Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
starkes Gift eingeflößt. Aber er hat nur sehr wenig davon zu sich genommen und sollte sich erholen, nachdem er das Gegenmittel bekommen hat.«
Der König entspannte sich noch mehr und sah sich nach einem Stuhl um. Da es keinen gab, setzte er sich auf den Rand der Pritsche, stützte seinen Ellbogen auf ein Knie und die Stirn in seine Hand.
»Euer Majestät?«, fragte die Frau mit dem Medizinbeutel.
Jusson blickte auf. »Oh. Die königliche Leibärztin.« Er winkte sie heran. »Wir gehen davon aus, Botschafter Laurel, dass Ihr nichts dagegen habt, wenn sie Lord Esclaur untersucht.«
Laurel erkannte eine Forderung, ganz gleich, wie höflich sie verpackt war, trat zur Seite und gewährte der Frau Zugang zu Lord Esclaur. Auf ihre Frage zeigte der Faena ihr die Blätter und die Pulver, aus denen er das Gegenmittel zubereitet hatte, und während sie recht kompetent Esclaur drückte, abklopfte und abhorchte, unterhielten sich die beiden über verschiedene Kräuter und Tinkturen und verglichen ihre jeweiligen Heilmethoden. Ihre Plauderei wurde nur von Lord Esclaur unterbrochen, der sich schwach beschwerte und darum bat, dass die Ärztin endlich aufhörte, ihn zu malträtieren. Kurz danach gab sie sich zufrieden, verbeugte sich vor der Katze und trat vor den König, damit er sie ansehen konnte, ohne seinen Kopf zu wenden. »Ich stimme mit Botschafter Laurel überein, Euer Majestät. Nach einer Weile sollte Mylord sich erholen. Da sein Puls jedoch noch ein wenig schwach ist, schlage ich vor, ihn heute Abend nicht zu bewegen.« Der Adlige schnarchte leise. »Und da er ganz natürlich schläft, werde ich ihn auch nicht zu Ader lassen.«
Ich stand hinter der Ärztin, sodass König Jusson meine entsetzte Miene sehen konnte. Er lächelte schwach. »Danke. Wir vertrauen Eurem Urteil.«
Die Leibärztin verbeugte sich erneut, zufrieden, und Laurel bot ihr an, sie zur Offiziersmesse zu führen, wo, wie er sagte, die Ehrenwerte Heilerin eine ordentliche Tasse Tee bekommen würde.
Der König wartete, bis Laurels brummender Bass und die hohe Stimme der Ärztin im Treppenhaus verklangen, bevor er den Hauptmann seiner Wache ansah. »Schließt die Tür, Thadro«, befahl er.
Nachdem der Lordkommandeur zwei Gardisten des Königs angewiesen hatte, vor der Tür Wache zu beziehen, schloss er sie und ging zum König zurück. Jusson setzte sich auf die Pritsche, genauso lässig, als befände er sich in seinem eigenen Gemach. »Jetzt, Cousin«, sagte er und nagelte mich mit einem Blick am Boden fest, »erzähl Uns alles.«
Erneut schilderte ich den Abend. Ich fing damit an, wie Lord Esclaur mich in der Botschaft abgeholt hatte, und ging dann die Ereignisse im Hause der Flavan durch. Und wieder wurde es sehr leise, als ich erzählte, wie mein Schwert zerbrach. Lordkommandeur Thadro ging zu meinem Umhang, auf dem die Stücke neben den Keulen und Masken lagen, und nahm ein Bruchstück hoch.
» Lord Gherat hat dich in den Hof geschickt?«, erkundigte sich König Jusson.
»Er hat vorgeschlagen, dass wir an die frische Luft gehen sollten, Sire«, sagte ich, während Thadro ein Stück der Klinge in zwei Teile brach. Das Knacken hallte durch den ganzen Raum.
»Verstehe.« Seine glitzernden Augen verrieten, warum er »Goldauge« genannt wurde. »Das muss zur Gänze aufgeklärt werden, Thadro, und der Schuldige muss bestraft werden. Ungeachtet seiner Person.«
Der Lordkommandeur ließ die beiden Bruchstücke auf den Umhang fallen und verneigte sich. »Jawohl, Majestät. Ich kümmere mich darum.«
Suiden war neben mich und Jeff getreten, und jetzt leistete uns auch noch Javes Gesellschaft. Der König richtete seinen Blick wieder auf mich. »Bitte, fahr fort, Cousin.«
Hatte schon tiefes Schweigen geherrscht, als ich Laurel und den Hauptleuten den Rest erzählt hatte, so war es jetzt absolut still, als ich dem König und seinem Hof die folgenden Ereignisse schilderte. Als ich fertig war, streckte Jusson die Hand aus. »Zeig es uns, Hase.«
Ich ging auf den König zu, doch im selben Moment traten zwei Gardisten vor ihn, die Hände auf ihren Schwertgriffen. Der König seufzte. »Wir haben jemandem einen Befehl gegeben, aber ihr hindert ihn daran, ihm zu gehorchen. Sagt Uns, wie nennt man das?«
Die Leibgarde des Königs wurde aufgrund ihrer Familienstammbäume ausgewählt, nicht wegen ihrer geistigen Fähigkeiten, aber diese beiden begriffen schnell und traten zur Seite. Ich ging noch einen Schritt näher und streckte meine Hand aus. Der König
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