Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Chadde. Sie schob mit beiden Händen, aber die Tür ging nicht weiter auf.
»Thadro.« Auf Jussons Weisung hin befahl der Lordkommandeur, der nun aus seiner Sorge keinen Hehl mehr machte, Arlis, der Friedenshüterin zu helfen. Ich bemerkte, dass Jeff hastig ein Grinsen unterdrückte.
Arlis und Chadde gelang es gemeinsam, die Tür weit genug zu öffnen, damit jemand hindurchschlüpfen konnte, wenn auch nur mit Mühe. Sie traten zurück, und Bürgermeister Gawell versuchte, sich an ihnen vorbeizudrängen.
»Nein, Gawell«, sagte Jusson, als die Leibgardisten den Bürgermeister zurückhielten. »Ich gehe zuerst.« Er sah Dyfrig an. »Euer Eminenz, möchten Sie mich begleiten?«
Einen Moment glaubte ich, man würde mir erlauben, auf dem Hof zu bleiben, weit weg von rituell abgeschlachteten Leichen und verfluchten Juwelen, aber Wyln und Laurel beeilten sich, Jusson und Dyfrig zu begleiten, und nahmen mich mit. Wir drängten uns hinter dem König und dem Doyen durch die Tür, was uns einen skeptischen Blick von Thadro und einen beleidigten von Gawell einbrachte. Gawell schrie kurz auf, als Jeff ihn unsanft zur Seite schob, um hinter mir zu bleiben. Aber Jusson blieb an den Linien der Schutzzauber vor der Tür stehen, und wir drängten uns hinter ihm.
»Einen Moment, ehrenwerter König«, sagte Laurel, griff an Jusson vorbei und berührte eine schimmernde Erdlinie. Sie wurde heller, bevor sie sich zu einer braungrünen Kugel zusammenballte, die sich langsam drehte. Der Duft von Gras und Früchten erfüllte die Luft. Ich sah kurz zu der Erdkugel auf meiner Schulter, und mir fiel ein, dass sie ebenfalls Laurel gehörte. Und mir fiel auch ein, wie schnell der Faena uns in dem verlassenen Lagerhaus gefunden hatte.
»Hase«, unterbrach Laurels Stimme meine argwöhnischen Spekulationen.
Ich berührte eine Feuerlinie, die weiß aufglühte und dann hochzuckte und sich mit der Feuerkugel über meiner Schulter vereinigte. Die jedenfalls gehörte mir.
Als alle Hindernisse aus dem Weg geräumt waren, drängte sich Thadro vor Jusson und schaute in den Raum. Er bemerkte nichts Beunruhigendes und ging weiter, gefolgt von dem König. Beide mussten sich seitlich durch den Spalt zwängen. Als Jusson drinnen war, blickte er hinter die Tür. »Das erklärt, warum sie nicht aufging.« Dann ging er weiter, damit auch wir anderen eintreten konnten.
Die Leichenhalle war ein Ort der Verheerung. Das Leichentuch, das über Mencks Körper drapiert worden war, lag am Boden, ebenso die kotverschmierte Kleidung. Die Schüssel, in der Laurel sich nach der Untersuchung der Leiche gewaschen hatte, war an der Wand zerschmettert worden, und selbst die heruntergebrannten Fackelreste waren aus den Halterungen gerissen und zu Boden geschleudert worden. Inmitten des Chaos lagen die Münzen und Juwelen. Sie schienen vor Bösartigkeit zu pulsieren.
Nur eine Leiche gab es nicht, jedenfalls lag keine auf dem Seziertisch, wo wir sie zurückgelassen hatten. Ich sah zu Boden und bemerkte einen nackten Fuß, der hinter der Tür hervorlugte. Während ich hinsah, stieß jemand gegen die Tür und der Fuß bewegte sich. Ich wich zurück und konnte gerade noch vermeiden, auf eine der matt glänzenden Münzen zu treten.
Laurel und Wyln achteten ebenfalls auf ihre Schritte, als sie zu dem Steintisch gingen, wo Mencks Leichnam in der Nacht zuvor gelegen hatte. Die Schutzzauber aus Feuer und Erde, die Laurel und ich um den Stein gewirkt hatten, waren verschwunden. Aber am Rand des Steins gab es Brandspuren, und die Platte glitzerte in dem schwachen Licht, das durch die vergitterten Fenster fiel, als wäre sie nass. Ich sah genauer hin. Es war kein Wasser. Sondern Eis.
»Die Zauber haben versagt«, murmelte Wyln und starrte die Brandspuren an. »Starke Zauber aus Feuer und Erde haben versagt. Es war gut, dass Ihr das Äußere ebenfalls geschützt habt.«
Laurel grollte zustimmend und hob den Kopf, um zu wittern. Ich nahm die stechenden Gerüche wahr, die ich schon gestern gerochen hatte, aber darüber lag ein neuer Duft. Ich runzelte die Stirn und versuchte ihn zu identifizieren. Dann wurde meine Stirn glatt, als meine Brauen hochschossen, und meine Nackenhaare richteten sich auf. Es war der Gestank nach verbranntem Fleisch.
»Laurel hatte recht«, flüsterte Jeff, der sich mit großen Augen umsah. »So sah das hier gestern Nacht nicht aus.« Er wollte zur Seite treten, blickte hinab und sah einen funkelnden Diamanten neben seinem Fuß. Hastig ging er einen Schritt
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