Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
sein Gesicht. »Die Taverne hatte einiges zu bieten, aber es war ein recht rauer Ort. Vermutlich wurde er wegen seiner Geldbörse getötet. Wie es nun einmal so zugeht.«
Zugegeben, der Ruf des Kupferschweins war anrüchig, aber eher wegen der Glücksspiele, der Prostituierten und des schlechten Biers als wegen irgendwelcher Gewalttätigkeiten. Das wollte ich gerade entgegnen, als ich Thadros eisigen Blick auffing.
»Im Kupferschwein wird nur selten Blut vergossen«, sprang Chadde ein. »Hurerei, Taschendiebstähle und Falschspiel, das ja, aber kein Mord. So etwas kommt im ganzen Tal nur sehr selten vor. Der letzte Mord hat sich vor fünfzehn Jahren ereignet, und dabei spielten eine eifersüchtige Ehefrau, eine hübsche Kellnerin und ein untreuer Ehemann die Hauptrollen. Einen Raub gab es da nicht.« Die Friedenshüterin zog die Brauen zusammen. »Trotzdem ist Mencks Geldbörse verschwunden, und da ich von seinen verschiedenen Geschäften weiß, vermute ich, dass sie voller gewesen ist, als sie hätte sein sollen. Wie auch die Zahl seiner Feinde, die ihm den Tod wünschten, recht zahlreich war.« Sie beobachtete Laurel, der die Weste hinlegte und die Lederhose untersuchte. »Aber wenn Raub das Motiv war, wie erklären sich dann diese vielen Stichwunden?« Sie sah auf den Leichnam. »Und dann auch noch diese Art von Wunden?«
»Rache vielleicht?«, schlug Ranulf vor. »Jemand, dem die Behandlung nicht gefallen hat, die ihm im Gefängnis widerfuhr?«
»Als Hase entlassen wurde, war der Oberschließer noch sehr lebendig«, warf Thadro gelassen ein. »Und seitdem kann jeder Schritt des Leutnants belegt werden.«
»Der Schließer könnte aus der Ferne ermordet worden sein«, meinte Ranulf hartnäckig. »Durch Magie.«
»Nein«, widersprach Laurel. »Der Mord wurde aus nächster Nähe begangen, mit einem Messer.« Er legte die Hose zurück und sah sich um. »Hatte er keinen Umhang oder Mantel, ehrenwerte Friedenshüterin? Oder Schuhe?«
Chadde schüttelte den Kopf. »Er hatte nur das bei sich, was Ihr seht, Meister Laurel. Vielleicht hat die Person, die Mencks Börse genommen hat, auch Mantel und Schuhe mitgehen lassen.«
Laurel befingerte eine graue, schmierig aussehende Unterhose, widmete sich dann jedoch wieder der Weste. »Seine Börse ist ebenfalls verschwunden, aber es befand sich vermutlich nichts von Bedeutung darin.« Mit einer Kralle riss er den Saum am unteren Rand der Weste auf und zupfte die wollene Wattierung heraus. Als er die Jacke hochhob, quoll ein Strom von Goldmünzen hervor.
Es herrschte Schweigen, während die Münzen auf den Stein klimperten. »Wer hätte gedacht, dass Brutalität so einträglich ist?«, murmelte Beollan.
Lord Ranulf lachte barsch. »Ich wünschte, meine Schatztruhe wäre so voll.«
»Das ist der Sold von mindestens zwanzig Jahren.« Staunend starrte ich auf die Münzen.
»Mehr«, flüsterte Jeff ehrfürchtig. »Sogar wenn man in Offizierssold rechnet.«
»Kein Offizier in der Armee Seiner Majestät verdient so viel Gold«, erklärte Thadro. »Nicht einmal ich.«
Ich wusste zwar nicht, wie viel Sold Lordkommandeure bekamen, aber ich wusste, dass mein Sold mit meiner Ernennung zum Leutnant auf eine halbe Goldmünze jährlich angehoben worden war. Und als ich jetzt das Gold auf dem Seziertisch musterte, sah ich einen riesigen Haufen davon.
Laurel schüttelte die letzten Goldmünzen heraus, legte die Jacke weg und nahm dann die Hose hoch. Wir verfolgten stumm, wie er auch hier einen Saum öffnete und eine Geheimtasche entdeckte. In der befanden sich jedoch keine Münzen, sondern ein lederner Beutel. Laurel öffnete die Schnur, drehte den Beutel um, und erneut ergoss sich ein Strom auf den Seziertisch … ein Strom aus Edelsteinen, deren Facetten mit den Goldmünzen um die Wette funkelten.
»Hase«, sagte Laurel.
Ich riss meinen Blick von dem blendenden Glanz los.
»Euren Dolch, bitte.« Laurel legte den leeren Beutel zur Seite.
Ich griff unter meinen Umhang, zog meinen Dolch aus der Scheide und reichte ihn dem Faena, der damit die Edelsteine durchwühlte. Als er das tat, richteten sich meine Nackenhaare auf.
»Was ist?« Ranulf hatte Laurel scharf beobachtet, wie wir alle. Alle bis auf Beollan, der starr auf das Gold und die Juwelen blickte. Die winzigen Edelsteine auf seiner Drachennadel schienen zu glühen.
»Der Oberschließer wurde ermordet«, erklärte Laurel. »Und es wurde dabei auch ein Messer benutzt. Aber Raub war nicht das Motiv. Ebenso wenig wie Rache
Weitere Kostenlose Bücher