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Grenzgaenger

Grenzgaenger

Titel: Grenzgaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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deutlich und legte den Hörer auf.

    Wo, zum Teufel, war die Schwanenstraße? Jetzt wohnte er schon jahrelang in dieser Stadt, und noch immer schien es Dutzende von Straßen zu geben, von denen er noch nie etwas gehört hatte.
    Toppe angelte seinen Stadtplan aus dem Handschuhfach und fand die Straße schließlich mitten in der Innenstadt.
    Und wieder wollte sein Auto nicht anspringen. «Komm, sei brav, spring an», bettelte er, und dann: «Gottverdammte Kiste!»
    Jemand klopfte gegen die Scheibe. Es war Ackermann, der ihn freundlich angrinste.
    «Na, will dat alte Möhrken ma’ wieder nich’?»
    Toppe machte einen erneuten Startversuch. Ackermann hatte seinen rechten Arm aufs Dach gelegt und schaute interessiert zu: «Ja, ja, wenn so Kisten ers’ ma’ in die Jahre kommen … wie bei unsereinem, wa?» Er lachte herzhaft. «Kann ich Sie ir’ndwohin mitnehmen, Chef?»
    Toppe zögerte. «Ich habe einen Einsatz in der Schwanenstraße, männliche Leiche.»
    «Klasse!» Ackermann freute sich. «Dann steigen Se ma’ um. Ich fahr Sie hin.»
    «Sind Sie denn nicht im Dienst?»
    «Nö, ich war grad am Feierabendmachen. Ich komm gern mit.» Er sah Toppe treuherzig an. «Mord ist ja sozusagen mein Hobby, dat wissen Se doch.»
    «Wenn Sie unbedingt wollen», stimmte Toppe zu. Er hatte vor langer Zeit aufgehört, sich über Ackermann zu wundern.

    Die Schwanenstraße war eine enge, kopfsteingepflasterte Gasse; auf der einen Seite eine hohe Häuserzeile aus dem neunzehnten Jahrhundert, auf der anderen Seite die Reste einer mittelalterlichen Befestigungsmauer. Toppe hätte vermutlich lange nach dieser Straße gesucht. Sie lag wohlversteckt im Gewirr der winkligen Gassen am Heideberg.
    Der Einsatzwagen blockierte die ganze Straße. Es war inzwischen fast völlig dunkel, und das eingeschaltete Blaulicht gab der Szene einen dramatischen Anstrich. Überall auf der Straße und an den Fenstern standen Leute.
    Die beiden Kollegen von der Schutzpolizei warteten schon. Schultz stand in der Eingangstür, Flintrop lehnte am Kotflügel des Peterwagens. «Die Wohnung ist gleich hier unten», rief Schultz eifrig und ging voraus in einen schummrig beleuchteten, schmalen Flur.
    Es roch nach ungemachten Betten.
    Toppe stieß eine Tür auf und trat in eine große, quadratische Küche. Sie war dürftig möbliert mit einem Herd, einer Spüle, einem Kühlschrank und einem offenen Kiefernregal. In der Mitte ein großer Tisch mit mehreren Stühlen, die alle nicht zueinander passten. Überall standen Gläser und Weinflaschen herum, stapelten sich schmutzige Teller und Besteck.
    An der linken Wand war ein Durchgang zu einem Zimmer, einer Art Wohn-Schlaf-Raum mit einem großen alten Bauernschrank, zwei abgeschabten Ohrensesseln, einem niedrigen Tisch und einem breiten Matratzenlager auf dem Fußboden. An der Wand über diesem Bett hing ein bunter Kelimteppich. Auch hier standen überall schmutzige Gläser und überquellende Aschenbecher. Die Luft – eine Mischung aus kaltem Rauch und abgestandenem Alkohol – war zum Schneiden dick.
    Der Tote lag auf der Matratze. Er trug eine schwarze Lederhose und einen grauen Wollpullover, dessen Ärmel hochgeschoben waren. In der Vene der linken Armbeuge steckte eine Spritze. Der Mann hatte den Kopf zur Seite gedreht, die Augen geschlossen. Er hatte einen vollkommen entspannten Gesichtsausdruck, beinahe als schlafe er. Sein schwarzes Haar war über der Stirn dünn, hinten hatte er es mit einem roten Gummiband zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er trug handgenähte, indianische Mokassins aus weichem Leder.
    Toppe drehte sich langsam zu Schultz um, der im Durchgang stehen geblieben war. «Wer ist der Mann?», fragte er.
    «Jochen Reuter, geboren 17. 7. 1950, Musiker.»
    «Wer hat ihn gefunden?»
    «Seine Freundin. Die ist drüben auf der Toilette, ziemlich geschockt. Soll ich sie holen?»
    «Nein, lassen Sie nur, ich sehe selbst nach.»
    Die Toilette war auf der anderen Seite des Flurs. Eine schmale, ehemals weiße Holztür, die irgendwer schlampig mit lila Lack überpinselt hatte.
    «Wie heißt die Frau?», flüsterte Toppe.
    «Susanne Schmitz», gab Schultz ebenso leise zurück.
    «Frau Schmitz?» Toppe klopfte an die Tür, aber nichts rührte sich.
    «Frau Schmitz?» Vorsichtig drückte er die Klinke herunter.
    Die Tür war nicht verschlossen.
    Die Frau lehnte an der Wand zwischen Klo und Waschbecken, gleich unter dem Werbeplakat einer irischen Bierfirma mit dem Slogan ‹Guinness is good for you›.
    Sie war

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