Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
verbrennen.«
Wyln blinzelte zweimal, bevor er den Kopf zu dem Faena umdrehte. Aber bevor er etwas sagen konnte, stürmten Leute auf uns zu, die sich vor der Tür der Leichenhalle gedrängt hatten. Bürgermeister Gawell, Meister Ednoth, einige Diener und zwei Wachen, die ich von meinem Aufenthalt im Gefängnis her kannte. Meine Hand zuckte zum Schwertgriff, während Jeff hinter mir knurrte, und Arlis, der sich in Thadros Nähe hielt, sich versteifte.
»Das ist ungeheuerlich, Euer Majestät«, erklärte Gawell, als er den König erreichte. Er verbeugte sich kurz und knapp, behindert von seinem mächtigen Bauch. »Ich bin hier, um mich um meinen Verwandten zu kümmern, und wurde nicht hineingelassen!«
Der Diener hinter dem Bürgermeister trug ein großes Waschbecken mit einem Schwamm und einem Stück Seife, ein Flakon mit parfümiertem Öl und ein Gefäß mit Salbe. Menck würde tot besser duften, als er es zu Lebzeiten jemals getan hatte. Aber obwohl Gawell unauffälliger gekleidet war als am Abend zuvor – er trug ein einfaches Hemd, eine Hose und einen Mantel -, konnte ich ihn mir nicht vorstellen, wie er Mencks Leichnam wusch und salbte, da er seine Amtskette trug, deren Stern in der Sonne glitzerte. Es sei denn natürlich, er wollte den Leichnam daran erinnern, wer hier der Bürgermeister war.
»Sie kümmern sich um Menck?«, erkundigte sich Chadde. »Wo ist seine Frau?«
»Zu Hause, überwältigt von Trauer und Schmerz«, erwiderte Gawell und warf der Friedenshüterin einen bösen Blick zu.
»Seltsam«, meinte Chadde. »Als ich sie heute Morgen besucht habe, war sie überhaupt nicht überwältigt, jedenfalls nicht von Trauer. Sie sagte etwas davon, dass Mencks Tod sie arm und mit einem Haufen Kinder zurückließe.«
Gawell schien anzuschwellen, und sein Bauch hob sich zusammen mit seiner Amtskette. »Sie vergessen sich, Friedenshüterin …«
Meister Ednoth berührte Gawells Arm, und der Bürgermeister hörte auf, sich aufzuplustern. Ednoth lächelte den König an. »Verzeiht, Euer Majestät, dass wir unsere Unstimmigkeiten vor Euch austragen. Es ist nur ein wenig verstörend für seine Gnaden, dass ihm der Zutritt verwehrt wurde.«
»Keine Sorge, Meister Ednoth«, erwiderte Jusson. »Bis jetzt habe ich während meines Aufenthaltes hier eine Offenbarung nach der anderen erlebt.«
»Eine Offenbarung? So nennt Ihr das?«, fragte Doyen Dyfrig. Er war vor die Tür getreten und deutete mit der Hand darauf. »Ich nenne es widerwärtig. Ich kann es bis hier draußen fühlen. Es strahlt eine ungeheure Widerwärtigkeit aus.«
Dyfrig hatte recht. Etwas kam aus dem Totenhaus, durchdrang sogar die Schutzzauber. Es war dem sehr ähnlich, was die Münzen und Juwelen infiziert hatte, die in Mencks Kleidung eingenäht gewesen waren, nur dunkler und böser. Ich wollte mich zu dem Doyen gesellen, blieb jedoch stehen, als mich das gleiche Zögern überkam wie in dem Lagerhaus.
»So war es gestern nicht.« Laurels Miene wurde finster. »Es hat sich etwas verändert.«
»Etwas hat sich allerdings verändert«, meinte Dyfrig. »Ihr seid angekommen. Was habt Ihr gemacht, Faena?«
»Nichts, Ältester Dyfrig«, antwortete Laurel, hob den Kopf und witterte.
»Was sich auch immer dort befindet, hat nichts mit der Faena-Katze zu tun; ihr Aufenthalt ist seit der Zeit des Mordes und auch davor lückenlos belegt«, sagte Jusson und vergaß dabei passenderweise, Wylns Verschwinden zu erwähnen. »Aber hier draußen zu diskutieren wird uns nicht enthüllen, was sich darin befindet. Öffnen Sie die Tür, Friedenshüterin. Sehen wir nach, was mit der Leiche des Schließers passiert ist.«
Bei Jussons Befehl erschien eine schmale Falte zwischen Thadros Brauen, aber Chadde trat sofort zum Totenhaus. Als sie den Schlüssel von ihrem Gürtel nahm, sah Wyln an mir vorbei zu Laurel. »Glaubt Ihr, die Schutzzauber genügen?«
»Feuer und Erde gegen Wasser, sowohl in dem Totenhaus als auch davor«, sagte Laurel. »Hoffen wir es.«
Dann wandte er sich an Thadro, und die Miene des Lordkommandeurs verfinsterte sich, als er den Königstreuen befahl, von der Tür wegzutreten. Plötzlich stand Chadde mutterseelenallein dort. Die Friedenshüterin drehte den Schlüssel, und das laute Klicken hallte von den Mauern wider. Wir hielten die Luft an, als sie die Tür aufstieß, und atmeten vernehmlich aus, als nichts passierte. Doch dann schien die Tür festzuklemmen.
»Was ist los?«, fragte Jusson.
»Etwas ist im Weg, Euer Majestät«, sagte
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