, Kes ...«, begann Nehoen.
    »Ich ... Ihr solltet Euch darüber klar sein, mein Herr«, flüsterte Kes, »dass ich nur Kräuter verwende.«
    Der Mann hielt die Hand erwartungsvoll ausgestreckt. »Du hast das gezeichnet, nicht wahr?«
    Kes senkte den Blick und betrachtete die Zeichnung, die zwischen ihren Händen auf dem Tisch lag. Jetzt kam ihr merkwürdig vor, wie leicht dieses Bild aus ihrem Blick und ihrem Gedächtnis hervorgetreten war. Langsam ballte sie die Hände zu Fäusten. »Ja.«
    »Dann denke ich, dass du wohl kaum Kräuter benötigst. Es ist keine Kräuterfrau, nach der ich gesucht habe. Ich suchte und fand dich. Kommst du mit?«
    Kes ertappte sich dabei, dass sie ihn begleiten wollte. Sie wusste, dass er im Grunde kein Mensch war; sie wusste, dass er überhaupt kein Geschöpf der gewöhnlichen Erde war. Und unvermittelt verspürte sie die starke Sehnsucht, mit ihm zu gehen und zu sehen, was er ihr an Fremdem zeigen konnte. Kes stand auf, ohne

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