Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
Suiden vorbei, der wieder seine Brokatrobe trug. Jeff hockte auf dem Boden, in seiner Unterhose. Ich blickte auf die Hände in meinem Schoß, die immer noch zitterten. Vergiss das Atmen nicht, sagte ich mir.
»Was ist passiert?«, erkundigte sich Laurel, während Jeff aufstand und beiläufig zu seiner Pritsche ging, sich die Decke schnappte und sie um seinen Körper wickelte. Javes besaß genug Geistesgegenwart, sich ebenfalls zu erheben, und stand jetzt in seinem prachtvollen, leuchtenden Seidenmorgenmantel vor uns, das Lorgnon am Band um seinen Hals. Im Flur tauchten andere Gesichter mit weit aufgerissenen Augen hinter Suiden in der Tür auf. Die meisten grinsten, aber nicht alle.
»Genau der richtige Moment, Sro Laurel«, meinte Suiden und deutete dann auf einen stämmigen Soldaten. »Sie begleiten Leutnant Slevoic in sein Quartier«. Slevoic richtete sich auf und starrte den Hauptmann an. Er atmete immer noch hastig vor Angst. »Dort bleibt er unter Bewachung, bis er wegen Befehlsverweigerung vor Gericht gestellt wird. Für den Anfang.«
Slevoic wollte etwas erwidern, aber als Suiden ein dunkles, drohendes Grollen ausstieß, klappte der Leutnant seinen Mund wieder zu. Der Soldat verschwand in seinem Zimmer und kam wenige Augenblicke später mit einem Schwert und einem Messer wieder heraus. Als er Slevoic zur Treppe führte, folgten den beiden die bestürzten Blicke der Männer. Einer jedoch runzelte finster die Stirn.
»Also.« Laurel sah mich an. »Was ist passiert?«
»Wir wurden von Spinnen angegriffen.« Ich deutete auf die platten Reste der Insekten.
»Wir wurden verhext!« Ryson schrie so laut, dass alle zusammenzuckten. Offenbar hatte es ihm überhaupt nicht gefallen, als echtes schaffickendes Wiesel im Flur herumgewuselt zu sein. Die Soldaten schüttelten den Schock ab, dass Slevoic in Gewahrsam genommen worden war, und zustimmendes Murmeln brandete durch den Flur.
»Niemand wurde ›verhext‹«, erwiderte Laurel sanft, während er mich stirnrunzelnd ansah. Dann blickte er auf den Boden. »Das sind also ›Fahle Tode‹?« Er knallte das Ende seines Stabs auf den Boden. »Wie viele?«
»Zehn, Sir«, antwortete Jeff.
»Die Pocken sollen die Spinnen holen …«, meinte Ryson, und das Murmeln verstärkte sich.
»Welche Spinnen?«, wollte die königliche Leibärztin wissen. Sie erhob sich von Lord Esclaurs Pritsche und trat zu der Stelle, wo die Spinnenkadaver auf dem Boden lagen. Im selben Moment zuckte sie zurück. »Alle raus hier, sofort!« Sie sprang zu Esclaur und zerrte ihn vom Bett. »Lassen Sie die Decke liegen, Mylord.«
»Ich bin vollkommen nackt …«
»Wollen Sie lieber vollkommen tot sein?« Die Leibärztin schob ihn zur Tür und versuchte dabei, ihm die Decke herunterzuziehen. »Sie müssten es besser wissen, Mylord. Warum um alles in der Welt sind Sie hiergeblieben?«
»Aber wir haben sie doch alle erwischt …«, begann Esclaur und sah sie an.
Die Ärztin riss ihn zur Seite. »Sie sind barfuß! Passen Sie auf, wohin Sie treten!«
Suiden betrat den Raum und hockte sich neben einen Spinnenkadaver. Er stand sofort wieder auf. »Zehn Fahle Tode?« Er marschierte hastig wieder in den Flur, gefolgt von den königlichen Gardisten. »Schafft eure Hintern aus dem Zimmer! Sofort!« Er sah Laurel Faena an. »Ihr auch, Botschafter. An ihrem Biss zu sterben ist sehr … unerfreulich!«
Ich schlug meine Decke zurück und hastete zur Tür, Jeff und Laurel auf den Fersen, wobei ich sorgfältig einen Bogen um die toten Spinnen machte. »Eine ist über Jeffs Hand gekrabbelt«, erklärte ich.
»Wenn Sie bis jetzt nicht unter Krämpfen leiden, dann sind Sie nicht gebissen worden«, erwiderte die Ärztin, während sie Jeffs Hand untersuchte. Dann sah sie mich scharf an. »Sie sind nicht auf eine getreten, Mylord?« Ihr Blick zuckte zu Botschafter Laurel. »Botschafter? Ihr Gift durchdringt unmittelbar die Haut.«
Laurel und ich untersuchten die Sohlen unserer Tatzen respektive Füße und seufzten erleichtert, als wir feststellten, dass sie sauber waren. Javes sah sich selbstgefällig um, da er Pantoffeln trug, die zu seinem Morgenmantel passten.
»Hase hat sie vermutlich gerufen …«, versuchte Ryson es erneut.
»Seht.« Javes streckte die Hand aus.
Ich folgte seinem Arm. In der zunehmenden Helligkeit konnte ich drei weitere Spinnen in einer Ecke unter der Decke erkennen.
»Elf, zwölf, dreizehn«, zählte Jeff.
»Vierzehn und fünfzehn«, brummte Laurel, der auf eine Stelle über den
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