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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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vereisen.
    Nach außen hin wahrte ich die Fassung, während ich innerlich zitternd den Raum durchschritt. Das unheilvolle Gefühl des drohenden Untergangs ergriff mich. Jeder der Gäste war von einer Aura dunkel leuchtender Schwaden umgeben, während Schatten überall durch den Raum zogen. Es war ungeheuer anstrengend, mich gegen die Wand aus Grau, die über mir zusammenzuschlagen drohte, zu wehren und sie vor mir herzuschieben. Ich erkannte einige Gesichter in der Menge, die von ihren dunklen Auren erleuchtet wurden. Wygan schien nicht unter ihnen zu sein, aber ich war vollkommen überrascht, als ich die ganz in Grün gekleidete Gwen an einem der kleinen Tische entdeckte. Sie sah noch schlimmer aus als ich mich fühlte. Ich fing mich wieder und ging weiter, bis ich Carlos erreichte.
    Ich nahm an seinem Tisch Platz. Von dort aus hatte ich eine gute Sicht auf die Tür. Ich atmete erleichtert auf. Carlos saß direkt neben mir, und ich konnte das volle Gewicht seiner Dunkelheit spüren.
    »Ist er schon da?«, fragte ich.
    »Noch nicht.«
    »Zeigen Sie ihn mir, wenn er seinen großen Auftritt hat.«
    »Das werden Sie bestimmt selbst merken.«
    Ich versuchte mich zu sammeln, aber meine Gedanken flatterten wie aufgeregte Falter, die eine Lampe umschwirren. »Wie schätzen Sie unsere Chancen ein?«, fragte ich.
    »Edward ist kein Narr, wenn es darum geht, seine Macht zu wahren.«
    Ich wollte gerade antworten, als Carlos warnend mit dem Finger schnipste.
    »Da ist er.«
    Aus dem Augenwinkel beobachtete ich die Tür.
    Er war nicht so groß wie Carlos, sondern wirkte eher schmächtig. Aber seine Schlankheit verlieh ihm einen Anschein von Größe. Die feurigen Linien um ihn herum nahmen jede nur erdenkliche Farbe an, bevor sie sich wie sinnliche Schlangen umeinander wanden. Sarahs Beschreibung von Edward als James Bond war ziemlich treffend gewesen, wie ich nun selbst feststellen konnte. Er hatte dichtes, dunkles Haar, eine blasse Haut und wache Augen; zudem lag ein grausamer Zug um seinen Mund. Beinahe jeder im Club drehte sich zu ihm um, wenn auch nur einen Moment. Man wollte dem Herrn und Lenker der Stadt gebührende Anerkennung zollen. Ich hielt mich bewusst davon ab, mich ihm ebenfalls zuzuwenden, und auch Carlos zeigte nicht, dass er ihn bemerkt hatte.
    Edward traf über die Schwelle und ging dann gemächlich im Uhrzeigersinn durch den Raum. Carlos schnaubte verächtlich, während er ihn heimlich beobachtete.
    »Er mag das nicht besonders, oder?«, stellte ich fest.
    »Bei Edward kann man nie wissen, was er denkt, bis er einem das Messer in den Rücken rammt«, warnte er mich leise und stand auf.
    Edward kam nun auf uns zu. Er hielt inne, und um ihn herum breitete sich Kälte aus. Carlos starrte ihn finster an. Edward belohnte ihn mit einem Blick, den er wohl auch unbedeutenden Fliegen schenkte.
    Carlos trat beiseite. »Edward.«
    Dieser erwiderte den Gruß in Form eines kaum wahrnehmbaren Nickens. »Carlos. Noch immer unter uns?«
    »Auf ewig.«
    Edward lachte amüsiert und leicht abfällig. »Immer wütend. Wie kann man nur ständig in der Vergangenheit leben?«
    »Vergangenheit und Zukunft sind für mich wie die Gegenwart.«
    »Wie immer.«
    Wellen der Wut strömten von Carlos aus. Er schürzte die Lippen und entblößte seine scharfen Reißzähne.
    Edward erwiderte seinen hasserfüllten Blick. Eine eisige Elektrizität ließ mir die Härchen auf den Armen zu Berge stehen. »Es wird eine andere Gelegenheit geben.«
    Carlos trat einen Schritt zurück, drehte sich dann auf dem Absatz um und ging davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Ich hoffte nur, dass er sich nicht allzu weit von uns entfernte.
    Edward setzte sich auf den frei gewordenen Platz neben mir. Er musterte mich mit einem wesentlich wärmeren Blick als Carlos. Fast kam es mir so vor, als ob er auf Knopfdruck seine Mimik und Gestik verändern konnte. Die Erotik, die er nun ausstrahlte, kombiniert mit meinem Widerwillen gegen ihn, war sehr, sehr beunruhigend.
    »Aha, die Detektivin. Eine Freundin meines Missgriffs.«
    »Eine Mitarbeiterin Camerons«, verbesserte ich ihn. »Ich bin gekommen, um zu erfahren, ob ich Ihnen eventuell bei einem Problem behilflich sein und gleichzeitig Camerons Situation verbessern kann.«
    Ein Kellner brachte uns etwas zu trinken. Ich hatte keine Ahnung, was die ölige Flüssigkeit in den kleinen Gläsern war. Ich hatte allerdings auch nicht vor, es herauszufinden und ließ das Glas auf dem Tisch vor mir stehen, während Edward

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