Greywalker
nehme, sodass auch wir miteinander quitt sind, nehme ich an.«
»Eine solche Geste würde Ihre Position fast unangreifbar machen.«
Er seufzte, lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. Dann legte er seine Hände gefaltet in den Schoß. Auf einmal fing er leise an zu lachen. »Ich weiß zwar nicht, wie viel Sie von diesem Plan selbst ausgeheckt haben und in welchem Grad der Zufall Ihnen in die Hand gespielt hat, aber ich verbeuge mich vor Ihrer Kunst. Sie sind ein besserer Lehrer als Machiavelli.«
Ich schwieg.
»Also gut.« Er wandte kurz den Kopf. Ich drehte mich um und bemerkte, wie Alice mir einen hasserfüllten Blick zuwarf. »Wenn ich das hier überlebe, werde ich für Cameron einen guten Mentor finden, der ihm all das beibringt, was er braucht, um auf sich selbst aufpassen zu können. Und jetzt sagen Sie mir, was Sie benötigen, um diesen Geist und seine Höllenmaschine zu vernichten.«
Ich spürte, wie Alices eisige Aura immer näher kam, während Edward meinen Ausführungen über das Harmonium lauschte. Plötzlich drehte er sich um und durchbohrte sie mit seinem Blick.
»Alice, hol mir Carlos.«
Kochend vor Wut stolzierte sie davon und kam nach einiger Zeit mit dem Nekromanten zurück. Edward beachtete sie kaum, sondern wandte sich sofort an Carlos. »Erzähl mir von diesem Artefakt.«
Carlos reagierte nicht auf Edwards Aufforderung, sondern blieb erst einmal regungslos stehen. Eine kalte Mauer schimmerte zwischen den beiden Kontrahenten.
Edward starrte ihn einen Moment lang an. Dann zuckte er mit den Schultern und seufzte. Die Wand barst. »Carlos, ich habe zugestimmt, bei dieser Sache mitzumachen. Deshalb bitte ich dich um deine Hilfe. Bitte sag mir, was du weißt.«
Carlos zeigte nun sein abstoßendes wildes Grinsen und erzählte. Seine Augen funkelten. Ich lehnte mich zurück und wartete, während sie Pläne schmiedeten und ihre widerstrebende Zusammenarbeit vorbereiteten. Schließlich stand ich auf. Alice hatte sich zwar einige Schritte zurückgezogen, lungerte aber noch immer in der Nähe herum.
Edward stand ebenfalls auf und meinte: »Ich stehe in Ihrer Schuld, da Sie mich rechtzeitig gewarnt haben. Und ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie mir meine Feinde ausgeliefert haben. Ich werde mein Wort halten, aber Sie sollten jetzt gehen.«
Ich fühlte mich matt und ausgelaugt. Die Gegenwart so vieler Vampire hatte alle meine Kräfte in Anspruch genommen. Ich wandte mich gerade zum Gehen, als er mich am Handgelenk packte. Erschrocken drehte ich mich um, denn seine Berührung löste wieder einmal wahre Albträume in mir aus.
»Sie könnten auch in Zukunft ein Gewinn für mich sein.« Sein Daumen strich über die empfindsame Unterseite meines Handgelenks. Ich wollte mich losreißen, traute mich aber nicht so recht.
Jedenfalls schaffte ich es, nicht die Nerven zu verlieren und meine schlotternden Knie zu ignorieren. »Vielen Dank«, murmelte ich, »aber ich brauche meine Freiheit. Ohne sie kann ich nicht arbeiten.« Ich löste sanft mein Handgelenk aus seinem Griff und ging zum Ausgang. Deutlich spürte ich die Blicke, Mutmaßungen, Neugier und Wut der Vampire in meinem Rücken, als ich den Club verließ. Ich hörte, wie Edward wieder nach Alice rief. Seine Stimme klang messerscharf, und ich lief die letzten Schritte, um so schnell wie möglich diesen Raum zu verlassen. Die anschwellende Aggressivität war überdeutlich zu spüren.
Draußen packte mich sofort ein Schatten und zerrte mich in die Dunkelheit. Nun gaben meine Knie tatsächlich nach. Eine Klauenhand wurde mir auf den Mund gepresst, sodass ich nicht schreien konnte, und ich würgte, als sich die düsteren, uralten Pfade des Grau erneut vor mir auftaten. Zuerst wusste ich nicht, wer das sein konnte, aber die mit Feuer umrandete Schlangengestalt und mein blanker Horror waren eindeutig.
Er ließ mich los und beugte sich drohend über mich. »Guter Auftritt, Grauwandlerin. Du machst dich.«
»Was wollen Sie, Wygan?« Ich konnte mich nur auf den Beinen halten, indem ich mich an einem Geländer festhielt.
»Ach, ich wollte nur der Vorstellung beiwohnen, das Fest des Hasses bewundern. Dein Auftritt war oskarverdächtig. Mein kleines Geschenk macht sich auch gut, wie ich sehe. Ich bin sehr zufrieden.«
»Zufrieden?«, ächzte ich. »Ich habe es bestimmt nicht für Sie getan!«
Er lachte und ich hatte wieder einmal das Gefühl, Granatsplitter ins Gesicht geschleudert zu bekommen. »Trotzdem.«
Ein Tosen ließ die Türen
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