Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Dann trat er in den Raum und griff nach seinem Schwert, ohne den Blick von Laurel zu nehmen. Im selben Moment trat Thadro vor mich, und Jeff stellte sich neben den Lordkommandeur.
»Immer mit der Ruhe, Ranulf«, sagte Thadro und ging einen Schritt zur Seite, sodass auch er zwischen Laurel und dem Lord der Gemarkung stand. Laurel ließ sich derweil nicht in seiner Untersuchung der sterblichen Überreste des Schließers stören.
»Seine Majestät hat ihn geschickt, Mylord«, erklärte Chadde und flankierte Thadro auf der anderen Seite.
Ich fühlte mich zwischen ihnen und dem Seziertisch gefangen und versuchte, hinter all den Rücken hervorzutreten. Aber ein schlammpfütziger Blick von Thadro ließ mich innehalten. Laurel sah hoch. Sein Blick glitt kurz von dem Lordkommandeur zu mir, bevor er seine Untersuchung fortsetzte. Er grollte leise und runzelte die Stirn, als er Mencks Arm anhob. Ich bemerkte, dass er sich leicht bewegen ließ, ohne Anzeichen von Totenstarre. Also musste der Mord gerade erst passiert sein. Ich sah auf die gefrorenen Wunden. Vielleicht.
»Hat er? Wie interessant.« Lord Beollan betrat hinter Ranulf die Leichenhalle. Der Lord von Fellmark trug seinen gefiederten Hut und ebenfalls einen Umhang, aber der war aus weicher, mit Pelz verbrämter Wolle und wurde am Hals von einer silbernen Nadel in Form eines Drachen zusammengehalten. Sie war mit winzigen Juwelen besetzt und blinkte im Licht der Fackeln. Es sah aus, als würde der Drache leben. »Gibt es einen besonderen Grund, weswegen Seine Majestät ihren Lordkommandeur, ihren Cousin und …« Beol lans Blick glitt über Jeffs Gardeuniform und richtete sich dann auf Laurel, »eine sehr große Katze geschickt hat?«
»Die Lords Beollan und Ranulf haben Mencks Leiche gefunden«, informierte Chadde Thadro, bevor sie sich umdrehte, um Beollan zu antworten. »Meister Laurel ist ein berühmter Verbrecherjäger in seinem Land, Mylord.« Sie warf einen Blick über die Schulter auf Laurel und wirkte zum ersten Mal ein bisschen verunsichert. »Seine Majestät hatte das Gefühl, dass er behilflich sein könnte.«
Das stimmte. Andererseits warf der König häufig alle möglichen Absonderlichkeiten in einen Kochtopf, nur um zu sehen, was anschließend an die Oberfläche blubberte.
»Der Oberschließer wurde also ermordet«, hatte Jusson gesagt, nachdem Chadde ihre Geschichte beendet hatte. »Nachdem er Unseren Cousin und seine Gefährten verprügelt, ausgeraubt und misshandelt hat. Und jetzt sind Sie gekommen, um sich davon zu überzeugen, dass Hase nicht Vergeltung geübt hat?« Er wartete nicht auf Chaddes Antwort. »Thadro, begleiten Sie mit Gardist Jeffen und der Friedenshüterin Unseren Cousin dorthin, während Wir auf Unseren anderen Gast warten. Finden Sie so viel über diesen Mord heraus, wie Sie können, und berichten Sie Uns umgehend.« Obwohl er lächelte, merkte man dem König seinen Ärger an, als er Laurel ansah. »Vielleicht möchtet Ihr sie begleiten, Meister Faena. Das bietet Euch die Möglichkeit, Eure Kunst anzuwenden. Zumindest eine davon.«
Laurel hatte nicht widersprochen, und als wir in der Leichenhalle ankamen, reichte er mir Umhang und Stab und begann sofort mit der Untersuchung. Jetzt war er mit Mencks Händen fertig und trat an das andere Ende des Seziertisches. »Ich war kein Verbrecherjäger, ehrenwerte Chadde«, sagte er, während er behutsam Mencks Bein anhob und den Knöchel untersuchte. »Verbrecherjäger jagen die Schuldigen für Geld. Wir sind mehr eine Kreuzung zwischen Eurem Amt und dem eines Friedensrichters, unterstützt durch die Macht des Hohen Rates.«
»Tatsächlich?«, warf Beollan ein. »Und wer ist ›wir‹?«
Laurel richtete den Blick seiner glühenden, bernsteinfarbenen Augen auf den Lord der Gemarkungen. »Die Faena.«
Faena stammten von allen Grenzlandrassen ab. Es waren Richter, Priester und Fürsprecher; als Puffer im Gewebe der Grenzlande verbanden sie die Stadtstaaten und vereinten sie zu einem Ganzen. Da jedoch eben diese Faena im letzten Krieg mit solch verheerender Wirkung die Wahrheitsrune gegen die Armee Iversterres erhoben hatten, wartete ich auf einen Wutausbruch der beiden Lords.
Beollan zuckte aber nur mit den Schultern. »Ah. Diese Katze seid Ihr.« Er betrachtete Laurels geschmückten Stab. »Ihr seid der Anführer der Faena, stimmt das?«
Laurel hatte sich wieder auf seine Untersuchung konzentriert und antwortete mit einem zerstreuten Grollen. »Ja.«
»Seid Ihr nicht ein wenig weit
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